Merkels Wunsch und die Realität innerer Unsicherheit
In ihrer heutigen Rede vor dem Bundestag mahnt Angela Merkel an, Fakten dürften in der politischen Debatte nicht “beiseite gewischt oder ignoriert werden”. “Die Welt” (07.09.2016) titelt mit ihrer Botschaft: “Deutschland wird Deutschland bleiben – mit allem, was uns lieb ist”.
Auf derselben Startseite der “Welt” findet sich noch ein anderer Artikel, der in der Liste “Meistgelesen” auf Platz 1 landet: “Dortmund – Polizisten von Menschenmenge umringt und beschimpft”:
“Die Polizei Dortmund musste in der jüngsten Vergangenheit gehäuft das Phänomen registrieren, dass sich Personengruppen bei Einsätzen “zusammenrotten” und versuchten, Einfluss auf polizeiliche Maßnahmen zu nehmen”, heißt es in der Pressemitteilung.
Kein örtlich beschränktes Phänomen: Auch in Berlin gab es in den vergangenen Wochen mehrmals Berichte über Menschenmengen, die Polizeieinsätze behinderten.
Dies sind für mich Anzeichen, dass die erklärten Absichten der Kanzlerin mit der Wirklichkeit und vielem daran Absehbarem nicht übereinstimmt. Massenhafte Zuwanderung von Menschen, die die bestehende Rechtsordnung ihres Gastlandes nachrangig behandeln, muss recht zwangsläufig zu einem Verlust von Sicherheit führen. Und nichts anderes lässt sich ablesen an Umfragewerten, die schon seit Jahren öffentlich zugänglich sind. Ich zitierte einmal die “Deutsch-Türkischen Nachrichten” (02.05.2013):
Eine Mehrheit der Muslime weltweit wollen die Scharia in ihren Ländern umgesetzt sehen. Wie sie angewendet werden soll, darüber sind sie sich allerdings nicht einig. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung des Pew Research Center. Die Studie mit dem Titel „The World’s Muslims: Religion, Politics and Society“ wurde am 30. April dieses Jahres veröffentlicht. Durchgeführt wurde sie in den Jahren 2008 bis 2012 unter 38,000 Menschen in 39 Ländern. Das berichtet die türkische Zeitung Hürriyet.
Die Konsequenzen aus dieser Konfrontation von Anspruch und Wirklichkeit einer Multikultur sind folgenreich.
Es hilft hier auch nichts, wenn Merkel sich in diesem Zusammenhang auf eine angebliche Besonnenheit und Mäßigung ihrer eigenen Positionen beruft. Ein öffentlicher Diskurs zum Thema wird nicht nur ‘unsachgemäß’ schärfer. Er geht vielmehr aus von täglichen Nachrichten, die die Probleme dokumentieren, die Massenmigration verursacht.
Merkel erweckt schon lange den Eindruck, dass sie hierbei von Kriterien ausgeht, die nicht transparent sind. Sie suggeriert, “Lösungen” (so ihr heutiger Redentext) für etwas zu haben, für das es schon in kleinerem Maßstab unter günstigeren Bedingungen seit Jahrzehnten de facto gar keine Lösung zu geben scheint. So kann man in einer Veröffentlichung der “Deutschen Islam-Konferenz” von 2009 lesen:
Differenziert man nach erster und zweiter Migrantengeneration gilt bei allen Herkunftsregionen, dass die nachkommende Generation deutlich häufiger als ihre Elterngeneration das deutsche Schulsystem mit einem Schulabschluss verlassen. Dieser Bildungsaufstieg in der zweiten Generation gilt insbesondere für die muslimischen Mädchen und Frauen. Trotz dieser positiven Entwicklung legt die relativ hohe Quote an Schulabgängern ohne Abschluss und der vergleichsweise niedrige Anteil an Abiturienten unter den Muslimen weiter bestehende Bildungsdefizite offen.
Angesichts der großen Unterschiede unter den Muslimen je nach Herkunftsland, wird deutlich, dass kein direkter Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zur muslimischen Glaubensgemeinschaft und der Bildung besteht. Vielmehr spielen historische Gegebenheiten und die Gründe, aus denen die Menschen migriert sind eine entscheidendere Rolle für den Bildungserfolg. So stammen muslimische Familien, die im Rahmen der Anwerbung von Arbeitsmigranten beispielsweise aus der Türkei oder Marokko nach Deutschland gekommen sind, überwiegend aus bildungsfernen Schichten.
Hinter den Bezeichnungen “je nach Herkunftsland”, “historische Gegebenheiten” und “Gründe, aus denen die Menschen migriert sind”, verbergen sich komplexe Realitäten, bei deren Bearbeitungen man mit einem an erster Stelle auf politische Korrektheit gebürsteten Instrumentarium schnell an Grenzen stößt. Was etwa kommt dabei heraus, wenn man die Zusammenfassung der “destabilisierenden Auswirkungen westlicher Interventions- und Destabilisierungspolitik (Irak, Libyen, Syrien etc.) […], deren seismische Erschütterungen bis tief in den afrikanischen Kontinent reichen” (“Sezession”, 20.08.2015), in ihre konkreten Einzelheiten zurückübersetzt?
Dass hierbei ein gewisses “Deutschland” die Hauptverantwortung trägt, wage ich zu bezweifeln. Und selbst dort, wo sich dafür Argumente bieten, gibt es noch reichlich Klärungsbedarf. Ich hoffe einmal – alternativlos, aber entgegen aller Wahrscheinlichkeit -, dass dafür hier und da noch Zeit und Muße bleiben.
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