Eine #Hitler-Referenz in “Maps to the Stars” – #Kino #Astrologie
Der Junge soll 13 Jahre alt sein und ist ein geldgieriger Rüpel – Benjie Weiss in “Maps to the Stars” (CAN/D/F/USA 2014), gespielt von Evan Bird. – Was könnte Regisseur David Cronenberg im Sinn gehabt haben, falls er eine historische Vergleichsperson bewusst mit Bird als einem Double besetzte?
Man kann an August Kubizek denken, den Jugendfreund Adolf Hitlers. Macht das inhaltlich irgendeinen Sinn?
Geht man vom Inhalt des Films aus, wäre die Deutung ein wenig allgemein: Es geht hier um Idole der Massen, in diesem Fall aber keine politischen Führerfiguren, sondern Hollywood-Stars, die mit dem Filmtitel gemeint sind. (Vor- und Abspann zeigen grafisch vereinfachte Sterne im Wortsinn.) Allerdings gibt sich Benjie als Tyrann.
Feiner gesponnen wird dieser Konnex, wenn man die wenig bekannte Variante einbezieht, dass Adolf Hitler an die Macht der Sterne glaubte. (Ich erläutere dazu in “Saturn Hitler” eine Szene aus Kubizeks Memoiren unter dem Nachthimmel. Kubizek erwähnt Astrologie aber nicht.) Die Bedeutung eines Astrologie-Glaubens gehört zum Verdrängten dieser deutschen Geschichte. Wer nun die “Stars” als Filmtitel wählt, könnte dazu assoziieren, dass Astrologie in der Weltgeschichte für Hitler relevant war – und über Bande schließlich bei Hitlers Freund Kubizek landen. – Wie gesagt, von einer astrologischen Neigung Kubizeks wissen wir nichts – das kam mit Gewissheit erst mit Hitlers nächstem longtime companion Rudolf Heß.
Ein weiteres Argument für Cronenbergs Absichten liefert eine frühe Szene des Films, in der Jung-Schauspieler Benjie einen homophoben Ausbruch hat und seinen Manager Arnold (Joe Pingue) beschimpft. Dabei stehen die Figuren vor einigen großen Würfeln. Die Bedeutung des Kubus für den Saturn-Komplex wurde hier schon beispielhaft besprochen.
Auf den Würfeln sind große Buchstaben zu lesen, von denen im Bild nur A und H deutlich zu lesen sind – die Initialen Adolf Hitlers. Zudem ist es ein Herz-Symbol, das vor der Brust der Figur Arnold zu sehen ist. Pädophilie ist zwar kein Thema in Cronenbergs Abgesang auf die Traumfabrik. Sie gehört aber eindeutig zu den realen Umständen dessen, was in diesem Film geschildert wird: eine Unterhaltungsindustrie, in der Kinder jede Kindlichkeit verlieren und verfrüht in Erwachsenen-Rollen des Geschäftsmenschen, Drogen-Konsumenten oder Sex-Symbols rutschen.
Auf dem obersten Würfel ist dann noch ein Schmetterling zu sehen, der sich als Zeichen für das geheimdienstliche MK-Ultra-Programm der CIA eingebürgert hat.
So fügt sich die visuelle Konstruktion bei Cronenberg auch in eine Verschwörungstheorie der Mind Control, die an Hitler – nicht zuletzt vielleicht mit astrologischen Prognosen – ausgeübt worden sein könnte.
Auch für das Saturn-Sigill findet sich eine abgewandelte Anwendungsform als Raute in der Innenausstattung von Cronenbergs Set-Designerin Carol Spier.
Hier ist daneben einer der Bildschirme-im-Bild zu sehen. Auf diesen Flatscreens laufen Filmszenen in Schwarz-Weiß, die filmische Produktion inmitten der Schauspieler-Filmfiguren noch etwas weiter der filmischen Realität entrücken.
Cronenberg legt mit historischen Verweisen und Saturn-Symbolik also eine weitere Ebene über das groteske, von Satire in Tragödie kippende Geschehen seines Films. Dass dies die Stoffwahl eines zu diesem Zeitpunkt 71jährigen Filmemachers ist, sollte zu denken geben. Das so häufige “Nee passt schon” des Kultur-Journalismus wirkt demgegenüber umso befremdlicher.
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