Kino Okkult. Eine geheime Weltgeschichte im Zeitalter des Films 1 – 11. September 2001

Daniel Hermsdorf:
Kino Okkult

Eine geheime Weltgeschichte im Zeitalter des Films 1 –
11. September 2001

filmdenken Verlag, 491 Seiten, Broschur
19,90 €
ISBN: 978-3-9813921-1-1

Pressemitteilung und Cover in hoher Auflösung
Leseprobe: Vorwort

Die Terroranschläge von 9/11 wiederholten Bildformeln, die das Kino seit etwa 80 Jahren kennt: Doppeltürme, Flugzeugangriffe, Crashs und Explosionen. Die offizielle Version und die Verschwörungstheorien zum Hergang der Ereignisse sind wie Plots, die der Spielfilm kultiviert: waghalsige Invasoren, Doppelagenten in Regierung, Geheimdiensten und Presse, Manipulation der Öffentlichkeit durch Bilder des Schreckens.

Das 9/11-Szenario ist ein Schnittpunkt geopolitischer und weltanschaulicher Konflikte, massenmedialer Bildproduktion und zunehmender Zweifel am Realitätsstatus journalistischer Berichterstattung. Vor allem die Twin Towers des World Trade Center in Manhattan sind zu morbiden Ikonen geworden – nachdem sie bei ihrer Eröffnung 1973 als höchste Gebäude der Welt die Macht des kapitalistischen Westens symbolisierten.
Beobachter bemerkten vom ersten Schockmoment an, dass die Einschläge von Flugzeugen, wie die meisten sie zuerst auf Fernsehbildschirmen sahen, einem Action-Film US-amerikanischer Provenienz glichen. Beispiele wie „Die Hard“ (USA 1988) oder „Independence Day“ (USA 1996) liegen nahe. Aber es waren 3000 Tote zu beklagen, deren Schicksal keine Fiktion ist.
Neben dieser jüngeren Kulturgeschichte zeigen sich bei näherer Betrachtung eine Fülle von Entsprechungen, die historisch weiter zurückreichen. Sie finden sich in Spielfilmen europäischer und US-amerikanischer Produktion und sind zudem verbunden mit einer noch längeren schillernden Tradition: okkultistischen Symbolsystemen der Alchemie, Freimaurerei, des Rosenkreuzertums und der Theosophie.

Was in Daniel Hermsdorfs Buch auf diese Weise Kontur gewinnt, sind Signale geheimgesellschaftlicher Gruppierungen und bildmagischer Spieler. Sie arbeiten verstärkt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, anhebend mit Edvard Munchs Gemälde „Der Schrei“ (1892), an einer Master-Ikonografie 9/11. Neben den populären Bildwelten des Kinos besetzen sie v. a. die New Yorker Skyline mit ihren Monumenten – die in zwei Fällen zum Einsturz gebracht wurden, wie es hartnäckig wiederkehrende Motive in Spielfilmen manchmal unmittelbar, meist aber metaphorisch vorausahnen lassen.
Eine film-, kunst- und architekturhistorische Betrachtung wird damit anschließbar an die wuchernden Argumentationslinien der Verschwörungstheorie, die neben Büchern und Filmen die Materialsammlungen und Diskussionsforen des Internets bestimmen. Und sie bringt für diese ganz neue Argumente ins Spiel. Eine Reihe von Tatsachen, Lügen und Fragen sorgen hier fortgesetzt für Verwunderung: Warum blieb George W. Bush seelenruhig in einer Grundschulklasse, während er vom ersten Anschlag wusste und vom zweiten erfuhr? Was hat es mit den Attentätern auf sich, deren Passbilder ad hoc zu den most wanted men des Erdballs avancierten? Wie wäre ein inside job von US-Machteliten denkbar, der nach bekanntem Muster eine äußere Aggression für Kriegsoffensiven zum Anlass nimmt? Welche Vor-Bilder haben die von Verschwörungstheorien vermuteten Fälschungen des Ereignisses: der Austausch von Verkehrsmaschinen durch unbemannte Drohnen, die Fälschung von Bildern des Anschlags, nachträgliche Lügen über den Tathergang, die Dämonisierung eines globalen Terror-Netzwerks oder auch die unglaublich klingende These von Atombomben, mit denen die drei eingestürzten WTC-Gebäuden gesprengt worden sein sollen?
Ohne die üblichen Verdächtigen der verschwörungstheoretischen Tradition seit dem 19. Jahrhundert kann eine solche Geschichte nicht geschrieben werden: Neben den genannten Geheimgesellschaften, über die spekuliert werden muss, sind es Interessen v. a. der Wirtschafts- und Finanzelite generell. Die Rockefeller-Brüder David und Nelson als Planer des World Trade Center sind ebenso notwendig einbezogen in Erwägungen über das Ereignis wie die Dynastie von Bankern, Öl-Produzenten und US-Präsidenten der Bush-Familie oder der WTC-Pächter Larry Silverstein.
Hermsdorfs Arbeit kann als singulärer Beitrag zu einer large scale conspiracy theory gewertet werden: In paralleler detaillierter Lektüre von Filmbeispielen zeigt sich, dass nahezu alles, was an diesem Tag geschah und was im Nachhinein über ihn gemutmaßt wurde, bereits in Spielfilmen als Geschichte und bildliche Inszenierung existierte. Was hier sichtbar wird, ist ein Netzwerk von Bezügen, von Begebenheiten und Personen, in denen die Zukunft nach Art von mystischen Systemen in der Vergangenheit präfiguriert. Wenn es kein Vorwissen von diesen Taten gab, dann haben Filmemacher sie 80 Jahre lang erträumt.

Der Autor befragt sich selbst zum Buch im Blog.  » Lesen

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