Das windschiefe Denken des Prof. Butter zum Fall #Hanau – #Verschwörungstheorie
Man kann sich an jeder Verlautbarung von Prof. Michael Butter (Universität Tübingen) in derselben Weise abarbeiten … Ich tue es mir einmal wieder an.
“Die Zeit” interviewt ihn aus Anlass des Amoklaufs von Hanau – und setzt die Täterschaft des Tobias Rathjen bei diesem fraglos voraus, um dessen “verschwörungstheoretisches” Denken zu beschreiben. Zu Beginn natürlich auch erneut ein (durch Suhrkamp-Anzeigen indirekt bezahlter) Werbetrailer für Butters letzte Publikation als “das bislang wohl beste deutschsprachige Buch zu Verschwörungstheorien“.
Eine Verschwörungstheorie bietet eine bestimmte Art von Erklärung für zeitgenössische oder historische Ereignisse an. Sie behauptet, nichts geschehe durch Zufall, alles sei geplant. Irgendwo im Geheimen gebe es eine Verschwörergruppe, die die Strippen in den Händen halte und die Geschehnisse auf der Welt orchestriere.
Wie kann ein Wissenschaftler so etwas pauschal behaupten? Es lässt sich mit dem Beginn der Wikipedia zum Thema genauer beschreiben:
Als Verschwörungstheorie wird im weitesten Sinne der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem meist illegalen oder illegitimen Zweck.
In der Forschungsliteratur werden häufig Verschwörungshypothesen, die rationale, überprüfbare und falsifizierbare Aussagen über angenommene Verschwörungen machen, von Verschwörungsideologien unterschieden, die ihre stereotypen und monokausalen Vorstellungen über Verschwörungen gegen kritische Revision immunisieren. Der Begriff Verschwörungstheorie wird zumeist mit Verschwörungsideologie gleichgesetzt und daher kritisch oder abwertend verwendet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verschw%C3%B6rungstheorie
Der “Verschwörungstheorie” subsumiert Butter also dem letzten Satz entsprechend Hypothesen und Ideologien. Wissenschaftstheoretisch stehen diese im krassen Gegensatz:
Eine Hypothese (von altgriechisch ὑπόθεσις hypóthesis → spätlateinisch hypothesis, wörtlich ‚Unterstellung‘) ist eine in Form einer logischen Aussage formulierte Annahme, deren Gültigkeit man zwar für möglich hält, die aber bisher nicht bewiesen bzw. verifiziert ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hypothese
Ideologie (französisch idéologie; zu griechisch ἰδέα idéa „Idee“ und λόγος lógos „Lehre“, „Wissenschaft“ – eigentlich „Ideenlehre“) steht im weiteren Sinne bildungssprachlich für Weltanschauung. Im engeren Sinne wird damit zum einen auf Karl Marx zurückgehend das „falsche Bewusstsein“ einer Gesellschaft bezeichnet, zum anderen wird in der amerikanischen Wissenssoziologie jedes System von Normen als Ideologie bezeichnet, das Gruppen zur Rechtfertigung und Bewertung eigener und fremder Handlungen verwenden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ideologie
Butter betreibt also gleich zum Auftakt des Interviews (und konform zu seinen Veröffentlichungen) eine Begriffskonfusion. Es ist ein schwerwiegender Bruch mit Grundlagen von Wissenschaftlichkeit:
Eindeutigkeit: Da die Beschreibung in Schrift erfolgt, geht man möglichen Irrtümern bereits hier aus dem Weg, indem man in der Einleitung die verwendeten Begriffe (das Definiendum) möglichst exakt definiert (das Definiens). Die Definition selbst wird so einfach und kurz wie möglich gehalten, sodass sie von jedermann verstanden werden kann.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaft#Werte_der_Wissenschaft
An den vorausgehenden Basis-Definitionen sollte zweifelsfrei ersichtlich sein, dass die Verwirrung von Hypothese und Ideologie keine “möglichst exakte” Definition sein kann.
Im Butter-Zitat enthalten ist zudem die suggestive Formulierung, sog. Verschwörungstheorien besagten, “nichts geschehe durch Zufall”. Nun gibt es etwa das Zitat eine US-Präsidenten, das für die “Politik” genau dies besagt:
In der Politik geschieht nichts zufällig. Wenn etwas geschieht, kann man sicher sein, dass es auch auf dieser Weise geplant war.
Franklin Delano Roosevelt
https://dfg-vk-bonn-rhein-sieg.de/index.php/gedanken-zum-frieden/friedens-zitate-kurz/2596-franklin-d-roosevelt-in-der-politik-geschieht-geschieht-nichts-zufaellig-wenn-etwas-geschieht-kann-man-sicher-sein
Natürlich ist Roosevelts Äußerung ein Aphorismus und zugespitzt. Kein vernünftiger Mensch würde derlei verabsolutieren und behaupten, es gebe überhaupt keine Zufälle. Die Äußerung eines solchen Staatschefs (wie sie an seiner Stelle heutzutage keiner mehr öffentlich tätigen würde) gibt der Öffentlichkeit jedoch eine Vorstellung davon, dass es in der Politik vielfach oder sogar weitgehend um geplante Vorgänge geht – die irgendwo von irgendjemand im Vorhinein geplant werden, ohne dass anschließend diese Planung unbedingt offensichtlich würde.
