Schreckgespenst #AfD vs. Bushidosierung

Das tagesaktuelle Programm des Deutschlandfunks enthält seit einigen Tagen nach meinem subjektiven Eindruck in hoher Frequenz – manchmal alle 15 oder weniger Minuten – den allgemeinen Hinweis auf ein Treffen Rechtsorientierter in einem Potsdamer Hotel, bei dem über “Remigration” diskutiert worden sein soll. Darauf folgten in den letzten Tagen größere Demontrationen gegen Rechtstendenzen, die sich auch in bald anstehenden Wahlen auswirken dürften.

Ich habe kein Interesse daran, mich für Positionen der dort Beteiligten in Haftung nehmen zu lassen. Es gibt im Spektrum rechts von der CDU alle möglichen Haltungen zum Thema Migration. In meinem persönlichen Erleben habe ich etwa im privaten Umfeld von Medienleuten und Akademikern sogar eher seltener deutlich erkennbare nicht-europäische Herkünfte anderer Anwesender angetroffen als in Umfeldern, die der Medien-Mainstream als “rechts” oder mindestens “rechtsoffen” einordnen würde. Ein Grundproblem der Wahrnehmung resultiert wohl aus solchen Umständen: Diejenigen, die in Redaktionen und aus Uni-Insituten heraus an linke Diskurse angeblicher “Faschismus-Theorien”, von “Diskriminierung” etc. anschließen, übersehen wohl in der Regel, dass ihre persönliche Erfahrung damit, wenn überhaupt, dann sehr selektiv und verzerrt sein dürfte. Was problematische Realitäten von  Migration sind, das erfahren in unserer Gesellschaft seit Jahrzehnten an erster Stelle etwa Hauptschüler und nicht die Absolventen von staatlichen Gymnasien oder gar Privatschulen. Dass es dort in der Erziehung oft in erster Linie darum geht, in persönlichen Auseinandersetzungen Messer-Gewalt zu vermeiden, habe ich etwa schon vor langen Jahren von Lehrern im persönlichen Gespräch gehört. In den akademischen Diskursen zum Multikulturalismus ist dies jedoch wohl eher selten oder gar nicht angekommen. Muss man das akzeptieren? Ich denke, nein. Was ist dies dann für ein Diskurs? Ich würde sagen: Es ist kein akademischer Diskurs, der differenziert und realitätsbezogen wäre. Er ist im Gegenteil vor diesem Hintergrund eher eine sprachliche Fantasiebildung mit fragwürdigen ideologischen Vorgaben, enthält narzisstische und wahnhafte Tendenzen.

Parallel zu den hoch ausgesteuerten Warnrufen gegenüber der AfD und ihrer Jugend-Organisation fällt mir dieser Tage erneut auf, wie der Mainstream mit einer Person wie Anis Mohamed Youssef Ferchichi, bekannt als sog. “Rapper” Bushido, umgeht. Seit Monaten sammle ich Screenshots davon, was vermutlich eine PR-Agentur im Auftrag spätestens alle paar Wochen in großen Zeitungen platziert. Über diese Monate hinweg waren es Fotos des nach Dubai ausgewanderten Ferchichi mit Frau und Kindern bzw. Baby bis zur Nachricht von einer Fehlgeburt. Am 20.01.2024 gelangte via dpa derselbe Artikel auf die Startseiten sowohl des linksliberalen Tagesspiegel wie auch des Springer-Boulevard-Blattes Berliner Zeitung – mit der identischen Überschrift: “Absolute Hinterwäldler-Mentalität – Bushido will keine AfD-Wähler in seinem Umfeld”.

