9/11 – Fragen, Lügen, Flüge 2
In Teil 1 des Gesprächs hatten wir von Filmszenen gesprochen, in denen die Flugzeugeinschläge an 9/11 in der Filmgeschichte vorweggenommen wurden. Deine bisherigen Beispiele waren mir etwas zu indirekt. Gibt es denn nun Filme, in denen wirklich das Ereignis 9/11, wie wir es kennen, erzählt wird, bevor es eintrat?
Es gibt bekannte Beispiele wie den Pilotfilm der US-Serie „The Lone Gunmen“, in dem wenige Monate vor 9/11 ein Flugzeug ins World Trade Center ferngesteuert werden soll, was man im letzten Moment vereiteln kann. Hier will ein Waffenproduzent die USA in einen Krieg stürzen, von dem er profitieren würde. Es gibt eine Reihe von Action-Szenen des US-Kinos, von „Passwort: Swordfish“ im Jahr 2001 über „Die Hard“ von 1988 bis zurück zu „Flammendes Inferno“ von 1974, in denen die Explosionen an den Hochhäusern fast 1:1 vorkommen. In allen drei Fällen gibt es zudem noch andere komplexe Bezüge zu 9/11, die ich im Buch erläutere. Selten erwähnt, aber nicht ganz unbekannt ist die Tatsache, dass in „Der Schrecken der Medusa“, einem britischen Film von 1978, ein durch Telekinese gelenktes Flugzeug in ein Hochhaus rast. In meinem Trailer zum Buch ist das beispielhaft zu sehen.
Am Anfang des ersten Teils hatten wir das Beispiel aus „Weekend im Waldorf“, in dem sich ein Flugzeug dem Hochhaus nähert. Ist so etwas ein seltenes Beispiel?
Am häufigsten sind Bildargumentationen, in denen ein Flugzeug herannaht, manchmal an der Kamera vorbeisaust – und dann folgt ein Schnitt, der zu Gebäuden überleitet, die mehr oder minder eine Tower- oder Twin-Towers-Form aufweisen. Ich diskutiere auch eine Reihe von Beispielen, in denen mit einer Überblendung gearbeitet wird, in der durch den filmischen Trick ein Flugzeug tatsächlich in das Bauwerk oder die Tower-Formen ‚hineinzufliegen‘ scheint, die in der nächsten Einstellung folgen. Das hat nach meiner Beobachtung System – und zwar deshalb, weil sich in den von mir gewählten Beispielen zahlreiche andere Argumente aufzeigen lassen, die für eine solche Gestaltungsabsicht sprechen. In „Die drei Tage des Condor“ von 1975 gibt es die Variante mit Schnitt am Washingtoner Flughafen. Der Film spielt aber größtenteils in New York, das World Trade Center ist mehrfach im Bild, ist sogar der Standort einer CIA-Filiale, die die Liquidierung eigener Leute abwickelt, weil diese angeblich zuviel wissen. Die John-Grisham-Verfilmung „Die Akte“ von 1993 lässt sich als eine versteckte Attacke auf die Öl-Dynastie der Rockefellers lesen, von der wir schon sprachen. Zwei Figuren, die auf ein Flugzeug überblendet werden, können als Metapher für die Twin Towers und ein Flugzeug, das in diese einschlägt, funktionieren. Die Filmhandlung erzählt von einem Kampf gegen verschwörerisch-mörderische Umtriebe eines Öl-Magnaten, der die US-Regierung korrumpiert und seine Killer losschickt. Die Szene mit der Überblendung dreht sich um einen erpressten Flug, bei dem der Pilot erst nach dem Start erfährt, wohin die Reise eigentlich geht. „911“ kommt im Film zweimal in Gestalt des amerikanischen Telefon-Notrufs vor, einmal als Zahl im Bild, dann im Dialog – beides ist im Roman von Grisham nicht enthalten. Wenn man liest, dass Regisseur Alan J. Pakula, ein Experte für solche Themen seit „Zeuge einer Verschwörung“ von 1974, am 19.11.1998 auf der Autobahn bei New York von einem herabfallenden Metallrohr durchbohrt wurde, überlegt man manchmal schon, ob es gut ist, über so etwas zu reden.
