Sie(h) Unitymedia! Wird’s bald?
Ein Hauptargument gegen eine sinnlos wuchernde Medienkultur ist der Hinweis auf „parasoziale Beziehungen“, die etwa TV-Konsumenten zu den – sie nur sehr begrenzt zurückliebenden – „Promis“ aufbauen. Neuerdings erklärt man den Ersatzcharakter von Medien-„Erlebnissen“ auch gern mit dem Modediskurs der Neurophysiologie und den sog. „Spiegelneuronen“.
Was seit den 1950er Jahren ein medienkritisches Argument war, mit dem reale Erfahrungen gegenüber Erlebnisinhalten von zweifelhaftem Authentizitätsstatus (und dementsprechend daraus folgenden verzerrten Weltwahrnehmungen und Meinungsbildungen) differenziert werden sollten, wird in der neuesten Gegenwart ganz unverhohlen als Marketingkonzept ausgesprochen.
So verschickt der Kabel-Anbieter „Unitymedia“ Werbebriefe, in denen es heißt:
Sehr geehrter Herr ***,
sind Sie ein Draufgänger auf der Jagd nach spannenden Serien und Actionfilmen? Oder ein Sesselsportler, der bei Höchstleistungen entspannt zuhause mitfiebert? Sind Sie ein Lebemann mit Vorliebe für inspirierende Kochduelle oder warten Ihre kleinen Grünschnäbel mit ungezähmter Lust auf wilde Zeichentrickabenteuer?
Welcher Fernsehtyp Sie auch sind: Mit unseren neugeschnürten TV-Paketen bietet Ihnen Unitymedia ein noch intensiveres TV-Erlebnis.
Die Krönung sitzt im Brieftext, wie es sich gehört, obenauf als Überschrift in größerer, fettgedruckter Type: „Welcher TV-Typ Sie auch Sie – erleben Sie genau Ihre Vielfalt“. Da hat also die Werbeabteilung sehr gründlich Korrektur gelesen. Oder was wäre mit „Sie“ statt „sind“ gemeint?
Ist es engl. „sin(d)“ für Sünde? Oder ist die durch den Fehler entstehende dreifache Wortwiederholung Sie/Sie/Sie eine subliminal intendierte Aufforderung zum Fernsehen? Oder stehen die so gereihten S-S-S für etwas? Soll das „S“ durch eine kleine Linie zur „6“ umgedeutet werden, womit wir mit „666“ beim Satanismus gelandet wären?
Sie haben bestimmt selbst genug Fantasie für weitere Deutungen.
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