Jörges lobt #EZB-#Draghi über den grünen Dollar

Es sei einmal vermerkt als eine gewisse Kuriosität des journalistischen Betriebs: In seinem Video-Editorial für den „stern“ vom 19.03.2014 nimmt Chefredakteur Hans-Ulrich Jörges den Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi, sehr vehement in Schutz.

Das ist in den letzten Monaten bis Jahren wohl kein allzu häufiges Phänomen. Draghi hat einen undankbaren Posten inne. Es ist schwierig zu ermessen, wie sich so etwas von innen her anfühlt – an den seriositätsmäßig hochgerüsteten Auftritten einer Person wie Draghi ist das in keiner Weise abzulesen.

Ebensowenig abzulesen ist, für wie seriös man in Führungsetagen der EZB die eigene Geldpolitik hält. Wer in die alternativen Öffentlichkeiten des Netzes lauscht, hört zu Personen wie Draghi viele heftige Prädikate: „Die Kaste der Lügner und Betrüger“ („Forum Romanum“), „Lobbyist und Gauner“ („politikforen.net“), „Ponzinocchio“ („Aktionsbündnis Direkte Demokratie“).

Von derlei Impressionen scheint Jörges also völlig unbeleckt. Er kommt hier offensichtlich einer Funktion nach, für die Medienkritik und -wissenschaft nach Jahrzehnten irgendwann einmal einen Begriff definieren müssten. Diese Definition hängt freilich von der Bewertung einer Person wie Draghi ab.

Wer nicht der märchenhaften Draghi-Eloge eines Jörges für die Leser seiner Illustrierten glaubt, findet auch in den etablierten Presseorganen eine überbordende Fülle, die an der Seriosität des EZB-Betriebs tiefgreifende Zweifel aufkommen lassen. Bei Günther Lachmann in der „Welt“ (12.12.2012) klingt das etwa so:

Die Europäische Zentralbank (EZB) darf der Öffentlichkeit aufschlussreiche Papiere über die Entstehung und die Systematik der Finanz- und Schuldenkrise vorenthalten. Das besagt ein aktuelles Urteil des Gerichts der Europäischen Union.
Unter anderem geht es um ein von Experten der EZB angefertigtes Dossier, das jenes Währungsgeschäft untersucht, mit dem die US-Bank Goldman Sachs dem griechischen Staat in den Jahren von 1998 bis 2001 den Eintritt in die Euro-Zone ermöglichte. Das Dossier könnte mögliche Manipulationen aufdecken.

Draghi selbst war 2004/05 Vizepräsident von Goldman Sachs in London. Bereits in mehreren Etappen manövriert er seit 2011 die EZB durch die Schulden-Stürme – für alle, die nicht verblödet sind und/oder meinen, als Nicht-Milliardäre auf irgendeine Art der Zuwendung und Fürsorge von Seiten der Geld-Elite hoffen zu dürfen, ist die Fadenscheinigkeit all dieser Initiativen recht offensichtlich. Das Prinzip lautet „Mal so“, dann „Wieder anders, wenn es nicht mehr anders geht“. Mehr Weisheit steckt nicht dahinter. Aber es lohnt sich – auf Dauer wohl nur für einige wenige.

Dass an Draghi bisher ein Verhaltensmuster zu erkennen war, das die weiter oben zitierten wenig rühmlichen Beinamen rechtfertigt und wenig Gutes hoffen lässt, findet man etwa in Zeilen wie diesen („Vorarlberg Online“, 29.01.2015):

Er selbst kam in den 90-er Jahren zu Goldman-Sachs. Zuvor verscherbelte er italienische Unternehmen vielfach zu Ramschpreisen an Investoren und Banken. Doch Mario ist nicht der einzige Draghi, der in der Branche Karriere machte. Sein Sohn Giacomo arbeitet als Zinshändler für Morgan Stanley. Pikant: Seit Mario Draghi EZB-Ratsmitglied und anschließend Präsident wurde, liefert Morgan Stanley laut “Handelsblatt” treffsichere Analysen über die Zinspolitik der EZB. Damit verdiente die Bank bereits Milliarden mit Euro-Derivaten.

Es scheint sich also um sehr nette Leute zu handeln – nett jedenfalls zu sich selbst. Auch das „Handelsblatt“ sieht Draghi aufgrund seiner Niedrigzins-Politik als „Plünderer des Spargroschens“. Was das bedeutet, wird erst über etwas längere Zeiträume klar, an deren Anfang wir stehen.

Ein führender medialer Begleiter wie Jörges lässt seine Leser und Zuschauer über derlei offensichtlich im Unklaren. Seine Perspektive schnurrt zusammen auf einen Moment der Gegenwart, in der Draghi in einem fortgesetzten Ausnahmezustand tut, was er angeblich tun muss. Was er selbst im Vorhinein hätte verhindern können und was dies als Schluss über seine Person zulässt, wäre die eigentliche Frage für Journalisten. Herr Jörges hat sich offensichtlich für einen anderen Schluss entschieden.

(Zum okkultsymbolischen Hintergrund der Personalie Mario Draghi siehe „GesichterWissen – Thema: Finanzkrise“.)

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

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