Butters Formulierung negiert also einen solchen diskursiven Präzedenzfall von höchster Stelle im offiziellen Politikapparat ebenso, wie er dessen Suggestion in ihr pauschales suggestives Gegenteil verkehrt. Er denunziert alles, zu dem es ihm (und dem herrschenden Zeitgeist in den Massenmedien) beliebt, es unter “Verschwörungstheorie” zu fassen, als Äußerung, die generell fälschlicherweise eine allumfassende oder weitgehende Steuerung annehme. Nur einer kann mehr Recht haben: Roosevelt als hochgestellter Politiker oder Butter als Historiker, der Politik retrospektiv betrachtet.
In Butters nächstem Satz wiederholt sich das Spiel, statt dass er irgendeine Differenzierung anbrächte:
Irgendwo im Geheimen gebe es eine Verschwörergruppe, die die Strippen in den Händen halte und die Geschehnisse auf der Welt orchestriere.
Auch solche Aussagen sind pure Suggestion: Als gäbe es nicht viele Beispiele, an denen derlei im Nachhinein deutlich geworden wäre. Tausendfach ausgesprochen, aber von Prof. Butter ignoriert: Kein Kriminalfall würde aufgeklärt ohne das, was pauschal “Verschwörungstheorie” genannt wird. Viele Vorgänge in der Geschichte erfuhren in ihrer Darstellung Revisionen, bis man sich zumindest einer objektiven Begebenheit retrospektiv weiter annäherte, oder reflektierte Autoren schlossen stets in ihre Formulierung ein, dass es noch ungeklärte Aspekte gebe. Das Einzige, was von Michael Butter als vermeintlichem Theoretiker und systematischem Kritiker von Verschwörungstheorie verlautbart wird, ist, Letztere bestünden erstens in solchen Pauschalbehauptungen und seien zweitens pure Illusionsbildungen, die man wie eine Geisteskrankheit zu behandeln habe. Schon an diesen wenigen besprochenen Worten wird deutlich, dass Butter die Position eines Wissenschaftlers missbraucht, um unbelegte und diffamierende Pauschal-Suggestionen in den Raum zu stellen. Er ist ein Hetzer mit weißem Hemdkragen.
ZEIT ONLINE: Welche verschwörungstheoretischen Bezüge sind es genau bei Tobias R.?
Butter: Jedenfalls keine zu den derzeit populärsten, die etwa unter Rechtsextremen zirkulieren. Er verwendet zum Beispiel nicht den Terminus vom “Großen Austausch”, der bei rassistisch motivierten Attentätern in den vergangenen Jahren fast zum Standard geworden ist. Dabei handelt es sich um die Idee, die europäische Bevölkerung solle gezielt durch eine muslimische im weitesten Sinne aus der Nahost-Region ersetzt werden.
Hat Butter das diffamierende und hetzerische Label “Verschwörungstheorie” einmal mehr etabliert, kann er sein Programm weiter am aktuellen Beispiel durchgehen. Weil der Journalist Dirk Peitz nicht nachfragt, gelingt ihm dies ungestört. Butter setzt die nächsten Reizworte “Rechtsextreme” und “rassistisch motiviert”, anhand derer Leser dazu neigen werden, alles diesem Zugeordnete einem ohnehin fragwürdigen bis historisch völlig überkommenen Bereich zuzuordnen.
Der “Große Austausch” nach Renaud Camus wird zurückgewiesen und einzig als Grundlage letzthin gewalttätigen Handelns Einzelner eingeordnet. Sachfragen, inwiefern es eine “gezielte” Islamisierung Europas gebe, wird von Butter und der gesamten Mainstream-Presse nie nachgegangen. Nichts hat dies zu tun mit wissenschaftlichen Standards:
Transparenz: Die Arbeit enthält eine Beschreibung, wie die Zusammenhänge und Fakten erarbeitet wurden. Diese Beschreibung sollte so vollständig sein wie nur möglich. Darin eingeschlossen sind Verweise auf andere wissenschaftliche Arbeiten, die als Grundlage benutzt wurden. Ein Verweis auf nicht-wissenschaftliche Arbeiten wird vermieden, da dadurch das ganze Gebäude der Arbeiten ins Wanken geriete.