Popkulturell ist Bushido keine Petitesse (Spotify zählt aktuell knapp 1,7 Mio. monatliche Zuhörer, also noch deutlich  mehr Abrufe einzelner Songs; auf YouTube werden knapp 3 Mio. Abonnenten angegeben, der bisher letzte Song vor 4 Monaten erreichte bisher auch für ihn hier bemerkenswerte 7,2 Mio. Abrufe) – und ich hatte deshalb wiederholt auf seine Inhalte und naheliegenden Wirkungen im Blog hingewiesen. Mittlerweile seit Jahrzehnten darf er als selbsternannter Prediger von Gewalt, Kokain-Konsum und rüde-unflätigem Verhalten angesehen werden. In der Wikipedia kann man die äußeren Fakten schon im Inhaltszverzeichnis unter “Kontroversen” ersehen:

Zudem findet sich der Absatz “Sexuelles Bedrängen Minderjähriger”:

2021 tauchte ein 16 Jahre altes Video auf, in dem Bushido ein Mädchen verbal bedrängt, unter Druck setzt und mit ihr in einem Bett liegt, während andere Männer abwechselnd die Szenen filmen und das Mädchen ebenfalls bedrängen und unter Druck setzen. Das Video wurde durch Bushido selbst veröffentlicht, während ein Ausschnitt bereits einen Tag zuvor geleakt worden war. Laut seiner Angabe im Video dürfte das Mädchen höchstens 15 Jahre alt gewesen sein. Nach Veröffentlichung des Videos sagte er jedoch, das Mädchen im Video sei volljährig gewesen, außerdem entschuldigte er sich bei dem Mädchen und für sein damaliges Verhalten.

Man vergleiche dieses Register einmal mit AfD-Politikern, gegen die Massenmedien permanent mit Vergleichen zum Nationalsozialismus, nicht zuletzt Adolf Hitler als politischer Figur, agitieren. Kann man hier noch von einer Verhältnismäßigkeit sprechen? An Organisierter Kriminalität Beteiligte und mehrfach Verurteilte werden kontinuierlich mit unkritischer Berichterstattung hofiert, während Politiker mit strittigen Positionen und sprachlichen Formen, über deren Rechtmäßigkeit jedoch fortgesetzt gestritten und prozessiert wird, nach meinem Eindruck ohne Differenzierungen als eminente gesellschaftliche Gefahr beschworen werden? Selbst, wenn sie dies sind – hat sich Ferchichi nicht langfristig und ohne nennenswerte Revisionen als solche erwiesen?

Die dpa beliebt ihre Zulieferung für Tagesspiegel und Berliner Zeitung abzuschließen mit dem freundlichen Hinweis:

Am 21. März spielt er das erste Konzert seiner „König für immer“-Tour in Berlin.

Der Artikel ist also neben dem Anschluss an die Anti-AfD-Kampagnen schlichtweg eine Werbung für Konzerttermine.

Schon medienethisch und presserechtlich dürfte dies grenzwertig bis kritikwürdig sein. Was aber als gewiss gelten darf: Die Medienpartner von Ferchichi und seinen PR-Dienstleistern sind damit Teil einer Bewusstseinsindustrie. Diese trägt noch in die Privatzimmer von Kindern und Jugendlichen (sicher an erster Stelle arabischstämmiger Herkunft) Textzeilen wie diese des bisher letzten 2021er Albums “Sonny Black II”, die ich zusätzlich zum bereits Gesagten hier aus dem Songtext “Ghettofaust 2” noch einmal dokumentiere:

Erst wenn ich eure Mütter ficke, redet von euch Hunden keiner mehr
Frank denkt, er wär mit mir auf einer Stufe
Dein Schwanz Sultan Hengzt ist allerhöchstens eine Stute
Dicka, dein Level ist nicht mein Levеl

Wenn du auf dem Bordstein vеrblutest, hast du da dein scheiß Battle
Ohne Bushido-Beats klingst du Penner wie Scheiße
Du hast sogar meine alten Hintermänner recycelt
Geh zur Seite, Nutte, mach hier nicht auf Macher
Damals schon ein Hurensohn und immer noch ein Bastard
Jede Szenefotze will mich jetzt am Boden seh’n
Das ganze Land ist mein Feind, aber ich bleib’ souverän

