#Fußball-Reform – es kommt darauf an, wer nicht gehört wird

Das folgende “Jung & Naiv”-Interview mit Hans-Werner Sinn gibt mir Gelegenheit, auch dies noch aus meiner Erinnerung zu kramen: Gleich im Zusammenschnitt zu Beginn ist Sinns Idee zu hören, dass die Fußball-Bundesliga ihrem Geld-Wahn und den Dauer-Siegen des FC Bayern München nur entkommen könnte, wenn sie eine Residenzpflicht für Spieler einführen würde:

Diese Idee hatte ich vor Jahren auch schon einmal ausgearbeitet und einer größeren Zeitungs-Redaktion angeboten. Die Antwort: mein Artikels sei “unjournalistisch”.

Naja, wichtig ist das Thema scheinbar nicht. Seitdem wurden wir u. a. mit der großen Oper um Uli Hoeneß beglückt, der die Farce um die geldgetriebenen Siege der Bayern auf neue absurde Höhepunkte trieb, einschließlich “emotionaler” Versöhnungen.

Mir muss man nicht erklären, dass der Fußball in seiner jetzigen Form ein Wirtschaftsfaktor ist und auch psychopolitische Funktionen erfüllt. Ich habe gemerkt, dass das, womit man mehrheitlich ablehnende Reaktionen von Lesern und Zuschauern erhält, Kritik am (über)kommerzialisierten Fußball-Betrieb ist.

Gravierend ist das Thema durchaus, denke ich – das betrifft an sogar erster Stelle den Faktor Zeit. Hoeneß und seinesgleichen sind Vampire an der kollektiven Lebenszeit, die sie in immer größeren Chargen in sich hineinfressen.

Der Rest ist absurdes menschliches Treiben, eine Fixierung auf Unwesentliches, und, im Fall der Ablösung von lebendigem sportlichem Wettbewerb hin zum (auch in der Branche so angesprochenen) Handel mit quasi-leibeigenen Multi-Millionären und Transfer-Summen, hoffnungslos eskalierten, falsch verstandenen und (mafiös) organisierten Markt-Prinzipien.

Also: Was Hans-Werner Sinn hier sagt, hatte ich schonmal ausgearbeitet, es wollte aber niemand hören. Ich kann nur nicht erkennen, dass die kritiklos hingenommenen Grundlagen etwas hervorbrächten, was die Kritik nicht verdiente. Sie wird von den Beteiligten lediglich halbherzig sogar selbst geäußert und verlängert ein aufpoliertes Elend, in dem Menschen etwas bejubeln sollen, das sie teuer bezahlen, um festzustellen, dass das, was sie bejubeln, ohne ihre Bezahlung so nicht zustandekommen würde und dass dies auch gar nicht dasjenige ist, was sie bejubeln wollen: Leistung, die aus sich selbst herauskommt und nicht durch Manipulationen in Extreme gesteigert ist, die sich über wenige Jahrzehnte hinweg völlig vereinseitigen (immer nur denselben Sieger hervorbringen, während von allen Vermarktern und Journalisten nach Kräften angeblicher “Wettbewerb” suggeriert wird).

Wer dabei noch mitmacht, den verstehe, wer will.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

Kommentar verfassen

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung