Norbert #Lammert, Experte für Sonntagsreden – #TagderDeutschenEinheit
Kann man eine Festrede zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden an normalen politischen Maßstäben messen? – Es gibt da sicher ein paar besondere Bedingungen und Zwecke. Im Fall des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) fällt jedoch bei vielen Gelegenheiten auf, dass er im Modus einer Predigt die vermeintliche Abgewogenheit und das Gottvertrauen i. w. S. voll auszukosten scheint.
Es ist gewiss nicht so, dass es im politischen Tagesgeschäft nicht auch Gegenstimmen dazu gibt. Doch kann man zur Versöhnlichkeit eines Festtages (oder sonstiger präsidialer Redeanlässe) etwas verallgemeinern, was aufgrund der bloßen Daten eigentlich zu einem anderen Durchschnittswert führt?
Ich will hier nicht alle Argumente detailliert wiederholen und belegen, die etwa unter dem Tag “Flüchtlinge” im Blog nachzulesen sind. Während Lammerts Parteikollege Stanislaw Tillich zuvor (siehe meinen separaten Eintrag) zumindest bemerkt hat, dass es in Konstellationen von politischem und religiösem Extremismus von mehreren Seiten in unserer Gesellschaft Isolation und Hass gibt, beschränkte sich Lammert gänzlich auf die Kumbaya-my-Lord-Variante einer krisengeschüttelten Gegenwart. Da wird betont, dass es Deutschland eigentlich sehr gut gehe. Es werden einzelne Positiv-Beispiele für Erfolg und Integration von Zuwanderern aufgezählt:
Ein in Bangkok geborener Oberstleutnant leitet die Big Band der Bundeswehr, eine Chinesin wurde Vizepräsidentin einer bayerischen Universität, eine Syrerin ist in diesem Jahr Weinkönigin in Trier, ein türkischstämmiger Muslim war Schützenkönig einer katholischen Schützenbruderschaft in Werl/Westfalen, und eine Fernsehmoderatorin, deren Familie aus dem Irak stammt, verteidigt die Freiheit sowie die Rechte und Pflichten der Presse in Deutschland gegen demokratiegefährdende Anwürfe. Deutsche Fußball-, Olympia- und Paralympics-Mannschaften sind erfolgreich, auch deshalb, weil ihre Mitglieder mit ihren Mannschaftskameraden mit welcher Herkunft auch immer, gemeinsame Ziele verfolgen und zusammen kämpfen. Unter einer Flagge.
All das hat mit Alltag jedoch wenig bis gar nichts zu tun. Lammerts Wahlkreis ist eine traditionelle SPD-Hochburg in Bochum. Ich selbst habe dort 20 Jahre gelebt, über 40 Jahre im Ruhrgebiet. Der Erfahrungswert ist, dass in einer Region mit erhöhtem Anteil von Moslems das Leben eines Gymnasiasten und Akademikers nahezu gänzlich ohne nähere Begegnung mit Moslems verlaufen konnte und musste. Dabei kam es in meinem Fall auch nie zu irgendwelchen gefährlichen oder aggressiven Konfrontationen. Doch man lebt dort, bis heute, bestenfalls nebeneinander her. Spricht man mit Menschen über Stadtteile wie Herne oder Wattenscheid, so fällt schnell die Bezeichnung “Klein-Istanbul”. Dort ist schon wesentlich deutlicher sichtbar, was auch ansonsten im Erleben der Deutschen immer mehr Platz greift: dass ihre eigene Zahl schrumpft und gänzlich andere Kulturen sich ausbreiten. Es steigt die Zahl der Deutschen, die selbst schon Einzelkinder waren, deren Familien als “flexible Arbeitnehmer” in Deutschland oder darüber hinaus zerstreut wurden und die für sich selbst v. a. dies für die Zukunft zu erwarten haben: Armut und Einsamkeit im Alter. Auch dies gehört dann zu den Hinterlassenschaften von CDU & Co.
Demgegenüber stehen moslemische Familien, in denen Frauen immer noch weitgehend nicht arbeiten und einer ganzen Sippe ihren häuslichen Rahmen geben. Selbst wenn sie – wie es überdurchschnittlich ist – von Sozialleistungen des deutschen Staates abhängen, ist ihnen die Geborgenheit in einer Familie gewiss, die vielen Deutschen schon recht unwiderruflich verlorengegangen ist.
