Neue Bildungskatastrophe und diesmal keine Nothilfe?

In diesen Tagen hörte ich ein „Bildungsgespräch“ von Richard David Precht mit Journalist Reinhard Kahl über „Die digitale Revolution“ (07.02.2017). Darin fiel mir besonders eine Stelle auf, die auch meinem Realitätseindruck entspricht. Precht verweist auf Georg Picht und seinen Begriff der “Bildungskatastrophe”. Damals, in den 1960ern, hätten Politiker schleunigst begonnen, Universitäten zu gründen und den zweiten Bildungsweg einzuführen – auf Anregung durch die Veröffentlichungen eines einzigen Autors. Wenn er, Precht, hingegen heute auf gravierende Missstände im Bildungswesen eingehe, habe sich bei ihm als einziger der derzeitige Kultusminister von Mecklenburg-Vorpommern, Mathias Brodkorb (SPD), gemeldet.

Das entspricht im Prinzip meinen eigenen Erfahrungen – selbst in Zusammenhängen, wo Betroffenen Hilfe in ihrer eigenen Bildungskatastrophe, in bestehenden praktischen Grenzen aktiv, gemacht wurden. Nun kann man die Website filmdenken.de oder meine Bücher nicht mit Precht vergleichen – Letzterer ist ein Bestseller und Mitarbeiter des ZDF. Dies setzt voraus, dass man z. B. nicht nachhaltig über noch größere Bildungskatastrophen der moslemisch geprägten Welt spricht – und deren wachsenden Einfluss auf die teilweise kaum noch stattfindende Schulbildung aller in (West-)Europa. Denn die Kinder in Deutschland bekommen in steigendem Maße Menschen, die weder selbst im deutschen Sprachraum aufgewachsen und/oder geprägt sind, noch deren Kulturen die hiesigen Bildungsbegriffe teilen. Auch sind in ihren ursprünglichen Heimaten nicht selten Lehrer Menschen, die spürbare Autorität ausüben, was in Deutschland post ’68 zur Hilflosigkeit gegenüber jenen Rabauken führen muss, die in ihrer importierten Kultur ebenso Respektlosigkeit gegenüber Nicht-Moslems lernen, wie sie die Freiheiten einer aufgeklärten und konsumistischen Umgebung zu nutzen wissen. – Allen Ernstes findet sich in Prechts Schul-Buch “Anna, die Schule und der liebe Gott. Der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern” (2014) gerade unter diesem Titel das Wort “Islam” kein einziges Mal (auch nicht “Moslem” oder “Muslim”, “Allah” natürlich auch nicht). Das dürfte eine “Anna” heute anders erleben, als ein solches Buch es noch 2014 erahnen ließ.

Per Suchbegriff finde ich mit “Integration” gerade nur diese Stelle, an der Precht nach aufwändigster und teurer Betreuung für Lernschwache ruft, während heute schon für den Normalbetrieb kaum genug Lehrkräfte vorhanden sind:

In unserer Gegenwart Philosoph zu sein, bedeutete auch, die Vielzahl der diese idealistische Fantasie konterkarierenden Lebensumstände in seine Erwägungen einzubeziehen: angefangen von der Zurückweisung von Hilfe durch Zuwanderer selbst, die bei manchen Moslems schon mit der Verweigerung eines Händedrucks gegenüber Frauen beginnt; hin zu der Frage, wieviel sozialen Kontakt dieser Art prinzipiell in Frage kommende gebildete Helfer überhaupt wünschen und was ein solcher Kontakt in der Praxis faktisch mit sich bringt (in der außerphilosophischen Realität der “Flüchtlingskrise” reicht dies ja bis hin zum Mord an Helfern jeder Art – dieses Risiko muss man erst einmal wollen).

Ebensowenig wird Precht in seinen Sendern und Verlagen niemals nachhaltig TV-Schund aus den USA und zeitraubende wie inhaltsarme Computerspiele ansprechen dürfen, mit denen viele Menschen nach einem Prozess über Jahrzehnte fast ihre gesamte Freizeit verbringen. Wenn der Professor oder öffentlich-rechtliche Intendant im Golfclub neben dem Serien-Importeur oder Computerspiel-Produzenten sitzt, ist das Schicksal der ihnen untergeordneten sozialen Gruppen einstweilen besiegelt. Ein Maximum wäre wohl allenfalls, dass sie ihre Jämmerlichkeit noch vor dem eigenen durchfinanzierten Begräbnis einmal bemerkten. [Siehe hierzu noch meine Anmerkung zu Beginn des nächsten Blog-Beitrags.]

Das – und noch einiges mehr – wäre notwendigerweise zu bekämpfen, um Effekten des Bildungsverlustes und der Verrohung entgegenzuwirken. Aber immerhin ist Precht der einzige mir bekannte Prominente, der den hier zuerst erwähnten Sachverhalt einmal direkt anspricht. Er dürfte viele Einzelfälle im kulturellen und wissenschaftlichen Leben betreffen, in denen nicht nur das innere Spielkind gepflegt wird.

