Internetfernsehen Now – stromvergessen
Zur Entwicklung der TV-Kultur gehört bekanntlich die Konvergenz mit Internet-Angeboten. „Streaming Media“ sind ihre technische Grundlage. Statt elektromagnetischer Wellen, die sich über Sender im Raum verbreiten, werden als Internetfernsehen – wie bei anderen Web-Inhalten auch – digitalisierte Signale als rasende Abfolge von Stromdurchfluss und -unterbrechung über physische Leitungen transferiert.
Damit verbunden ist der Aspekt des Stromverbrauchs. Wer sich darüber klar werden möchte, wie dieser Verbrauch quantitativ zu bemessen ist, hat im weltweiten Datennetz allerdings Schwierigkeiten. Spezialisierte Angaben zur Auswirkung der zunehmenden Umstellung von Medienangeboten zu internetbasierten Technologien auf den Stromverbrauch werden jedenfalls nicht prominent behandelt. Mehr findet sich allgemein zum Stromverbrauch des Internets.
Eine Studie von Prof. Gerhard Fettweis (TU Dresden) gibt Aufschluss. In der Ausgabe 1/2009 des Newsletters „Energie-Perspektiven“ berichtet darüber das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik. Hier werden zunächst neben Serverfarmen von Internet-Providern auch Kommunikationstechnologien wie Mobiltelefonie einbezogen. Alles zusammen ergebe einen Anteil von „drei Prozent an der weltweit konsumierten Elektroenergie“. Weiter heißt es aber:
Doch dies ist immer noch relativ wenig verglichen mit der Energie, die Laptops, PCs und Bildschirme in Büros und Haushalten verbrauchen: In Deutschland dürften es, so Fettweis, mittlerweile über zehn Prozent des Gesamtstrombedarfs sein.
Und die Spirale dreht sich mit den Zeilen des Textes weiter nach oben, wenn Fettweis in die Zukunft blickt:
Zurzeit verdoppelt sich der Energiebedarf für Serverfarmen und Telekommunikation nämlich alle vier bis fünf Jahre. Wie Fettweis vorrechnet, wäre damit der Bedarf in 23 Jahren auf das Niveau des gesamten heutigen Weltstromverbrauchs gestiegen. Den informationstechnischen Standard von Nordamerika, Westeuropa und Japan auf die ganze Welt zu übertragen, würde, so Fettweis, bereits heute 40 Prozent der weltweiten Kraftwerksleistung verschlingen. In kaum zehn Jahren würden sämtliche jetzt laufenden Kraftwerke nicht mehr ausreichen.
Der US-amerikanische Technik-Dienstleister „Cisco“ geizt ebenfalls nicht mit Informationen, die zu einer weiteren Eingrenzung des Themas notwendig sind. Auch hier werden auf der Firmen-Website Projektionen in die Zukunft gewagt. „Cisco“ zeigt sich in einem Beitrag („White Paper“) vom 02.06.2010, „Cisco Visual Networking Index: Forecast and Methodology, 2009-2014“, optimistisch über den Zuwachs auf seinen Geschäftsfeldern:
Internet video is now over one-third of all consumer Internet traffic, and will approach 40 percent of consumer Internet traffic by the end of 2010, not including the amount of video exchanged through P2P file sharing.
The sum of all forms of video (TV, video on demand, Internet, and P2P) will continue to exceed 91 percent of global consumer traffic by 2014. Internet video alone will account for 57 percent of all consumer Internet traffic in 2014. […] By 2014, Internet TV will be over 8 percent of consumer Internet traffic, and ambient video will be an additional 5 percent of consumer Internet traffic. Live TV has gained substantial ground in the past few years. Globally, P2P TV [siehe „Wikipedia“] is now over 280 petabytes per month. […] Video-on-demand (VoD) traffic will double every two and a half years through 2014. Consumer IPTV and CATV [Kabelfernsehen] traffic will grow at a 33 percent CAGR [jährliche Steigerungsrate] between 2009 and 2014.
Dementsprechend hoch ist also der Anteil von „Internetfernsehen“ an den Steigerungsraten des Stromverbrauchs von Internetnutzung generell anzusetzen. Es fragt sich deshalb, ob gefühlte Einschätzungen wie dieser Leserkommentar von „Mark S“ auf dem „Fischblog“ realitätsnah zu nennen sind:
Ich selbst habe z.B. das TV-Gerät abgeschafft, bei mir läuft nur noch das Notebook zur Abendunterhaltung. Ich spare also Strom, weil ja auch DVB-T-Box, Videorecorder und DVD-Player vom Netz sind.
Auf Websites wie dem Online-Angebot „RTL Now“ kann man sich ein bewegtes Bild davon machen, was hier neben der ohnehin statthabenden Ausstrahlung von – mittlerweile „digitalen“ – terrestrischen TV-Signalen noch einmal als Stromschlag durch die Kabelnetze fegt. Dass die Macher von RTL für ihr Portal den eigenen Sendernamen gegen ein anderes Wort in einem der berühmtesten Filmtitel der Geschichte ausgetauscht haben, mag da wenig verwundern.
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