King Bushido ist zurück und ihr habt Angst
Denn echte Männer ficken mit dem Schwanz

https://genius.com/Bushido-ghettofaust-2-lyrics

Kulturwissenschaften haben sich über die letzten Jahrzehnte sukzessive von inhaltsorientierten Methoden verabschiedet (warum, wäre historisch aufzuarbeiten), die derlei überhaupt ansprechen, zitieren, diskutieren, bewerten. Auch sie sind damit Teil des Bushido-Komplexes – ein für die realen Verhältnisse blind gemachtes, willfährig-korruptes Unternehmen mit Folgen gerade für Minderjährige, die in allen etablierten Kriterien als unethisch bis rechtswidrig, kulturell auf niedrigsten Standards befindlich zu beschreiben wären. Unter Presseleuten und Akademikern, die sich heute in erster Linie vor “Wutbürgern”, AfD-Sympathisanten oder Querfrontlern zu fürchten scheinen, herrscht dazu schlicht ein fast gänzliches Schweigen im Walde. In einem Suhrkamp-Band wie “Politische Männlichkeit. Wie Incels, Fundamentalisten und Autoritäre für das Patriarchat mobilmachen” (2020) von Susanne Kaiser finde ich im Inhaltsverzeichnis zunächst einen kehrtgewendeten Begriff der “weißen Scharia”. Eher Polemisches dieser Art wird einer Weltreligion wie dem Islam eher erspart (Wortsuche “Islam” bei Suhrkamp). Das dem Titel nach Kritischste, der Band “Islam – Zivilisation oder Barbarei?” (2015) von Alexander Flores ist mir im Gegensatz zur Incel-Studie Kaisers bisher nie in der Diskussion begegnet.

Diese Verharmlosung hat nach meinem Eindruck eher noch zugenommen, während die Probleme immer drastischer werden. Ich möchte hier nicht noch einmal die Meilensteine dieser Eskalation aufzählen – es waren Silvesternächte mit sexuellen Nötigungen, zuletzt äußerst gefährlichem Einsatz von Feuerwerk gegen Rettungskräfte u. v. m. Problem-Klientel sind in erster Linie junge orientierungslose Männer mit Migrationshintergründen, die man sicherlich nicht unterschiedslos mit anderen dieser Herkuft oder anderer Herkunft besprechen sollte. Es gibt dafür ökonomische, aber auch kulturelle und psychologische Gründe, und ihre adäquate Behandlung durch den Rest der Gesellschaft darf schlicht als völlig ungeklärt und eher aussichtslos bezeichnet werden. Wenn es schlecht läuft, werden sie bleiben, mehr werden und ihr Verhalten nicht ändern. Unter Stressbedingungen im Ausnahmezustand (Stromausfall, Bürgerkrieg etc.) sind grausamste Eskalationen zu erwarten.

Diese Aussichten gehören zu wesentlichen Motivationen von Menschen, die AfD zu wählen. An erster Stelle in Berlin stehen ihnen Muskelprotze vor Augen, die mit hochpreisigen Autos das Stadtbild bevölkern. Dies ist ein Beispiel, das wohl in fast jedem Gespräch zum Thema vorkommt. Nur in sog. Massenmedien, die über Realität berichten sollen, kommt es nicht nachhaltig und detailliert vor. Ihrer Pflicht zur Berichterstattung kommen sie damit nicht mehr nach. Sie haben sich von dieser teilweise verabschiedet zugunsten gut erkennbarer Illusionsbildungen und Ausblendungen, die u. a. Schwerkriminellen nützen.

Über sog. “Rapper” wurde vereinzelt berichtet, sie bräuchten in der hiesigen “Musikszene” einen “Rücken”, d. h. einen bezahlten Unterstützer aus der Organisierten Kriminalität. Weitere Nachforschungen und Reportagen wären dringend erforderlich, wie das unerklärliche Interesse etablierter Medien an diesen Inhalten zustandekommt. Es könnte sich auch um Formen von gezielter Manipulation und Erpressung handeln, wenn man die sonst üblichen Praktiken der Beteiligten weiterdenkt.