Ich will hier nicht die ganze Litanei des allein sich selbst verstärkenden Mittelmaßes, des zuletzt etwa von Oskar Roehler im Roman “Selbstverfickung” (2017) am herrschenden Kulturbetrieb bemerkten, geistiges Leben erstickenden bloßen Funktionärswesens singen. Es gibt darüber hinaus noch einige zauberhafte Mechanismen mehr in diesem Betrieb, die sich nicht für Inhalte, aber für allerlei satanistische Neckereien interessieren und dabei den Großteil der Abläufe für Einsichtige zunehmend ungenießbar machen. Precht wird wissen, dass diese Praktiken auch seine eigene Vita betreffen. Und dass deshalb Rettung in einem System, das auch ihn nährt, so nicht zu erwarten ist. Das ginge nur dann, wenn sich ändert, was zu ändern wäre – und nicht nur, indem man über Teilaspekte in einem am Rand gesendeten Restformat noch einmal geredet hat.

Aber – um ein zweites Mal den Faden aufzunehmen – es ist besser als nichts, wenigstens das einmal ehrlich zu benennen: dass selbst, was noch zu den niveauvollsten Segmenten unserer Massenmedien zu zählen ist, immer weniger Wirkungen entfaltet. Es ist demzufolge mehr und mehr zu einer Simulation, einer Alibi-Veranstaltung geworden. Die dazu eingenommene – unter mysteriösen Umständen eingeübte – hochintelligente Haltung der bezahlten Kultur- und Wissenschaftsfunktionäre hierzu lautet derzeit im Wesentlichen, es habe in einer in der Antike untergegangenen Kultur vor deren Untergang auch das Prinzip “Brot und Spiele” geherrscht.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

2 Antworten

  1. Neuropsychologen haben festgestellt, daß das gehirneigene Belohnungssystem, wenn es einmal falsch programmiert wurde, wie zum Beispiel Belohnung in Form von Gehalt oder Lohn bei Selbstausbeutungsaktivitäten – diese Programmierung nicht mehr geändert werden kann, d.h. der Betroffene wird sich immer wieder unbewusst in Situationen manövrieren, die seinen Körper und seiner Seele schaden.

    Es gibt Menschen, die können sich noch so sehr anstrengen einen Fehler nicht noch einmal zu begehen und landen aber bei der nächsten Gelegenheit wieder in der exakt selben Situation. Das beste Beispiel sind die Schinderseelen, welche jeden Tag bis an ihre Leistungsgrenze gelangen müssen, sonst fühlen sie sich nicht wohl, die brauchen den körperlichen oder seelischen Schmerz, denn erst dann schüttet ihr gehirneigenes Belohnungssystem die Glückshormone aus.

    Glücklicherweise gibt es aber auch noch den umgekehrten und eigentlich normalen Fall, also Menschen, die bei Selbstausbeutungsaktivitäten überwiegend Stresshormone freisetzen. Dieser Typ Mensch vermeidet zum Leidwesen der Menschenschinder-Sekte aus Nürnberg strikt jegliche Form der Selbstausbeutung, ist aber sehr wohl in der Lage Glückshormone auszuschütten.

    Beispielsweise können sich solche Menschen daran erquicken, wenn jedes Jahr erneut, ungefähr ab dem 20. April, frühmorgens die Vögel wieder zwitschern, die ersten warmen Sonnenstrahlen auf der Wange kitzeln, die Blumen blühen, die Bienen summen, die weissen Wolken am blauen Himmel entlang ziehen, die Bäume duften und der Frühlingswind in den Blättern raschelt.

    • An einem 20. April begann allerdings – vielleicht sehr zielgerichtet – die heute laufende Abwicklung Deutschlands, was die allerwenigsten, ob links oder rechts, in seiner Komplexität begriffen zu haben scheinen. Das ermuntert dann leider nicht zu Frühlingsgefühlen, oder? Sehen Sie das anders? Es wird hier ja differenziert diskutiert, nicht nur geraunt und im Zweifelsfall das Weite gesucht …

      > Schinderseelen, welche jeden Tag bis an ihre Leistungsgrenze gelangen müssen

      Wer meint, selbst ohne Leistungen anderer und echte Leistungsträger auskommen zu können, sollte allerdings voll und ganz persönlich die Konsequenzen dafür tragen.
      Falsch programmiert sind viele, sicherlich – aber davon gibt es verschiedene Arten, wenn Sie mich fragen. Auch diese Differenzierung nicht zu machen, ist bequem und leider nicht nur für einen selbst gefährlich. Wir stehen um Viertel nach 12 immer noch vor dem Beginn allerlei hierzu notwendiger Diskussionen, alles andere ist für mich Halbwissen, das im Internet en masse eigene falsche Belohnungssysteme hat. Wieviele Vögel hier demnächst noch singen, sehen wir dann ja. Ob wir dies und anderes betreffend etwas tun müssten, sollten wir uns sicher fragen. Es wäre eine Leistung, wenn es etwas Konstruktives wäre.

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