Sog. „truthfacts“ in der „Welt“ – #Humor #Satire
Mit Humor ist das ja so eine Sache. Schaut man in die entsprechenden Rubriken der Zeitungen, scheint es recht schwierig zu sein, gute Lachware zu akquirieren. Das meiste ist platt und flau.
Springers „Welt“ hat sich vor einer Zeit für die satirischen Info-Grafiken der „truthfacts.com“ entschieden, gestaltet von den vorherigen Stamm-Cartoonisten Wulff & Morgenthaler. Das ist konzeptuell mal was Neues. Nur stößt es mir inhaltlich eigentlich immer unangenehm auf.
Worüber sollen die Leser hier lachen? Ich halte es mal allgemein fest und gebe nur zwei Beispiele: Es ist der Konsumtrottel, der über sich selbst lacht – und dann doch nichts ändert. Eines der unappetitlichsten Beispiele ist dieses vom 21.04.2016:
Hier wird also eine Haltung eingeübt, derzufolge Teilnehmer an politischen Disskussionen in sozialen Netzwerken irgendwie unsympathisch seien.
Um es einmal klar zu sagen: Jenseits der vielfach verdorbenen Massenmedien stellen soziale Medien die erste und beste Möglichkeit dar, wie Menschen das Vollgeplärrtwerden durch TV & Co. überwinden können. Sie können sich gegenseitig durch die Informationsflut lotsen. Leider trauen sie sich immer noch zu wenig, wirklich unabhängige Informationen zu empfehlen – statt die Inhalte der ohnehin großen Plattformen. Dazu werden auch angstauslösende Ratschläge verbreitet – ‘Ihr Arbeitgeber checkt Profile in sozialen Netzwerken’. Leider stimmt das natürlich. Einfach zu umgehen ist es durch Verwendung eines Decknamens – wofür ich allerdings auch nicht plädiere, denn diese Versteckspiele steigern das paranoide Niveau des Netzes und verzerren wieder das, was jemand selbst wirklich vertreten will und kann.
Was aber ist an dem oben zitierten Beispiel der “truthfacts” ‘witzig’? Vor dem Hintergrund einer Weltbevölkerung, die immer mehr zur Verschiebemasse globalistischer Neue-Weltordnungs-Priester wird, bestehen in denen von Zuckerberg & Co. merkwürdigerweise zur Verfügung gestellten sozialen Medien eben die wenigen letzten Chancen, Aufklärung als Ausgang aus der eigenen Unmündigkeit zu verwirklichen. Und statt dieses zarte Pflänzchen zu hegen, wird mit dem Schrumpfhumor der “truthfacts” eben hier schon wieder die Zwietracht gesäht.
Ziel ist doch offensichtlich, im Umkehrschluss ein ‘Normalbewusstsein’ zu etablieren, in dem man die Welt so sieht, wie es die wenigen Nachrichtenagenturen und ihre Besitzer für richtig befinden, und Abweichler im persönlichen Umfeld dann sozial auszusortieren – als Quertreiber, Radikale, ggf. Verschwörungstheoretiker.
Am heutigen 26.04.2016 wird bspw. von “truthfacts” die “Instagramatische Bedürfnispyramide” präsentiert. Das ist vom Ansatz her regelrecht bildungssinnig. Aber auch hier dieselbe logische Struktur: Das Nutzerverhalten auf Instagram wird in seiner weitreichenden Überflüssigkeit karikiert – aber das nicht zuletzt im Springer-Blatt “Bild” bevorzugt eingeübte “Wir” kommt hier auf der etwas subtileren Ebene herüber: Was “Wir” tun und was “Wir” eben nicht tun – und warum “Wir” nie ändern, was “Wir” eigentlich doch schonmal ändern wollten.
“Wir” wollten eigentlich schonmal den Fernseher ein paar Wochen ausgestellt lassen – schafften es aber nie. “Wir” wollten uns doch einmal Gedanken über den Sinn unserer Existenz machen – doch es war dann doch nie Zeit dafür, irgendwie. “Wir” lesen alle über allerlei Schreckliches und Ungerechtes auf dem Planeten, an dem wir mehr oder minder partizipieren. Aber dann ist es eben doch wieder der innere Schweinehund, dem wir den Vorzug geben.
Man könnte hier eine ganze Theorie von Satire und Humor anschließen. Wer sich klassische und aktuelle gute Beispiele ansieht, dürfte wohl zu der Einsicht kommen, dass Satire eben nicht konformistisch ist – und Letzteres sind leider die oft eher indirekten Botschaften der angeblichen “truthfacts”. Schon der Titel ist so verlogen-irreführend: “truth” wäre oft das Gegenteil, “fact” ist hier eher, dass es traurige Wahrheiten über die Wahrheitsferne einer offensichtlichen Zielgruppe sind. Es ist der Witz, der über seinen Konsumenten lacht. Vielleicht bleibt dieses Lachen ja doch nochmal irgendwo stecken.
Ja, so ging es mir oft, auch schon mit den alten Cartoons. Es gab ein paar zeit-kritische, hinterfragende Ansätze, aber meist war der Stil doch eher das genannte “Achselzucken”, das mit “Humor” über Probleme hinwegsehende Bild, das hängen blieb…
Ein aktuelles Beispiel: http://wumo.com/wumo/2016/04/22