Objektivität: Eine Abhandlung beinhaltet nur Fakten und objektive Schlussfolgerungen. Beide sind unabhängig von der Person, die die Abhandlung geschrieben hat. Sie folgt dem Prinzip des Realismus. Bei Schlussfolgerungen wird vermieden in die Denkfalle der Scheinkorrelation zu treten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaft#Werte_der_Wissenschaft
Zur Frage der Islamisierung gibt es solche sachlich gehaltenen Prognosen:
Selbst wenn alle Formen der Einwanderung nach Europa sofort und endgültig enden würden – ein “Null-Migration”-Szenario – würde die muslimische Bevölkerung in Europa bis zum Jahr 2050 erwartungsgemäß von derzeit 4,9% auf 7,4% steigen. Das liegt daran, dass Muslime jünger sind (durchschnittlich um 13 Jahre) und eine höhere Fertilität haben als andere Europäer (durchschnittlich ein weiteres Kind pro Frau), was eine globale Entwicklung widerspiegelt.
Ein zweites, “mittleres” Migrationsszenario geht davon aus, dass alle Flüchtlingsströme Mitte 2016 enden, sich aber die “reguläre” Migration nach Europa fortsetzt (d.h. Migration von Personen, die aus anderen Gründen kommen als Asyl zu suchen). Unter diesen Bedingungen könnten Muslime bis 2050 einen Anteil von 11,2% der europäischen Bevölkerung erreichen.
Ein “hohes” Migrationsszenario sieht vor, dass die Rekordzahlen von Flüchtlingen nach Europa zwischen 2014 und Mitte 2016 auch zukünftig uneingeschränkt und in der gleichen religiösen Zusammensetzung (d.h. größtenteils aus Muslimen bestehend) unverändert bleiben, zusätzlich zum üblichen jährlichen Fluss von regulären Migranten. In diesem Szenario könnten Muslime bis 2050 14% der europäischen Bevölkerung ausmachen – fast das Dreifache des heutigen Anteils, aber immer noch erheblich kleiner als die Anteile von Christen und Menschen ohne Religion in Europa.
https://www.pewforum.org/2017/11/29/europas-wachsende-muslimische-bevolkerung/
Dies sind also Szenarien bis 2050, und sie betrachten die Ausbreitung des Islam, nicht einen weiteren bedeutenden Faktor wie die Bevölkerungs-Explosion in Afrika. (Auch wird die Religionszugehörigkeit im staatlichen “Mikrozensus” in Deutschland gar nicht erfragt, sondern ist nur von anderen repräsentativen Umfragen statistisch erfasst.)
Schon der Aspekt des gewählten Prognose-Zeitraums ist für eine historische Betrachtung wesentlich. Es ist also von der relativ kurzen Zeitspanne der nächsten 30 Jahre die Rede. Ein Autor wie Thilo Sarrazin wurde für sein Buch “Deutschland schafft sich ab” (2010) heftig kritisiert, weil er noch längere Zeiträume in den Blick nahm. Zu seinem neueren Werk “Feindliche Übernahme” (2018) resümiert das “Handelsblatt” (30.08.2018):
Auch ignoriere Sarrazin in seinen Prognosen zum künftigen Anteil der Muslime an der Bevölkerung Daten, die zeigten, dass die Geburtenrate muslimischer Zuwanderer durch Zugang zum Bildungssystem in den Folgegenerationen sinke. Das Buch sei auf „Angstmache“ angelegt, erklärte Rohe, der an der Universität Erlangen-Nürnberg lehrt.
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/feindliche-uebernahme-im-islam-ist-eine-tendenz-zum-beleidigtsein-angelegt-sarrazin-stellt-sein-neues-buch-vor/22976816.html
Das ist freilich selbst eine Annahme. Erwähnt werden an solcher Stelle nicht genozidale Kampfansagen eines Recep Tayyip Erdoğan, Europa durch fünf statt drei Kindern pro Paar erobern zu wollen.
Man findet nicht so leicht belastbare Prognosen, die sich etwa auf Zeitpunkte wie 2080 oder 2100 beziehen. Der Nutzer “Palstek” hat dies am 01.05.2018 im “Gelben Forum” einmal vorgerechnet:
Wir können dazu vorläufig festhalten, dass eine Islamisierung im Wortsinn sich erwartbar in längeren Zeiträumen vollzieht, vom Migrationsgeschehen abhängt (ebenso wie von der Verwestlichung mindestens eines Teils der Zuwanderer). (Lassen wir an dieser Stelle Exkurse etwa nach Frankreich, wo die Datenlage eine andere ist als in Deutschland, aber nicht unbedeutend für das gesamteuropäische Bild.)
Zu erwähnen ist auch noch, dass die Verteilung der moslemischen Bevölkerung weder regional noch Stadtteile von Metropolen betreffend ausgeglichen ist. Es gibt deshalb schon heute nicht-moslemische Eltern, die zu entscheiden haben, ob ihr Grundschul-Kind in eine Klasse mit fast ausschließlich zugewanderten Kindern mit ggf. eingeschränkter deutscher Sprachkompetenz gehen oder nicht (was dann Abwanderung erfordert).