Zabriskie Point (1970), Metro-Goldwyn-Mayer/Trianon
Dann gibt es zum Beispiel noch „Zabriskie Point“ von 1970, in dem ein Student auf einem Flugplatz eine Cessna stiehlt. Kurz zuvor beobachtet er ein anderes Flugzeug, das ‚in einen Turm hineinfliegt‘ – allerdings in der Bildtiefe wieder dahinter hervorkommt. Die Figur des Studenten bewegt sich vor einer Reihe von Tower-Formen, Pfeilern eines Gebäudes, vorbei. Auf dem Flugplatz sehen wir den Schriftzug der Firma Northrop. Sie gehört in der 9/11-Verschwörungstheorie zu den Verdächtigen für die Herstellung von Flugdrohnen, die an 9/11 statt der Verkehrsflugzeuge zum Einsatz gekommen sein könnten. „Zabriskie Point“ wird im Nachhinein als paradigmatischer Film der counter culture gelesen. Er zeigt den Gegensatz von Industrie und Geschäftswelt zu den aufmüpfigen Studenten. Das, was man uns von den angeblichen 9/11-Attentätern erzählt, passt in dasselbe Schema: Sie sollen Revoluzzer gewesen sein, die mit sehr beschränkten Mitteln gegen eine Staats- und Wirtschaftsmacht agierten und das Fliegen fast ausschließlich auf Cessnas übten.
Mit den subversiven Kräften eines studentischen Milieus haben wir in diesem Beispiel auch ein Feindbild, das in Deutschland mit der RAF verbunden ist …
Ja. Die Konstruktion von Feindbildern ist für den kulturellen Komplex 9/11 essenziell. Das führt uns etwa zu der ambivalenten Figur von „Batman“, der seit seiner Erfindung 1939 das sogenannte Gute vertritt, indem er zuweilen auch kriminell handelt. Schon bei einem seiner ersten Auftritte in „Detective Comics“ von 1939 bringt er einen größenwahnsinnigen Verbrecher zur Strecke, der die Weltherrschaft an sich reißen will. Batman sprengt dessen feudales Anwesen in die Luft und lässt den Bösewicht, von Gas betäubt, vor der New Yorker Skyline – es ist hier noch nicht Gotham City – mit dem Flugzeug in den Hudson River stürzen. Das ist nur wenige Meter entfernt vom heutigen Areal des World Trade Center.
„Detective Comics“ #33 (1939), DC Comics
Zuvor werden durch Kruger New Yorker Hochhäuser mit rätselhaften Energiewellen von Zeppelinen aus zum Einsturz gebracht. Außerdem ähnelt die Comic-Figur des Supergangsters mit dem deutschen Namen „Carl Kruger“ dem angeblichen 9/11-Hijacker Hamza al-Ghamdi. Es besteht die Möglichkeit, dass etwa die CIA ihn deshalb für seine tragische Rolle auswählte – ob er nun in Flug 175 saß oder auch nicht. Das Bild ist entscheidend, und es ist in der populären Ikonografie der USA physiognomisch vorcodiert: als Gegenspieler von Batman. Ich beschreibe so etwas nicht aus Selbstzweck oder Häme. Ich vertrete die These, dass nach aller Wahrscheinlichkeit mit diesen ästhetischen Mitteln geheimpolitisch gearbeitet wird. Deshalb hilft es wenig, Gesichtervergleiche den Jux-Rubriken von Sport-Zeitschriften zu überlassen. Wer dazu schweigt, ist schon beteiligt.