Die CDU-nahe Konrad Adenauer Stiftung veröffentlichte 2016 noch einen Beitrag von Petra Bahr mit der Überschrift “Die Angst vor der Wahrheit”:

Sexuelle Übergriffe, auch von langer Hand geplante, gehören zum Alltag in fast allen muslimisch geprägten Ländern – obwohl Gewalt gegen Frauen auch im Islam als schwere Sünde gilt. Oft genug eskaliert die Gewalt unter Einfluss von Drogen und Alkohol. Frauenrechtlerinnen, Journalistinnen und kritische Theologen aus diesen Ländern weisen auf das Paradox von strikten Verboten und deren exzessiver Überschreitung seit Jahren hin.

Am 23.11.2021 findet sich in der Tageszeitung Welt ein Beitrag mit diesem Anreißer:

Religiös begründete Erniedrigung ist an vielen Schulen in Berlin-Neukölln Alltag. Liberale muslimisch geprägte Schüler und Lehrer werden unter Druck gesetzt, sich orthodoxen Regeln anzupassen. Besonders stark betroffen sind junge Mädchen.

Solche Verhaltensweisen richten sich freilich nicht nur gegen Angehörige der eigenen Religion. Sie betreffen in diesem Umfeld notwendigerweise auch die noch Unbeteiligteren unter den nicht-arabischen oder nicht-moslemischen Mitschüler. Das, was ein Bushido in seinen Songtexten ausspricht und Millionen von jugendlichen Zuhörern suggestiv einhämmert, ist der Modus der sexuellen Erniedrigung und des gewalttätigen Imponiergehabes. Und dieses wird, an erster Stelle unter den Jüngeren, auch ausgelebt.

Ich denke, das Einzige, was nach diesen vielen Jahren zu einem Anis Mohamed Youssef Ferchichi noch zu besprechen wäre, wären solche eindeutig von ihm mitverantwortete Prägungen seiner Zuhörer. Deutsche Presseagentur, Tagesspiegel und Springer-Verlag aber übermitteln von ihm aktuell unkommentierte moralische Bewertungen einer Partei wie der AfD – wörtlich, diese repräsentiere eine “absolute Hinterwäldler-Mentalität, mit menschenfeindlichen Gesinnungen”. Journalistische Medien, die dies unkritisch von einer Presseagentur übernehmen, haben ihre Autorität als unabhängiges Presseorgan wohl eingebüßt. Sie dürfen sich keinesfalls wundern, wenn sich Menschen von ihnen abkehren, sie als “Lügenpresse” bezeichnen, offensiv bei Demonstrationen ansprechen. Dass es dabei auch zu Gewalt kommt, ist unerfreulich, aber vollkommen erwartbar. Die Ursachenforschung dazu würde vor dem Hintergrund des hier mit wenigen Klicks Zusammengestellten an erster Stelle in dieselben Redaktionen führen, die sich anschließend über die Gegenwehr dazu beklagen, als sei diese einzig ein Resultat der Mentalität des “bösen Deutschen” und von unverbesserlichen “Nazis”.

Ein Teildiskurs dieser flächendeckenden Propaganda in öffentlich-rechtlichen wie kommerziellen Medien (mit Ausnahmen in Blättern wie Welt, Focus, in Nachbarländern etwa der NZZ oder der Weltwoche) richtet sich zu allem Überfluss auch noch gegen sog. “Incels”, also enttäuschte allein lebende Männer, denen man unterstellt, erstens selbst schuld an ihrem Unglück zu sein und zweitens in einer faschistoid gefärbten Persönlichkeitsstruktur ihre irrationale Aggressivität blindwütig gegen Frauen und/oder Migranten zu richten.

