Marshall McLuhan: #Fernsehen “mächtige Droge”

Man hatte irgendwann begonnen, “Medientheorie” zu betreiben – um dann vor den eigenen Erkenntnissen zurückzuschrecken. Wohl kein intelligenter Mensch, der nicht Neil Postmans “Wir amüsieren uns zu Tode” immer noch zustimmen würde. Ein ebenso interessantes Buch von Postman, “Das Technopol”, hatte schon weitaus weniger Aufmerksamkeit.

Gibt es irgendwo in der deutschen Medienwissenschaft stärkere Resonanz auf Jacques Ellul (der bei mir langjährig auf der Leseliste steht – aber wozu diskurspraktisch, fragt man sich aus hier dargelegten Gründen)? Bei einer Suchanfrage bei YouTube wird die Verbindung von Marshall McLuhan und Ellul sofort deutlich – aber nur McLuhan hat eine überproportionale Resonanz erhalten (für gewiss bahnbrechende Bücher).

Es gibt wenige prominente Autoren, bei denen sich fundamentale, zugespitzte Medienkritik findet. Dazu gehören Jean Baudrillard und Gilles Deleuze. Da finden sich frühe Ansätze bei Siegfried Kracauer. Da gab es Günther Anders (“Die Welt als Phantom und Matrize”).

Und auch bei McLuhan findet sich eine scharfe Rhetorik, die heute nicht mehr opportun zu sein scheint. Hier in einem 1977er ABC-Interview über das Fernsehen:

It’s simply the complete disruption of the human nervous system by this potent drug.

Nachtrag 20.02.2022: Just im September 2021 publizierte der Westend Verlag den Titel “Propaganda” von Jacques Ellul erstmals auf Deutsch. Das Original erschien 1962. Einer Gesellschaft, die sich permanent einredet, “Informationsgesellschaft”, “transparent”, “offen für Diskurs und Kritik” etc. zu sein, gar in einer unfassbaren Verschnellerung der Informationsübermittlung, sollte dies zu denken geben … Eindeutig ist – neben der Trägheit jeden zwischensprachlichen Austausches abseits des Englischen – eine jahrzehntelange Verzögerung des wissenschaftlichen Diskurses. Die Tatsachen dessen, was Ellul schon deutlicher sah als andere, dürften heute vielfach als vollendet gelten. Das Buch beleuchtet Massenmedien als Bewusstseinstechnik mit Akzent auf politische Zwecke.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

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