Du hältst es also für möglich, dass hier gezielt Menschen geopfert wurden – sowohl durch die Auswahl von Attentätern durch ihre Hintermänner und deren mögliche Geheimdienst-Verbindungen, wie auch bei den etwa 3000 Toten durch die Terrorflüge bzw. -anschläge an 9/11?
Faktisch gab es ja ursprünglich die Unterstützung Osama bin Ladens durch die CIA, weshalb man einen solchen inside job nicht frei erfinden muss. Die Frage bleibt, wie weit er ging. Auch der pakistanische Geheimdienst ISI spielt dabei seine Rolle. Die anfangs erwähnte Video-Montage „9/11 Mega Ritual entschlüsselt“ formuliert darüber hinaus das Ereignis als ein Ritual der Opferung. Dafür gibt es gewichtige kulturtheoretische Begründungen, etwa bei René Girard in „Das Heilige und die Gewalt“. Wir haben hier noch wenig über die wirklich okkulten Tendenzen gesprochen, die sich im Bildprogramm 9/11 ablesen lassen. Das sind neben freimaurerischen Traditionen und die ihnen vorausgehende Alchemie mächtige Symbole wie das hinduistisch-buddhistische „Om“, das für das Absolute steht. Eine andere Formulierung der Unendlichkeit ist die Schlange „Ouroboros“, die das zirkuläre Prinzip, die Unendlichkeit verkörpert. Ich zeige in der Bildsprache des Kinos, aber auch an den Selbstdarstellungen des US-Präsidenten, Freimaurers und „Skull & Bones“-Mitglieds William Howard Taft sowie etwa David Rockefellers, wo eine Schlangen-Symbolik auffindbar ist. Und die findet sich ebenfalls in baulichen Details des World Trade Center wie auch in Inszenierungen des Kinos.
Lassen sich durch die Symbole denn besonders verdächtige Gruppierungen und Traditionen identifizieren?
Nur sehr bedingt. Allerdings wurden in der Theosophie und dem Hermetic Order of the Golden Dawn, also zwei modernen Geheimgesellschaften mit zum Teil freimaurerischen Vorbildern, eben gerade alle heiligen Symbole und Riten in ein kombinatorisches Spiel einbezogen. Zu nennen ist dabei auch das Rosenkreuzertum, dass sich historisch wiederum mit der ‚echten‘ Freimaurerei überschneidet. Mit der Rose werden hier auch die leuchtenden Fensterrosen der Kathedralen verbunden. Im Sonnenfeuer vollzieht sich in dieser Vorstellung der Verwandlungsprozess der Wiedergeburt. Im Spanischen heißt „Blumenfest“ Pascua Florida und bezeichnet das christliche Osterfest, das Gedenken an die Auferstehung. George W. Bush befand sich in Florida, als in New York die Explosionen aufflammten. Deshalb mag es kein Zufall sein, dass man in Filmbildern immer wieder herrliche Blüten vor Tower-Formen sieht, die wie der Screenshot des Feuerballs am WTC-Südturm wirken, den wir aus mehreren Perspektiven kennen.
Charleys Tante (1956), Imperial / CBS, 11.09.2001
So kann man es in Beispielen sehen, die etwa die akademische Filmgeschichte bisher weitgehend ignorierte, wie eine deutsche Version von „Charleys Tante“ von 1956. Da wird gerade ein Telegramm vorgelesen, in dem ein Mann seiner Cousine mitteilt, er sei telefonisch nicht zu erreichen, sie solle sich an seinen Sohn wenden. Wieder haben wir ein Stellvertreterverhältnis. Und wo wir bei christlichen Themen sind: In diesem Glauben schickt ja Gott seinen Sohn, um zu sterben und aufzuerstehen.
Aber wäre so eine Inszenierung in der Realität nicht vollkommen abgründig und menschenverachtend?