Was weder Mainstream-Presse noch Wissenschaft dazu aufzufallen scheint, ist etwa zugleich ein neuer Standard der Presse-Landschaft seit mehreren Jahren: Nachdem der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan 2017 offen den Ethnozid an den Nordeuropäern über möglichst hohe Geburtenraten von Zuwanderern ausrief, lässt sich an einer hohen Zahl von Presse-Fotos eine Kontinuität ablesen: Gezeigt werden (nach meinem subjektiven Eindruck, den ich laufend mit Screenshots archiviere: deutlich vorwiegend bis fast ausschließlich) als einander innig zugewandte Liebespaare in der deutschen Presse erkennbar migrantische Männer südländischer Herkunft und erkennbar nordeuropäische Frauen. Auch dies wäre eine Aufgabe für publizistische Wissenschaften, die diese Bezeichnung noch verdienten: Sie hätte zu untersuchen, wer diese Bildauswahl trifft, wer diese Fotos inszeniert (denn es sind Stockfotos, für die wohl fast nie reale Paare auftreten) und welchen Konzepten dies inhaltlich aufgrund der so hergestellten Kontexte folgt.

Dass es sich schon hierbei um eine institutionalisierte rassistische Diskriminierung der nicht-migrantisch Geprägten handelt, halte ich für kaum noch diskussionswürdig, obwohl diese Diskussion ja nie stattfindet. Gruppierungen wie mehrheitlich konservativen Moslems (nach früheren Umfragen ca. 60 % Erdoğan-Wähler unter Türken in Deutschland) oder das programmatisch völkisch ausgerichtete traditionelle Judentum (Blutsverwandtschaft mit der Mutter als privilegierte Basis der Zugehörigkeit) dürften die in Deutschland derzeit herrschende Diskriminierung eigener biologischer Abkömmlinge als zutiefst sittenwidrig ansehen. Dementsprechend bleibt es eine gesellschaftlich völlig unbehandelte Tatsache, dass moslemisch geprägte Familien ihre weiblichen Kinder eher einer Ehe im eigenen Kulturkreis zuführen wollen und Beziehungen zu Nicht-Moslems sanktionieren und verhindern (im Extrem bis zum Ehrenmord). Moslemische Jungmänner hingegen können ihre Bewegungsfreiheit nutzen, um Beziehungen zu Nicht-Muslimas anzuknüpfen (von welcher Dauer auch immer). Schon dies bewirkt diskriminatorische Tendenzen und ein ungleiches Konkurrenzverhältnis in sexuellen Beziehungen. Dass hiesige Sozialwissenschaften und Administrationen zu derlei konsequent schweigen, dürfte historisch einzigartig sein – und eindeutig förderlich für wachsende innergesellschaftliche Spannungen, politischen Radikalismus bis hin zu offener Gewalt. Werden dafür auch im aktuellen Beispiel einzig und allein “rechte Gesinnungen” als Ursache identifiziert, zeigt der vorhergehende Gedankengang hoffentlich plausibel, dass diese Perspektive einseitig, verkürzt, manipulativ und in letzter Konsequenz für Betroffene nötigend ist und keinem Gleichheitsmaßstab entspricht. Es ist eine strukturelle Vergewaltigung und sexuelle Demütigung, mit der eine Medienfigur wie Ferchichi seit jeher im Klartext mit primitiver Gewalt-Lyrik sympathisiert, während die Kritik daran lächerlich homöopathisch bleibt.

Die Presse mit ihren Symbolfotos verstärkt so also noch jene aggressiv-eliminatorischen Tendenzen, die sich bei einem Ferchichi oder Erdoğan aussprechen. Modus ist die sexuelle Demütigung und existenzielle Auslöschung – bei Erdogan demografisch, bei Bushido in Wort und teilweise auch Tat offen gewalttätig.

