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Der Kopp-Verlag erreicht mittlerweile die Auslagen von Buchhandelsketten – bemerkenswert bei einem Sortiment, das z. T. als Verschwörungstheorie in vergangenen Jahren höchstens auf randständigen Websites beworben wurde.
Mit einer aktuellen Website nebst Web-TV-Nachrichten geht Kopp nun in die Online-Offensive. Die alternative bis konspirationistische Weltdeutung seiner Buchpublikationen wird in das Format aktueller Artikel (größtenteils von Autoren des Hauses) und einer Nachrichtensendung mit „tagesschau“-blauem Hintergrund überführt. Die Entsprechung zum öffentlich-rechtlichen Organ verstärkt Eva Herman als Sprecherin, die durch ihre Buchveröffentlichungen beim Staatsfunk in Ungnade fiel.
Antje Hildebrandt beginnt auf „Welt Online“ am 09.06.2010 sogleich das Abwehrgefecht, u. a. mit dem Vorwurf, Herman verlese hier „Bandwurmsätze, die jede Nachrichtenredaktion ihrem Volontär um die Ohren gehauen hätte.“ Sieht man sich das besprochene Format an, will das nicht recht einleuchten. Frau Herman wirkt zwar etwas verbiestert, und man weiß nicht genau, ob dies an dem ausgiebigen Schlechte-Laune-Programm der Nachrichtenauswahl liegt oder an ihrem Gefühl, in den ärmeren Produktionsbedingungen des Netz-Gebroadcaste vielleicht doch definitiv eine Liga abgestiegen zu sein.
Das ändert aber nichts daran, dass derlei mindestens einen interessanten Versuch darstellt, den common sense der traditionsreichen TV-Sender zu pluralisieren. Schließlich gibt es immer mehr und anderes, was berichtenswert wäre, und eine Reihe von Medienkritiken der letzten Jahre (am bekanntesten die von Walter van Rossum) haben gezeigt, wie wenig unumstößlich die Wahrheiten in der angeblich „ersten Reihe“ sind.
Schaut man sich Frau Hildebrandts eigenes redaktionelles Umfeld an, finden sich hierfür auch schnell Beispiele. Michael Kirchberger beweist – ebenfalls am 09.06.2010 – in der Auto-Rubrik von „Welt Online“ seine kritische journalistische Distanz. So sieht er bei einem VW-Golf-Prototypen mit Elektromotor „eine ganze Reihe pfiffiger Ideen, die bei der elektrischen Mobilität Effizienz und Fahrspaß garantieren.“ Nach allerlei Testsprech folgt dann die verhohlene Ernüchterung:
VW geht davon aus, dass sich die Preise für Lithium-Ionen-Akkus in den nächsten vier bis fünf Jahren um etwa die Hälfte auf weniger als 200 Euro je Kilowattstunde reduzieren werden. Weitere Fortschritte sind erst von Batterietypen wie etwa Metall-Luft-Akkus zu erwarten, die zurzeit jedoch lediglich als Labormuster erforscht werden. Sie dürften auch mit kürzeren Ladezeiten auskommen. Bis dahin gilt der Regelsatz, der zur Krux der Elektromobilität wird: Eine Zapfpistole für Dieselkraftstoff fördert in der Minute bis zu 50 Liter, was eine Reichweite von etwa 1000 Kilometer ergibt. Beim Laden einer Batterie reichen 60 Sekunden lediglich für einen Kilometer.
Im „Deutschlandradio“ heißt es bei Sönke Gäthke zu den „Fortschritten“ als „Labormuster“ bei Kirchberger zum Vergleich:
Allerdings hält Wolfgang Steiger von VW das Ganze noch für Grundlagenforschung. Und auch Jens Tübke wagt noch keine Prognose, wann die ersten kommerziellen Metall Luft Akkus auf seinen Prüftisch kommen.
“Ich hoffe, ich erlebe es noch in meiner Berufslaufbahn, solche Zellen wirklich mal von einem kommerziellen Anbieter auf den Prüfstand zu bekommen. Man könnte sagen, dass wir 2015 vielleicht funktionierende Prototypen aus den Laboratorien bekommen, die man schon mal in Versuche reinnehmen kann, wann das Ganze kommerziell angeboten werden kann, ist schwierig zu beantworten.”
So geht es schon etliche Monate in den Mainstream-Medien, die sich von den Werbeanzeigen und -spots der Autoindustrie nicht davon abhalten lassen, eine der wenigen Hoffnungen zu nähren, die Individualverkehr nach derzeitigem Kenntnisstand hat: Strom statt Benzin. Suchen Sie einmal selbst nach Artikeln über Lithium als Rohstoff, und Sie werden eine Reihe von Folgeproblemen bemerken, auch wenn Technikoptimisten sie als Herausforderung formulieren. Das Fraunhofer Institut etwa prognostiziert eine Erschöpfung der bisherigen Lithium-Ressourcen bis 2050. Für die Zeit danach heißt es:
Vorsorglich empfehlen die Wissenschaftler deshalb, frühzeitig ein Recyclingsystem für Lithium aufzubauen sowie langfristig an der Entwicklung alternativer Batterietypen zu arbeiten, die ohne Lithium auskommen. Es ist auch in Betracht zu ziehen, dass Lithium nur in wenigen Ländern vorkommt, von denen einige in politisch instabilen Regionen liegen. Deshalb sind trotz ausreichender geologischer Vorkommen Versorgungsstörungen nicht völlig auszuschließen. Hinzu kommt, dass diese Vorkommen häufig in bislang weitgehend unberührten Ökosystemen, wie Salzseen in Südamerika und China, zu finden sind.
Die Forscher des Fraunhofer ISI geben auch zu bedenken, dass Lithium nicht der einzige Rohstoff ist, der für Elektromobile benötigt wird. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Versorgungssicherheit weiterer Rohstoffe für die Elektromobilität zu prüfen. Dazu gehören beispielsweise Kobalt für Batterien, Kupfer für die Wicklungen in den Elektromotoren, Indium für Displays und Neodym für den Einsatz bei Magneten in Elektromotoren.
Da gilt es also stets eine Reihe von Unwägbarkeiten zu bedenken. In der Praxis gut bezahlter Print-, Web- oder TV-Journalisten klingt dies jedoch – Zeichen- und Zeitbegrenzungen sei vermutlich Dank – meist anders. So gerade schon bei der „Welt“ gesehen, oder erinnerbar aus einer „tagesschau“ vom 15.09.2009. Darin Ingo Nathusius von der Internationalen Autoausstellung (IAA): „Batterien leichter zu machen und ein System zum Laden und Tauschen aufzubauen, scheint bald machbar.“
Die gestern vom rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) als „Meilenstein in der Medienpolitik“ bezeichnete vereinheitlichte GEZ-Gebühr pro Haushalt ab 2013 sollte unter dem Konkurrenzdruck alternativer Berichterstattungen auch daraufhin überprüft werden, ob die von ihr Begünstigten sich eher an schwer verdauliche Fakten oder wohlklingende Wunschträume halten. Aber selbst, wenn sie sich des Lobbyismus entledigten – verdienen „tagesschau“-Redakteure in Zukunft nicht auch stets und effektiv an Kopps Hermaniaden oder jedweder Video-Bloggerei mit, die den Content auf diversifizierten Endgeräten liefern?
Eine Antwort
[…] Und wofür man Strom vielleicht notwendiger braucht, wenn er nicht mehr aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird, ist damit auch noch nicht beantwortet. (Die gedankliche Schleife etwa zur begrenzten Praktikabilität von Batterien, die für Elektroautos benötigt werden, hatten wir hier schonmal.) […]