Deshalb ist das Wegreden einer Minorisierung von Einheimischen für manche Teile des Ruhrgebiets oder Stadtteile von Berlin gänzlich sachlich unzutreffend. Was ein staatlich bezahlter Professor wie Michael Butter einzig und allein aus Anlass des Amoklaufs eines Psychopathen besprechen will und dabei als rechtsextreme Verschwörungstheorie des “Großen Austauschs” hinstellt, wird in allen großen Zeitungen zumindest in der statistischen Realität als Faktum dargestellt:
An den drei besuchten Neuköllner Schulen lag der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund zwischen 70 und 90 Prozent, der Anteil der Schüler mit muslimischen Wurzeln zwischen 40 und 85 Prozent.
https://www.morgenpost.de/berlin/article213999193/Eine-unbequeme-Wahrheit-ueber-Integration-an-Berlins-Schulen.html
An Butters tendenziöser Suggestion bleibt für solche Beispiele einzig und allein noch zu diskutieren, ob rechte Thesen begründbar sind, “die europäische Bevölkerung solle gezielt durch eine muslimische im weitesten Sinne aus der Nahost-Region ersetzt werden.”
Der folgende Passus im Butter-Interview ordnet den mutmaßlichen Amokläufer Tobias Rathjen weitergehend ein:
Tobias R. verweist auch nicht auf andere Dokumente und Quellen, was Verschwörungstheoretiker normalerweise obsessiv tun: Sie verlinken und zitieren geradezu im Übermaß.
Immerhin ist damit eine Abschwächung des das Interview einleitenden Satzes gegeben:
Der Täter von Hanau, heißt es, habe an Verschwörungstheorien geglaubt.
Der bisher behandelte Anfang des Interviews einschließlich des Satzes:
Der Attentäter von Hanau hat vor seiner Tat ein “Manifest” verfasst und zwei Videos aufgenommen, in denen er seine Vorstellungswelt darlegte.
… stellt das Reden über die Morde von Hanau in den Kontext von Verschwörungstheorie, während es nun heißt, der Täter sei lediglich deren Rezipient gewesen und kein elaborierter Verschwörungstheoretiker wie andere bekannte Fälle der letzten Jahre. Dies schließt im Fall von Butter die nächste Pauschalbehauptung ein, Verschwörungstheoretiker zitierten “geradezu im Übermaß”. Es wäre hilfreich, wenigstens an einem Beispiel überprüfen zu können, was damit gemeint ist.
Weiter in Butters Antworten:
Man könnte von einer Art privaten Verschwörungstheorie sprechen, wenn Tobias R. von dem angeblichen Geheimdienst berichtet, der seine Gedanken abhöre. Eigentlich ist die Idee einer privaten Verschwörungstheorie jedoch widersinnig, denn Verschwörungstheorien zeichnen sich üblicherweise dadurch aus, dass sie sozial geteilt und von mehr als einer Person geglaubt werden. Das ist ein Kriterium, mit dem man sie üblicherweise von so etwas wie paranoiden Wahnvorstellungen abgrenzt.
Der Aufhänger “Verschwörungstheorie” wird nun klandestin zerredet. Es wird mit jedem Satz deutlicher, dass im Fall von Rathjen als Täter man nicht an erster Stelle von seinen weitergehenden Motivationen, die Elemente von Verschwörungstheorien (zutreffenden oder irreführenden, wäre für einen Wissenschaftler stets zu klären) enthalten, sondern von Kriterien für seine Psychopathie sprechen sollte.
Es ist richtig, dass irreführende politisch-historische Verschwörungstheorien mit “paranoiden Wahnvorstellungen” stark korrelieren können, die individuell in unterschiedlicher Intensität ausgelebt werden können. Zur Beurteilung des “Zeit”-Interviews ist bis hierhin aber zu sagen, dass die Rede vom “wohl besten deutschsprachigen Buch zu Verschwörungstheorien” des Interviewten ein dominanter Aufhänger war, der in der Sache nach Aussage des Interviewten eigentlich unpassend ist, alldieweil “die Idee einer privaten Verschwörungstheorie jedoch widersinnig” sei, “denn Verschwörungstheorien zeichnen sich üblicherweise dadurch aus, dass sie sozial geteilt und von mehr als einer Person geglaubt werden.”
Tobias R. nun hat sich selbst offenkundig als großes Opfer einer Verschwörung betrachtet. Mich erinnert das an die Beschreibungen Sigmund Freuds vom Fall des Schriftstellers Daniel Paul Schreber, anhand dessen Freud den Begriff der Paranoia definiert hat. Schreber glaubte sich von fremden Mächten verfolgt, weil er sich für so ungeheuer wichtig, mächtig und einflussreich hielt. Ein ähnliches Selbstbild scheint in den Dokumenten von Tobias R. durch.
