Chancen des Films: leseunfähige Bürger
Wenn die herrschende Bildungspolitik so weitergeht, sind Artikel wie dieser im “Spiegel” (12.12.2017) prophetisch. Wo unter der Ägide von Özoguz & Co. schnell in Vergessenheit gerät, was man alles so braucht in einer Industriegesellschaft, werden schon tiefere Kulturstufen deutlich sichtbar, die wird nun gemeinsam begehen dürfen.
Ein Pädagoge kommt bei seiner schulischen Arbeit laut diesem Artikel zu dem Schluss:
In einer Gruppe beschloss Knüfken, nur noch Videos zu zeigen, mehr sei nicht möglich, dachte er.
In einem weiteren Satz steckt die Realität dessen ab, was unter freundlicher Beratung heute massiv Wirklichkeit wird und die nächsten Jahrzehnte des Schulwesens und der Kultur insgesamt mitbestimmen wird. Die Schüler überforderten die Lehrer, …
Weil sie sich so grundlegend anders verhalten, als es die meisten Pädagogen aus ihrer eigenen Biografie mit Gymnasium, Studium und Reihenhaus kennen.
Die Ursachen solcher Entwicklungen werden in einem Folge-Artikel von gestern zu einem Brandbrief der Lehrerschaft an einer Gemeinschaftsschule benannt:
Die Lehrer wissen offenbar schon lange nicht mehr, um wen sie sich zuerst kümmern sollen: Um die 67 der 326 Schülerinnen und Schüler, die laut dem Bildungsministerium als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind und erst mal Deutsch lernen und ankommen müssen? Um die 14 Prozent der Schüler, die als Inklusionskinder einen besonderen Förderbedarf haben?
Unter der Hand ist aus der Schule zu erfahren, dass die Probleme vor zwei Jahren begannen, als die Inklusionsverordnung in Kraft getreten sei. So richtig möchte sich aber derzeit niemand äußern, trotz Dutzender Anfragen bei Schülern, Eltern und Lehrern.
Dazu habe ich so meine eigenen Erinnerungen. Vor Jahren hörte ich ein Referat zweier Uni-Mitarbeiter in der Pädagogik zum Thema Inklusion. Sie folgten argumentativ dem in den Institutionen verbreiteten Willen, behinderte Schüler in Regelschulen einzugliedern. Ich fragte unvorbereitet einen der Referenten, ob ihm schon empirische Erhebungen zum Thema bekannt seien. Wenn ich mich richtig erinnere, verneinte er. Ich las erst anschließend in der “Wikipedia”, dass es schon zu diesem Zeitpunkt Studien gab, die die Verschlechterung schulischer Standards durch Inklusion feststellten. (Im aktuellen Eintrag finde ich derlei nicht mehr.)
Solche Ideen können nach meiner Auffassung nur Menschen in die Welt setzen, die selbst wenig gründlich gelernt haben – sonst wüssten sie, dass dabei keine Ablenkungen zu dulden sind. Der Schub an Zuwanderung mit nicht-deutschsprachigen Kindern und Eltern ist damit kaum vereinbar. (Mein Artikel hier zeigt natürlich nur die negativen Seiten auf. Aber erfolgreiche pädagogische Konzepte, so sagen doch die Betroffenen selbst, sähen anders aus.)
Ich muss die romantischen Ideen und Menschenbilder hier nicht erklären, die sich bei politisch Verantwortlichen bahnbrechen. Sie stellen so ungefähr das Gegenteil des Denkens jener Eliten dar, die das Agenda-Setting betreiben, das schließlich zu dieser Haltung geführt hat.
Das ist eine Erfahrung, die in den nächsten Jahren millionenfach gemacht werden wird – zu bemerken, dass “sie sich so grundlegend anders verhalten”. Beim endlosen Reden von “Alterität” wurden scheinbar keine Realitäten wahrgenommen, die es einen schon früher hätten wissen lassen können, was gerade Lehrern in unseren Schulen widerfährt – und was qua Masse, Rechtssituation und vollzogenen Änderungen nicht einfach zu korrigieren ist.
Dann werden halt nur noch Videos geschaut. Zu den Suchergebnissen für “Alterität Kultur” steht gleich auf der ersten Seite ein Zitat aus einem aktuellen kulturwissenschaftlichen Buch zu der TV-Serie “Game of Thrones”:
Die augenscheinliche differenzierend-schematisierende Funktion der Mauer, hier die Kultur mit ihren Dynastien, dort die Natur mit ihren Wildlings ist so offensichtlich, dass sie beinahe selbstexplikativ ist. GOT stellt Alterität als Thema aus und entblößt diese in voller Explizität.
(Mario Grizelj, “Beyond the Wall. Alteritätsdiskurse in GOT”)
Letzte Kommentare