Den offiziellen Berichten zufolge wollten islamistische Terroristen ein Exempel statuieren. Selbstmordattentate werden in diesem Kontext mit Heilsversprechen verknüpft. Sogar die Architektur des WTC verweist auf den islamischen Kulturkreis mit Spitzbögen, die auf die maurische Bautradition zurückgehen und von dort in die christliche Gotik einwanderten. Den Entwurf zeichnete ein japanisch-stämmiger Amerikaner. Die Frage bleibt, ob dem Mega-Projekt des Internationalismus von Rockefellers Gnaden auch ein Opfer-Ritus zuzuordnen ist, in dem die – eventuell insgeheim forcierte – Eskalation einer Feindschaft an diesem symbolträchtigen Ort zum erwünschten Kriegsgrund wurde. Wir sehen schon auf der Ebene der Tatsachen, dass die Bush-Administration mit manipulierten Wahlergebnissen und gefälschten Kriegsanlässen ihre Agenda durchsetzte. Die Zahl der Toten im Irak und in Afghanistan ist ja noch unvorstellbar viel höher als im WTC. Und man weiß als Beobachter nicht, ob dabei letztlich ein christlich-fundamentalistischer Missionseifer oder der Milliardengewinn für Rüstungs- und Söldner-Firmen oder Ölkonzerne als Motivation überwiegt. Sehr abgründig wird es auch in der Möglichkeit, dass unter den WTC-Gebäuden Atombomben gezündet wurden. Hierzu gäbe es gute Argumente auch in einer bizarren mystischen Perspektive, die die Religionswissenschaftler Victor und Victoria Trimondi „apokalyptischen Nuklearismus“ nennen. Es ist möglich, dass die US-amerikanischen Machteliten und das, was sie mit anderen Traditionen der Macht verbindet, ihr Heil auch im Zugriff auf solche mythischen Systeme suchen. Wenn hier bewusst Massenmorde begangen werden, die man anderen ‚Opferziegen‘ – goats im Geheimdienst-Jargon – in die Schuhe schiebt, scheint man sich in Berufung auf höhere Wesenheiten und Seinsebenen besser zu fühlen. Während des zweiten WTC-Anschlags ließ sich George W. Bush in Florida von Schulkindern seelenruhig die Geschichte von einer Ziege, „The Pet Goat“, vorlesen. So sind offensichtlich die Rollen verteilt.
Hältst du es für aussichtsreich, solche Thesen zu vertreten?
Unsere Gesellschaft muss sich schließlich entscheiden, ob sie einer Logik folgen will, die eine Figur in Alfred Hitchcocks „Saboteur“ von 1942 ausspricht. Hier spielt Otto Kruger – wir hatten diesen Nachnamen gerade beim „Batman“-Bösewicht – den reichen Tobin. Und so hieß auch der Chef der New Yorker Hafenbehörde, der 1966-72 die Planung und den Bau des World Trade Center betreute: Austin J. Tobin. Der Tobin bei Hitchcock begegnet einem jungen Mann, der einen Brandanschlag auf eine Flugzeugfabrik aufklären will. Tobin hat gerade ein Telegramm seines Agenten erhalten, der für ihn die Brandstiftung durchgeführt hat, und sagt nun: „Ich bin ein bekannter Bürger, weithin geachtet. […] Nun, wem von uns, denken Sie, wird die Polizei glauben?“
>> Zu Teil 1 des Selbstgesprächs
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tja, zwar schon ein etwas älterer text, hat aber leider nichts an aktualität verloren. erschütternd und leider in vielen bereichen nicht von der hand zu weisen… zugegeben eine anstrengende lektüre wenn man verucht alle infos nachzuvollziehen. dennoch als gedankengebilde auch im alltag immer wieder mal hilfreich, man muss nur mit offenen augen und etwas kenntnis von symbolik durch die welt gehen… oder die zeitung lesen… sofern man das noch erträgt. danke!
Freut mich sehr zu hören!