Die Agenda einer “Remigration” hingegen darf als grob unrealistisch bezeichnet werden. Die aktuelle Hysterie über ein Treffen politischer Akteure zu diesem Thema halte ich insofern für übertrieben, als sie bei kurzem Nachdenken doch als definitiv nicht umsetzbar angesehen werden muss. Die AfD wird in absehbarer Zeit nicht auf Bundesebene Mehrheiten erreichen, geschweige denn Koalitionspartner finden. Wo sie laut Umfragen an erster Stelle in ostdeutschen Bundesländern größeren Anteil an der Administration erhält, wird sie sich denselben praktischen Fragen wie andere Administrationen stellen müssen, die eine Rigorosität wohl kaum zulassen dürften. Wer Arbeitskräfte benötigt und diese nicht unter Einheimischen findet, benötigt Zuwanderung. Demografische Fakten und Abwanderungstendenzen habe ich etwa zu dem thüringischen AfD-Politiker Björn Höcke schon einmal beispielhaft diskutiert. Eine “Volksmasse”, die viele Aussagen im rechten Spektrum suggerieren, existiert heute weder in ausreichender Anzahl, geschweige denn einer Altersstruktur, die Vergleiche zur NS-Zeit erlauben würde. Auf die Schnelle die Angabe aus Nordrhein-Westfalen als größtem Bundesland:

Unter den 2.445.950 Schülerinnen und Schülern an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in NRW im Schuljahr 2022/23 hatten 41,8 Prozent eine Zuwanderungsgeschichte.

Wer hierbei also pauschal bzw. großflächig von erzwungener “Remigration” spricht, kann kaum Kenntnis von Statistiken haben. Was mit dem Treffen in einem Potsdamer Hotel am 25.11.2024 derzeit zum Presse-Hype und Gegenstand von Massen-Demonstrationen gemacht wird, ist erkennbar irreal. Ein solches Ereignis hat erwartbar einen wesentlichen öffentlichen Effekt, der ebenso erwartbar von linksliberalen Medien und fast allen politischen Lagern ausgespielt wird: Es dient eindeutig der schlagwortartigen Stigmatisierung jeder Kritik an Ethnozid und anti-deutscher, -weißer oder -europäischer Diskriminierung.

Was allgemein in der Presse als “Remigration” wie der Plan zu einer Deportation im Stil der nationalsozialistischen Judenverfolgung wirkt, klingt im ausführlichen Beitrag der NGO Correctiv (die der Deutschlandfunk zuletzt laufend fälschlich als “Medienhaus” bezeichnet) so:

Sellner ergreift das Wort. Er erklärt das Konzept im Verlauf des Vortrages so: Es gebe drei Zielgruppen der Migration, die Deutschland verlassen sollten. Oder, wie er sagt, „um die Ansiedlung von Ausländern rückabzuwickeln“. Er zählt auf, wen er meint: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und „nicht assimilierte Staatsbürger“. Letztere seien aus seiner Sicht das größte „Problem“. Anders gesagt: Sellner spaltet das Volk auf in diejenigen, die unbehelligt in Deutschland leben sollen und diejenigen, für die dieses Grundrecht nicht gelten soll.

Im Grunde laufen die Gedankenspiele an diesem Tag alle auf eines hinaus: Menschen sollen aus Deutschland verdrängt werden können, wenn sie die vermeintlich falsche Hautfarbe oder Herkunft haben – und aus Sicht von Menschen wie Sellner nicht ausreichend „assimiliert“ sind. Auch wenn sie deutsche Staatsbürger sind. Es ist gegen die Existenz von Menschen in diesem Land gerichtet.

Das wäre ein Angriff auf das Grundgesetz – auf das Staatsbürgerrecht und auf den Gleichheitsgrundsatz.

https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/

Nachdem der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zuletzt mit der Absicht verstärkter Abschiebepraxis zitiert wurde, bleibt von Sellners Aussage als kritikwürdig wohl noch die hier gewählte Bezeichnung “Ausländer mit Bleiberecht”. In der Praxis lässt sich eine Durchführbarkeit leicht durchdenken und damit als völlig realitätsfern vorführen: Dazu bräuchte es ja Exekutivkräfte und für diese eine gesetzliche Grundlage, die erst politisch beschlossen werden müsste – von wem zu welchem Zeitpunkt? Wenn in 10 Jahren über 40 % Kinder mit Migrationshintergrund erwachsen sind und selbst wählen dürfen?