Statt etwas zu differenzieren wird (wie in Butters gesamter Äußerungspraxis) nur etwas inhaltlich wiederholt. Und dies ist nicht besonders originell: Schreber ist ein Hauptbeispiel der Psychologie und Kulturwissenschaften für Wahnphänomene. Freud publizierte zu Schreber 1911/12. Etwa von Emil Kraepelin wurde Verfolgungswahn 1915 systematisiert:
Kraepelin erklärte dann noch die drei Aufbaufaktoren des Wahns. Dabei handele es sich um „visionäre ekstatische Erlebnisse“, „Erinnerungsfälschungen“ und einen sich „kumulativ entwickelnden Beziehungswahn“. Diese drei Aufbaufaktoren tragen zur Wahnbildung bei und diese bewege sich zwischen Beeinträchtigungs- und Größenwahn. Es unterscheidet dann noch der Häufigkeit nach folgende Wahnformen: Verfolgungswahn, hypochondrischen Wahn, Eifersuchtswahn und Größenwahn mit seinen Unterformen Erfinderwahn, hohe Abstammung, Prophetenwahn und Erlösungswahn.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wahn#Emil_Kraepelin
Entsprechende Beispiele findet man auch in den aktuellen Lehrbüchern wie Hans Reineckers “Fallbuch der klinischen Psychologie” (erstmals 1995).
ZEIT ONLINE: Ist es also falsch, bei ihm von einem Verschwörungstheoretiker zu sprechen?
Butter: Nein. Und zwar deshalb nicht, weil das, was man da an Versatzstücken und privater Theorie findet, funktional äquivalent ist mit dem, was normalerweise Verschwörungstheorien leisten. Ganz klassisch ist in den Schriftstücken von Tobias R. etwa die Entlastungsfunktion: Man muss die Schuld nicht bei sich suchen, wenn andere schuldig sind, also die ominösen Verschwörer.
Mit dem autoritativ wirkenden Prädikat “funktional äquivalent” versieht Butter seine Einschätzung, die durchaus diskutiert werden könnte – schon den erwähnten Aufbau des Interviews betreffend, der an erster Stelle “Verschwörungstheorie” zu diesem Fall diskutiert.
Eine Theorie ist im Allgemeinen eine durch Denken gewonnene Erkenntnis im Gegensatz zum durch Erfahrung gewonnenen Wissen. In der Wissenschaft bezeichnet Theorie abweichend ein System wissenschaftlich begründeter Aussagen, das dazu dient, Ausschnitte der Realität und die zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten zu erklären und Prognosen über die Zukunft zu erstellen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Theorie
“Theorien” sind demnach die bekannten Äußerungen von Rathjen wohl nur sehr eingeschränkt zu nennen. Weder wird hier etwas “wissenschaftlich begründet”, noch werden schlüssig “Gesetzmäßigkeiten” erklärt. Es wäre vielleicht sachlicher, dass Rathjen an einem Verfolgungswahn litt, in dem Vorstellungen von Verschwörungen enthalten waren. Diese werden auch von Verschwörungstheorien besprochen – schlechten Theorien dieser Art, wenn sie mehr oder minder dieselben Unzulänglichkeiten aufweisen wie Äußerungen Rathjens. Dass es deshalb richtig sei, von Rathjen als einem Verschwörungstheoretiker zu sprechen, erschließt sich mir nicht. Es ist aufgrund des Gesagten an erster Stelle falsch und unterliegt offensichtlich einem nach wie vor schlecht begründeten Versuch Butters, alles Mögliche unter den Begriff “Verschwörungstheorie” zu zwängen und agitatorisch abzuqualifizieren. Dies entspricht eindeutig den Kriterien für schlechte Wissenschaft, wie aus den schon zitierten Basis-Definitionen ableitbar ist. Es reicht sogar selbst an den Bereich des Psychopathologischen, nämlich zur zwanghaften Begründung einer “fixen Idee”.
Dementsprechend wird von Butter pseudowissenschaftlich etwas am Gegenstand erklärt, das in anderer Weise auf ihn selbst zutrifft: “Man muss die Schuld nicht bei sich suchen, wenn andere schuldig sind, also die ominösen Verschwörer” – in diesem Fall schlechte bis wahnsinnige Verschwörungstheoretiker, deren Weltmodell nachweislich fallibel ist. Zu ggf. besseren und annehmbaren verschwörungstheoretischen Entwürfen im engeren oder weiteren Sinne (man denke nur an Carroll Quigley) äußert sich Butter meines Wissens nicht. Er ist ein cherry picker, dem deshalb mit Recht Pseudo-Wissenschaftlichkeit vorgehalten werden kann.
Dazu gehört eine erneute bloße Suggestion, “was normalerweise Verschwörungstheorien leisten”. An Butters Veröffentlichungen lässt sich leicht zeigen, dass er viele wesentliche Autoren der Verschwörungstheorie (bswp. die Ludendorffs oder Eustace Mullins) nicht oder höchstens rudimentär, interessegeleitet, fragmentiert bespricht. Dasselbe gilt für Sachkomplexe wie 9/11, zu denen nichts in der Sache ausdiskutiert, sondern das Ergebnis der Untersuchung (irreführende Verschwörungstheorie) einfach vorausgesetzt wird. Im Gebrauch eines Wortes wie “normalerweise” geht hier jede Wissenschaftlichkeit verloren – weder kann man überprüfen, welche Theorien gerade gemeint sind, noch dementsprechend, was Kriterien einer solchen Normalität sein sollen.