In dieser Situation tritt also ein angeblich christlicher Politiker auf, der in seiner Rede keinerlei Unterschiede mehr sehen will zwischen Religionen. Er wirft auch konsequent beim Thema Zuwanderung innereuropäische und übrige Zuwandererschaft trotz der deutlich größeren kulturellen Differenzen durcheinander:
Dieser Staat, dessen Einheit wir heute feiern, unsere Gesellschaft, kann und will Möglichkeiten eröffnen, ein Leben in Frieden und Freiheit zu führen: „Dem deutschen Volke“, Hiergeborenen und Zugewanderten, Jungen und Alten, Frauen und Männern, Christen, Muslimen und Juden, Armen und Reichen. Vielfalt ist keine Worthülse – längst wohnen hier in Sachsen gebürtige Schwaben, aber auch Tschechen und Polen, haben Brandenburgerinnen Bremer mit türkischen Wurzeln geheiratet, sind einst aus der DDR freigekaufte Berliner vom Rhein zurück an die Spree gezogen, Westfalen haben in Mecklenburg-Vorpommern ihr Glück gemacht, Niedersachsen in Thüringen – als Ministerpräsidenten zum Beispiel. (Gelächter im Publikum)
Lammert muss ja nicht am Tag der Deutschen Einheit auf solchen Themen herumreiten – doch hat Lammert sonst je etwas über die brutale Verfolgung von Christen durch jene Moslems gesagt, deren fortgesetzte massenhafte Integration er scheinbar ohne Wenn und Aber für heute und morgen als Möglichkeit und alleiniges Ziel ansieht? Ich finde dazu gerade nichts. Google vermerkt dazu durchweg:
Es fehlt:
norbert lammert
Halten wir fest, dass ein Politiker wie Lammert eine deutsch-christliche Tradition weitgehend abgeschrieben zu haben scheint. Für eine Partei wie die seine ist dies dann ein nun noch deutlicher erkennbarer Etikettenschwindel. Er äußert nicht einmal Besorgnis über diese oder jene entsprechende Entwicklung, sondern beschränkt sich auf eine scheinbar allumfassende Fiktion der Versöhnlichkeit und – oft bisher nicht abzusehenden – Machbarkeit (im Sinne gleichbleibenden Wohlstands und von Leistungsgerechtigkeit).
Etwas possierlich kam Lammerts Abschluss seiner Rede daher, in dem er den Deutschen eine “kleine Dosis Zufriedenheit”, “wenn nicht sogar ein leichtes Glücksgefühl” zugesteht. Die erste Formulierung kommt im oben verlinkten Redentext nicht vor. Sie macht noch stärker den Eindruck, dass nicht unbedingt in Ernsthaftigkeit und Feierlichkeit reflektiert wurde. Lammerts politisches Bewusstsein drückt sich hier eher aus im Modus des Schwipses.
Im Konzert mit der im vorigen Beitrag aufgezeigten, durchaus düster zu verstehenden Anspielung Tillichs führten diese beiden CDU-Politiker also ein recht merkwürdiges Theater auf. Vor den heiligen Hallen der Semperoper wurden die ankommenden Spitzenkräfte von PEGIDA-Demonstranten als “Volksverräter” beschimpft, was der Presse abermals Gelegenheit gibt, sie als Hassredner und Störenfriede abzubürsten.
Doch auch hier muss man vorerst festhalten, dass PEGIDA nur die Kehrseite ist von einer süßlichen Traumtänzerei, die mittlerweile wohl die meisten außerhalb von Politiker-Büros und -Limousinen deutlich erkennen. In diesem Umfeld wird unentwegt vor “Populismus” (von rechts) gewarnt. Doch auch Lammert ist ein Populist, der in beschriebener Weise auf – letztlich statistisch messbare – Wirklichkeiten kaum eingeht. Auch er bedient sich der “Polarisierung, Personalisierung und Moralisierung” (Wikipedia) – nur eben im Sinne eines recht undifferenzierten Multikulturalismus und einer Neuen Weltordnung mit durchaus fragwürdigen Standards, wie sie sich deutlich abzeichnet.
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