Ich will nicht Gefahren kleinreden oder in Abrede stellen, dass einzelne Extremisten wieder verstärkt zu Gewalttaten neigen könnten oder Amokläufer Unheil anrichten. Dies ist aber ja nicht die Stoßrichtung der Berichterstattung, die Correctiv anleitet. Diese schürt unter dem Begriff “Remigration” eindeutig die Befürchtung, dass die derzeit bei 18-24 % in Umfragen für die Bundesebene stehende AfD derlei veranlassen könnte.

Doch selbst unter deren Wählern schätze ich aus persönlicher Erfahrung die konkreten Ansichten als nicht übereinstimmend mit der radikalen Position eines Martin Sellner ein – die sich eben auch zu ihrer Durchführbarkeit äußern müsste. Dass sie dies nicht tut bzw. tun muss, ist wiederum wohl eher eine Ursache des Nicht-Dialogs, der von Seiten des Mainstreams einseitig aufrechterhalten wird. Aktivisten wie Sellner sind ja im Internet präsent und erreichen dort ihre Zielgruppe. Sie wären sicherlich bereit zu zitierfähigen Äußerungen – aber es bliebe abzuwarten, wie eben ein konkretes Szenario für eine bloße Absichtserklärung lauten würde.

Solche Äußerungen sind in der Tat “hinterwäldlerisch” in dem Sinne, dass sie keine Kenntnis zu haben scheinen von den bloßen Statistiken, geschweige denn vielfältigen Lebenswelten, in denen ein Leben ohne Zuwanderer vielerorts praktisch nicht möglich wäre, in denen es zahllose Mischungsverhältnisse, interkulturelle Freundschaften, Partnerschaften (die ich nicht als solche kritisiere, wohl aber die hier oben erwähnten, in ihrer Einseitigkeit auf mich eher albern anmutenden gestellten Fotos), weithin unauflösbare wirtschaftliche Beziehungen gibt. (Ein wesentliches Manko rechter Positionen scheint mir der soziologische Begriff der Ausdifferenzierung zu sein, die in allerlei Slogans und Kampfbegriffen einfach ignoriert wird – in keiner Realität aber noch ignoriert werden könnte. Man sollte also trennen zwischen berechtigten Anliegen, ihrer falschen Formulierung und der offenkundigen Ausblendung unumgänglicher Realitäten. Und dies geschieht, wie hier gezeigt, in anderer Radikalität im Mainstream, wenn er Positionen als irgendwie durchführbar suggeriert, die es mit vollkommener Sicherheit nicht oder nicht mehr sind.)

Eine naive isolationistische Agenda, die von Rechtsaußen vertreten wird (aber sicher nicht von allen Vertretern der AfD oder gar ihrer Wähler), bricht nach wenigen Minuten Streitgespräch durch Nachfragen in sich zusammen, die Arbeitsmarkt, Rohstoffe, Lieferketten, nationale Sicherheit betreffen. (Dasselbe gilt aber wohl umgekehrt für Schwachstellen des Mainstreams, die die AfD als einzige anspricht, wie die Wissenschaftlichkeit einer “globalen Durchschnitts-Temperatur” oder die Durchführbarkeit der schnellen massenhaften Installation von Wärmepumpen.) Dass diese meines Wissens kaum je in diesem Zusammenhang gestellt werden, ist für mich eher ein Indiz für die Tendenz, via Correctiv und so gut wie gleichgeschalteter Mainstream-Presse einen Popanz aufzubauen, gegen den man “Omas gegen Rechts” und zahlreiche Andere demonstrierend aufmarschieren lässt, ohne dass damit irgendetwas erreicht wäre – außer der Vermeidung sachbezogener Debatten, differenzierter Beurteilung und gleichberechtigter Darstellung und Kommunikation.