Später zitiert der Interviewer aus Butters Buch die Bemerkung, dass Verschwörungstheorien “schlecht erforscht” seien. Wir sehen aber, dass Butter immer wieder so spricht, als sei dies schon erfolgt und das Ergebnis durch ihn selbst lediglich mitzuteilen. Wie sein Umfeld – und wohl die Mehrheit sog. “Verschwörungstheorie-Forscher” der Gegenwart – praktiziert, ist, sich von anderen Perspektiven auf den Gegenstand einfach fernzuhalten und andere Autoren gar nicht zu Wort kommen zu lassen. Es handelt sich hierbei um weiche totalitäre Strukturen:
Eine alles durchdringende totale Ideologie, die nicht auf ein kritisches Bewusstsein, sondern auf Überzeugung setzt […].
https://de.wikipedia.org/wiki/Totalitarismus#Merkmale_des_totalit%C3%A4ren_Staates
Ich lasse hier eine Passage aus, die Rathjens zölibatäre Lebensweise betrifft. Sie gehört zum Psychogramm, aber nicht im Kern zur Frage nach Verschwörungstheorie. – Allerdings betrifft sie soziale Realitäten in einer Gesellschaft, in der derselbe Mainstream ebenso verweigert, über gleichzeitig berichtete Realitäten und Folgen von Migration weitergehend zu debattieren, wie er es im Fall von Feminismus-Folgen, Männer-Diskriminierung und Erosion der Kernfamilie tut. Wofür man sich aus allerlei Gründen nie interessiert hat, erklärt man für inexistent, anderslautende Auffassungen bringt man zum Schweigen – schlimmste wissenschaftstheoretische Merkmale.
Wo Butter elaborierter wird, demontiert er erneut die Ausgangsthese, die er teilweise wieder bekräftigt hat:
Butter: […] Die Verschwörungstheorie von QAnon wiederum ist auch nur eine neue Spielart der Erzählung vom “Deep State“, die lange, bevor Donald Trump sie für sich adaptierte, schon existierte und kursierte. QAnon sagt, die Leute müssten sich keine Sorgen machen, Trump kümmere sich schon. Sie müssten nur die Zeichen entschlüsseln, die QAnon ihnen sendet. Das ist in der Tat eine komplexe Verschwörungstheorie. Was auch der üblichen Annahme widerspricht, Verschwörungstheorien würden die Komplexität der Gegenwart reduzieren. Das stimmt zwar, indem sie etwa die Welt in Gut und Böse aufteilen. Um diese vermeintliche Zweiteilung der Welt darstellen zu können, müssen Verschwörungstheorien aber sehr komplizierte Erzählbewegungen vollführen und allerhand Verbindungen konstruieren, um die Behauptung vom einen großen Plan glaubwürdig zu machen. Genau das leisten die Schriftstücke des Täters von Hanau nicht.
Wenn es nicht “falsch” sei, von Rathjen als Verschwörungstheoretiker zu sprechen, “[g]enau das” aber “die Schriftstücke des Täters von Hanau nicht” leisten – wie ist Butters Argumentationsweise in dieser Hinsicht einzordnen? Sie ist – statt klar und differenziert – ambivalent und uneindeutig.
Seit dem Psychiater Eugen Bleuler gehört “intellektuelle Ambivalenz” zum diagnostischen Katalog.
Unter den Geisteskrankheiten ist es fast nur die Schizophrenie (Dementia praecox), deren Symptomatologie die Ambivalenzmechanismen benutzt, diese aber in so ausgiebigem Maße, daß man versucht ist, zu vermuten, es seien ausschließlich ambivalente Komplexe, die sich Zugang in die Wahngedanken verschaffen und eventuell sogar das Manifestwerden der Krankheit bedingen können.
https://www.philippdreesen.de/onewebmedia/Bleuler_1914_Die_Ambivalenz.pdf
Butter hier einzuordnen, würde zu weit gehen. Bei ihm liegt in seinen Äußerungen aber ein Mangel an Präzision vor, der im Interview die evidente Ambivalenz einschließt, jemand als Verschwörungstheoretiker einzuordnen – und dann doch wieder nicht.
Dass es politisch rechts- wie linksgerichtete Verschwörungstheorien gibt, beantwortet Butter korrekt. Zu Rathjen will er keine präzise Aussage treffen:
Ob zum Beispiel rechtsextremistische Einstellungen Menschen zu völkischen Verschwörungstheorien führen, oder ob eine Anfälligkeit für die Erzählformen von Verschwörungstheorien Menschen zu rechtsextremem Gedankengut verleiten können.
Das ist für sich genommen zum derzeitigen Stand der Ermittlungen (der sich ggf. nie verbessern wird) wohl richtig zu bemerken. Darin enthalten ist jedoch eine implizite Aussage, die sich ebensowenig begründen lässt wie eine Aussage, die hier explizit vermieden wird: Ob es allein “rechtsextremistische Einstellungen” oder “Verschwörungstheorien” gewesen seien, die Rathjen zu einem Amokläufer gemacht hätten. Dass es Lebenserfahrungen geben kann, die auch in Theorien zu Rechtsextremismus als solchem nicht vorkommen, wie erst recht deren Ursachen keine Beachtung finden, verschwindet aus solche Äußerungen abermals. Was bleibt, ist die offensichtlich nur scheinbare Gewissheit, über ein Individuum anhand verlässlicher Kriterien urteilen zu dürfen.
