Der Untergang des Presselandes

Das folgende Zitat kursiert seit geraumer Zeit in anderem Zuschnitt durch Facebook und in Blogs, als Text oder Mem. Es zeigt, wie hochaktuell ein umstrittener Text wie “Der Untergang des Abendlandes” (1918) von Oswald Spengler ist – ob man das begrüßt oder nicht.

In jeder neueren Auseinandersetzung über Lügen- oder Lückenpresse oder die Problematiken sozialer Medien schwingen solche Denkfiguren mit, die hier sprachlich so saftig daherkommen, wie es Geistern der Gegenwart meist auch nicht mehr vergönnt ist. Das wird bis hin zum eindeutigen Narzissmus einer politischen Korrektheit zugeschlagen, was in Wirklichkeit auch nur eine fehlende Präzision im Denken sein kann.

Die einmal “Web 2.0” genannte Gegenöffentlichkeit ist dabei immer noch ein Korrektiv für das, was Spengler hier als einzige Realität darstellt. Heute sind es soziale Medien, in denen entsprechende Äußerungen der Machtlosen noch oder historisch erstmals öffentlich möglich sind – aber teilweise erneut eingeschränkt durch offiziöse Tugendwächter von selbst zweifelhafter Kompetenz und ohne transparente Kontrollierbarkeit ihrerseits.

Wer über die kommunikativen Konflikte unter Angehörigen und Freunden im Privaten spricht, hat es durchgehend mit der Einsicht zu tun, das bisher der “Erfolg” eines Mainstreams genau jene ideologischen Tastsachen schafft, die Spengler hier im “Triumph eines Daseinsstromes über die andern” erkennt. Der Rest ist – immer – Geschichte.

Und die andere Seite dieser späten Freiheit: es ist jedem erlaubt zu sagen, was er will; aber es steht der Presse frei, davon Kenntnis zu nehmen oder nicht. Sie kann jede »Wahrheit« zum Tode verurteilen, indem sie ihre Vermittlung an die Welt nicht übernimmt, eine furchtbare Zensur des Schweigens, die um so allmächtiger ist, als die Sklavenmasse der Zeitungsleser ihr Vorhandensein gar nicht bemerkt. […]

An Stelle der Scheiterhaufen tritt das große Schweigen Die Diktatur der Parteihäupter stützt sich auf die Diktatur der Presse. Man sucht durch das Geld Leserscharen und ganze Völker der feindlichen Hörigkeit zu entreißen und unter die eigne Gedankenzucht zu bringen. Hier erfahren sie nur noch, was sie wissen sollen, und ein höherer Wille gestaltet das Bild ihrer Welt. Man braucht nicht mehr, wie die Fürsten des Barock, die Untertanen zum Waffendienst zu verpflichten. Man peitscht ihre Geister auf, durch Artikel, Telegramme, Bilder – Northcliffe! – bis sie Waffen fordern und ihre Führer zu einem Kampfe zwingen, zu dem diese gezwungen sein wollten. Das ist das Ende der Demokratie. Wenn in der Welt der Wahrheiten der Beweis alles entscheidet, so in der Tatsachenwelt der Erfolg. Erfolg, das bedeutet den Triumph eines Daseinsstromes über die andern. Das Leben hat sich durchgesetzt; die Träume der Weltverbesserer sind Werkzeuge von Herrennaturen geworden.

http://www.zeno.org/Philosophie/M/Spengler,+Oswald/Der+Untergang+des+Abendlandes/Zweiter+Band%3A+Welthistorische+Perspektiven/4.+Kapitel%3A+Der+Staat/3.+Philosophie+der+Politik/18.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

Eine Antwort

  1. Man kann als aktuellen Befund 1:1 Hadmut Danischs Blog-Beitrag “Die endgültige Transformation zur Regierungspropagandaideologiediktaturpresse” dazu lesen:
    https://www.danisch.de/blog/2019/11/17/die-endgueltige-transformation-zur-regierungspropagandaideologiediktaturpresse/

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