Dass noch nie Demonstrationen organsiert wurden gegen die willfährige Kooperation von Massenmedien mit teils verurteilten Kriminellen zur Verbreitung von Musik und Gewaltverherrlichung, die sich an Jugendliche richtet, ist kein gutes Zeichen für denselben Mainstream, der mit Anti-AfD-Demos seine Menschlichkeit beweisen will. Und ein Deutscher Presserat, der die (nach meinem oben begründeten persönlichen Verständnis:) nicht gekennzeichnete Werbung für Ferchichi begleitend zu seiner diese begleitenden, völlig unkritisch wiedergegebenen selbstwidersprüchlichen Verbalattacke auf die AfD vor dem Hintergrund seiner Biografie nicht rügt, hat seine Prinzipien wohl hinter sich gelassen.

Dass es hier um den Verlust elementarer wirtschaftlicher, politischer und kultureller Standards geht, sollte doch kaum bestritten werden können (oder wer sieht dies anders?). Die Beteiligung von Verantwortlichen in Politik, Presse und Wissenschaft der deutschen Gegenwart ist nahezu flächendeckend. Wer dazu keine Selbstbefragung startet, sollte sich über naheliegende Folgen nicht wundern. Im Gegensatz zu ideologischen Wunschträumen haben diese reale Ursachen und werden über Jahrzehnte von Betroffenen erlebt. Und es reicht nicht aus, diese Ideologien zu benennen. Auch für diese gibt es eine erkennbare historische Entwicklung und zitierbare gedankliche Herkünfte. Man darf in seiner Wahrnehmung nur nicht so einseitig sein, wie es Initiativen wie Correctiv mit scheinbar hilflos ausgelieferten Zeitungslesern einüben.

(Anmerkung: Mit Correctiv-Gründer David Schraven war ich über ca. 6 Monate Mitte der 1990er Jahre für einen schließlich wieder eingestellten Ableger der taz in NRW, der taz ruhr, wesentlich als Layouter tätig. Seitdem hatte ich mit ihm nie wieder Kontakt, eine wohl einzelne Mail meinerseits nach langen Jahren blieb unbeantwortet. David betrieb damals Regionaljournalismus und erlangte, soweit ich weiß, mit einem Umweltskandal im Ruhrgebiet zu etwas mehr Bekanntheit. Ich erinnere keine weitergehenden Gespräche mit ihm über irgendein Fachgebiet. Die Wikipedia vermerkt zu seinem Bildungsgang: “Nach dem Abitur 1990 am Heinrich-Heine-Gymnasium in Bottrop begann er, Slawistik, Politologie und Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zu studieren.” Bei Correctiv agiert er nun weiterhin als Geschäftsführer für eine Initiative, die durch Großaufträge von Facebook sowie flächendeckende Zitationen in allen Leitmedien eine Vielzahl von Äußerungen Anderer zu hochkomplexen Themen inhaltlich bewertet und teilweise mit wertenden Prädikaten versieht, die also die öffentliche Wahrnehmung von Betroffenen stark beeinflussen. Die Qualität solcher Beurteilungen habe ich schon im Einzelfall kritisiert. Solche sog. “Faktenchecks” können sicher immer wieder notwendig und hilfreich sein. Wenn sie aber entsprechend der organisierten Breitenwirkung einer solchen Initiative selbst kaum noch einer hörbaren Kritik ausgesetzt sind, bestünde sicherlich der Anlass für eine entsprechende Überprüfung und Ergänzung im Sinne pluralistischer Meinungsbildung. Unter Behauptung gerade einer solchen ist in diesem Mainstream bei Themen wie den hier Angesprochenen wohl schon langfristig das Gegenteil eingetreten.)

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

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