Das Interview geht nun wieder zu allgemeinen Thesen Butters zu Verschwörungstheorien über. Hier wird zunächst noch etwas Wissenschaftsgeschichte und Statistik referiert.
Dann erfolgt der weitere Selbstwiderspruch, der Rathjen gerade nicht als Theoretiker, sondern als Paranoiker ausweist:
Die über den 11. September gehören sicher weiter zu den am weitesten verbreiteten. Das ist auch eine der offensichtlichsten Stellen in dem Schriftstück des mutmaßlichen Täters von Hanau, als er auf 9/11 verweist. Allerdings tut er das wieder vor allem in Bezug auf sich selbst und seine Vorstellungswelt – nicht auf eine konkrete Verschwörungstheorie zu den Terroranschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon.
Butter erneuert – für den Leser fruchtbar nur in der bloßen Benennung, die man ggf. dem journalistischen Format eingestehen kann – nochmals seine pauschale Zurückweisung einer Theorie des “Großen Austauschs”.
Diese Ideen gehen letztlich in dem auf, was man im Englischen die “Eurabia Conspiracy Theory” nennt. Das ist auch im globalen Maßstab die wohl derzeit problematischste Verschwörungstheorie.
Dementsprechend erlaubt sich Butter die Einordnung als “wohl derzeit problematischste Verschwörungstheorie”. Wo dies schon einmal substanziell begründet worden sein soll, wird nicht ersichtlich. Nachdem ein türkischer Staatspräsident seine AnhängerInnen dazu aufrief, durch möglichst viele Geburten die Europäer zu minorisieren, wird von der “Zeit” zur “Eurabia Conspiracy Theory” der “Guardian” zitiert, der einen Namen wie Erdogan in diesem Kontext nicht erwähnenswert findet und, wie im vorliegenden Fall “Die Zeit” mit Butter den Hanauer Amokschützen, den Massenmörder Anders Breivik ausführlichst als Beispiel dafür behandelt, warum die Folgen einer solchen Betrachtung der aktuellen Geo- und Migrationspolitik im psychopathischen Handeln Einzelner die Zurückweisung der Beschäftigung mit dem Thema Islamisierung rechtfertige. Wenig anderes findet für Leser solcher Blätter statt.
Die Beurteilung der expansiven Bestrebungen des Islam in seinen Spielarten ist komplex. Dem Abwehrgefecht gegenüber dem Vorwurf, als “Taqiya” werde der organisierte Betrug der Ungläubigen zum Zweck der Durchsetzung moslemischer Interessen praktiziert (siehe Wikipedia oder “Islamische Zeitung”), stehen auch anderslautende Quellen gegenüber, so die Übersetzung einer arabischsprachigen Seite:
Al-Bukhari [der bedeutendste Überlieferungssammler des sunnitischen Islam; die Überlieferung sind die zweitwichtigste Quelle nach dem Koran] berichtete von Abi ad-Darda‘: ‚Wir lächeln sie an, während wir sie im Herzen verfluchen‘.
https://www.islaminstitut.de/2017/das-erlaubte-verbergen-der-wahrheit-arab-taqiya-im-islam/
Das übliche Potpourri aus angerissenen Themen und bestenfalls zur Wissenschaft erklärten Halbwahrheiten wird mit Butter fortgesetzt:
ZEIT ONLINE: Was aber auch extrem zugenommen hat, gerade in den vergangenen Monaten, sind Verschwörungstheorien zum Klimawandel. Ist dessen Leugnung grundsätzlich als Verschwörungstheorie zu betrachten?
Butter: Eigentlich immer, da die Leugnung fast automatisch mit der Annahme einhergeht, dass wir systematisch getäuscht würden. Die deutsche Gegenöffentlichkeit, auf deren Plattformen im Netz Verschwörungstheorien zirkulieren, ist jedoch sehr gespalten derzeit zwischen denen, die sagen, der Klimawandel sei real, und denen, die behaupten: Nein, das ist nur ein weiteres Komplott der Eliten gegen das Volk.
Hier geht im Hirn des Professors scheinbar wieder alles durcheinander. An erster Stelle steht eine heute im Mainstream weitgehende missbräuchliche Verwendung des Terminus “Leugnung” – im eigentlichen Sinn als Falschbehauptung des Nicht-Vorhandenseins von etwas Vorhandenem. “Die Zeit” verlinkt dazu auf einen weiteren ihrer Beiträge, der schon in der Überschrift den noch irrwitzigeren Begriff der “Klimaleugner” verwendet.
