Wird Kahn der echte neue Netzer?
Im kommerzialisierten Dornröschenschlaf wurde die hier zuvor besprochene Nebentätigkeit des Sportrechtevermarkters Günter Netzer (Agentur „Infront“) im öffentlich-rechtlichen Fernsehen weder von der Presse noch von Sendergremien besonders beachtet – geschweige denn kritisiert oder eingeschränkt.
Die „Bild“-Zeitung scheint sich deshalb in einer Phase der Desorientierung zu befinden, da sie derlei tatsächlich einmal vermeldet – mal wieder als „Wirbel“ bezeichnet, obwohl es hier um wesentlich kleinere Größenordnungen geht.
Ex-Torwart und Kommentator Oliver Kahn wird in einem Artikel vom 09.07.2010 nun dafür kritisiert, dass an der ZDF-Berichterstattung zur Fußball-WM 2010 auch das Internet-Portal www.fanorakel.de („Die Stimme der Fans“) beteiligt wurde, das ihm zu 20% gehört:
ZDF-Fernsehratsmitglied Dr. Michael Lohse (56) zu BILD: „Dass Kahn als ZDF-Experte auftritt und gleichzeitig geschäftlich mit der Sendeanstalt verknüpft ist, geht gar nicht. Ich werde das bei der nächsten Sitzung zur Sprache bringen.“ Auch Fernsehrätin Doris Pack (68) kritisiert: „Man darf solche Dinge nicht vermischen.“
Die Wirklichkeit muss man sich – darin ähnelt die bundesrepublikanische Gegenwart Berichten aus unfreieren Regionen – auch in einer vermeintlich ‚freien Presse‘ zwischen den Zeilen zusammenlesen, bzw. hier in Gegenüberstellung von redaktionellem Bericht und Werbung: „bild.de“ platzierte in einer Anzeigenschaltung vom 10.07. rechts neben dem zitierten Bericht eine Werbung für ein WM-Tippspiel mit Günter Netzer – dieser nun in seiner Funktion als Werbemodel für die „Allianz Global Investors“:
Dieses Engagement des wegen seiner Management-Zugehörigkeit bei „Infront“ nur vermeintlich unabhängigen Fußball-„Experten“ Netzer folgt auch im Fall „Allianz“ nicht bedingungslos den Interessen des Millionenpublikums, das Netzer v. a. als Kicker kennt.
Am 20.06.2007 lautete die Diagnose im „Focus“ noch:
Viele haben ihm vertraut, als er ihnen seit 2003 (der schlimmsten Krise des Deutschen Aktienindex Dax) Fonds empfahl, mit denen die Anleger vermeintlich nur gewinnen konnten. Er warb multimedial für die Produkte mit klangvoll-modernen Namen wie „Absolute Return“ und „Total Return“, entstanden in den Wortschmieden der Marketing-Marktschreier des Hauses Allianz. […]
Das Plus („Return“) schmolz wie Butter unter der Zins-Sonne. Zuerst krebsten die Allianz-Produkte noch knapp über der 1-Prozent-Linie, seit 2007 rutschten sie sogar ins Minus. Die Anleger schauten, erstarrten – und flüchteten aus den Flopp-Fonds.
Das „Handelsblatt“ vermeldet am 08.07.2010 immer noch, wenn auch in verhalten-diplomatischem Ton:
Im relativen Performancevergleich haben die Aktienprodukte Aufholbedarf. Laut Feri Eurorating haben lediglich 29 Prozent der hier zu Lande angebotenen Allianz-Aktienfonds eine gute Note, während bei den Anleiheprodukten immerhin 44 Prozent gut wegkommen.
Aber wenn nichts mehr hilft, wird Netzer wohl auch in kommenden medialen Auftritten (so eine Andeutung gegenüber dem „Spiegel“) im Konzert mit allen anderen unabhängigen Berichterstattern die Hoffnung auf neue Siege u. a. der deutschen Nationalmannschaft schüren – auf dass ein zahlendes Publikum z. B. die des öfteren von Netzers Firma vermittelte Bandenwerbung nicht aus den Augen verliere.
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