Die nächste Verschwörungstheorie: Max Otte

An ihren Taten sollt ihr sie erkennen – das gilt auch für Spekulanten. In der „Frankfurter Rundschau“ vom 13.07.2012 gibt der Wirtschaftswissenschaftler Max Otte ein Interview, in dem er Gründe und Verlauf der Euro-Krise folgendermaßen beschreibt:

Sicher, der Schuldenschnitt für Griechenland hat sie einiges gekostet. Aber gleichzeitig kassieren die Gläubiger der Euro-Staaten laufend die teilweise extrem hohen Zinsen auf Staatsanleihen. Die Politik tut alles dafür, dass diese Zinszahlungen weiter fließen. An den Bevölkerungen wird gespart, das Lohnniveau gedrückt, die Steuern werden erhöht, damit genug Geld für Zinsen da ist. Auch die sogenannten Hilfspakete für Griechenland helfen ja nicht den Griechen, das Geld fließt direkt an die Gläubiger. Den Preis bezahlen die Bürger Europas.

Wie in meinem Hinweis auf einen Vortrag von Heiner Flassbeck liegt hiermit die Schilderung eines renommierten Experten vor, die für die gegenwärtige Situation und den ESM exakt das beschreibt, was im Mainstream-Jargon „Verschwörungstheorie“ genannt wird: Gezielte Ausbeutung der Allgemeinheit durch Machenschaften einer Elite, die mit einer gewissen Planmäßigkeit und in gegenseitiger Absprache vorgeht.

Solche Personenkreise und Mechanismen müssten von Journalismus und Wissenschaft ausführlichst und zeitnah dokumentiert und kommentiert werden. Bisherige Erfahrungen lassen jedoch vermuten: Wir werden weiter eine missbräuchliche Sprachverwendung sehen, die Bürgern suggeriert, in einer von Mitbestimmung und Transparenz geprägten Gesellschaft zu leben. Und die von Otte angesprochenen Dynamiken werden sich weiter fortsetzen: mehr zentralistische Steuerung durch eine zunehmend intransparente EU-Bürokratie, die zum Vorteil von Finanzmarkt-Akteuren Geldmengen nominell erhöht und in ungerechter Weise umverteilt: vom Arbeitslohn zum Spekulationsgewinn zur Staatsschuld.

Nach diesen Erfahrungen ist es auch nur eine Frage des Wie, was eine Fortsetzung dieser Praxis nach einem weitergehenden, von Otte seinerzeit prophezeiten ‚kommenden Crash‘ betrifft.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

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