Eine solche “Leugnung” von Klimawandel klingt etwa auf “Kalte Sonne” wörtlich so:
Wer willens und imstande ist, sich mit der historischen Klima-Entwicklung unseres Planeten zu befassen, macht eine überraschende Entdeckung: sie ist beherrscht von einer Reihe langfristiger, mittelfristiger und kurzfristiger Klimazyklen.
https://kaltesonne.de/schwere-panne-beim-weltklimarat-neuer-ipcc-spezialbericht-zum-15c-ziel-blendet-naturlichen-klimawandel-komplett-aus/
Schon der Anlauftext des im Butter-Interview verlinkten Klima-Artikels zeigt, dass es nicht um das geht, was der Begriff “Klimaleugnung” bezeichnet. Er verkürzt Antithesen zum maßgeblich menschengemachten sowie CO2-induzierten Klimawandel auf die Bestreitung eines Klimawandels generell (wer mag hierfür ein einziges Beispiel nennen können?); “Klimaleugner” ist darüber hinaus als weitere Steigerung ein reiner Nonsens-Begriff, wenn es um Publizisten geht, die sich zum Klima äußern.
CO2 erwärmt die Atmosphäre. Ein Großteil der Klimaveränderungen ist menschengemacht. Diejenigen, die das anzweifeln, werden jedoch häufiger zitiert als seriöse Forscher.
https://www.zeit.de/wissen/2019-08/university-california-klimawandel-leugner-studie
An dieser Stelle sind die sachlichen Implikationen solcher Aussagen nicht zu entwirren (siehe dazu laufende Beiträge im Blog zum Klimawandel und der CO2-Debatte.)
Was deutlich geworden sein sollte, ist, dass Butter unwidersprochen eine missbräuchliche und inadäquate Sprachverwendung übernimmt und toleriert. Aus schon zitierten Basis-Definitionen widerspricht dies den Kriterien seiner eigenen Zunft.
ZEIT ONLINE: Ist dessen Leugnung grundsätzlich als Verschwörungstheorie zu betrachten?
Butter: Eigentlich immer, da die Leugnung fast automatisch mit der Annahme einhergeht, dass wir systematisch getäuscht würden. Die deutsche Gegenöffentlichkeit, auf deren Plattformen im Netz Verschwörungstheorien zirkulieren, ist jedoch sehr gespalten derzeit zwischen denen, die sagen, der Klimawandel sei real, und denen, die behaupten: Nein, das ist nur ein weiteres Komplott der Eliten gegen das Volk.
Dies zu beurteilen, würde erfordern, den Stand der Debatte realistisch abzubilden. Ob “wir systematisch getäuscht” werden, lässt sich erst abschließend beurteilen, wenn Kriterien der Falsifizierung nach wissenschaftlichen Standards tatsächlich transparent abgearbeitet sind. Das kann ich in mir bisher bekannten Veröffentlichungen (siehe vorläufig meine erwähnten Beiträge) nicht ersehen. Deshalb erscheint mir Butters Äußerung abermals als missbräuchlich – er suggeriert einen Forschungsstand, den es in dieser Form gar nicht gibt. Er bewegt sich offensichtlich innerhalb journalistischer Sensationen und politischer Slogans. Um dies zu beurteilen, müsste sich Butter jedenfalls zu genaueren Implikationen des Strahlungsantriebs durch Treibhausgase und von Langzeit-Klimamodellen äußern können, zu deren Behandlung in den weithin (auch von der Bundesregierung) angeführten IPCC-Berichten “Kalte Sonne” bemerkt:
Dabei hatte die übergeordnete UN-Organisation UN-FCCC (The United Nations Framework Convention on Climate Change) schon 1992 offiziell festgestellt, dass Klimawandel aus zwei verschiedenen Elementen besteht:
(1) change of climate which is attributed directly or indirectly to human activity that alters the composition of the global atmosphere, which is addition to
(2) natural climate variability observed over comparable time periods.
Der entscheidende 2. Teil, der beschreibt, wie die globale Temperaturentwicklung ohne anthropogene Einflüsse verlaufen wäre, fehlt beim IPCC komplett.
https://kaltesonne.de/schwere-panne-beim-weltklimarat-neuer-ipcc-spezialbericht-zum-15c-ziel-blendet-naturlichen-klimawandel-komplett-aus/
Die Grundlagen der letztgenannten Bestimmung sind wiederum indirekte Messmethoden für die weiter entfernte Vergangenheit und inkonstante Aufzeichnungen für die letzten ca. 150+ Jahre, über die kontinuierlich debattiert wird.
Mir sind keinerlei detailliertere sachbezogene Veröffentlichungen Butters zum Thema Klimawandel und “Klimawissenschaften” bekannt. Sich zu einem solchen Sachthema als Wissenschaftler zu positionieren, ohne auch nur eine rudimentäre Expertise nachzuweisen oder die eigenen Aussagen deutlich einzuschränken, könnte im schlimmsten Fall zum Prädikat der Hochstapelei führen.
Dass Butters Äußerungen in vielerlei Hinsicht in ihrer Wissenschaftlichkeit fragwürdig sind, sollte hier erneut deutlich geworden sein.
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