#Ideologie und die Macht des Faktischen – Beispiel #Griechenland

Die aktuelle Lage in Griechenland schildert die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” heute so:

Am Ende scheiterten Alexis Tsipras und seine aus Politikneulingen, Intellektuellen, Ideologen und Uni-Professoren bestehende Regierung an der Realität, die sie mit ihren Wunschträumen verwechselten. Ihre Strategie, die Geldgeber würden im letzten Augenblick aus Angst vor den Folgen eines Grexits einknicken und im Zweifel doch lieber ein paar Milliarden nach Athen überweisen, ging nicht auf. Am Ende überwog die Furcht vor dem Austritt aus dem Euro und der damit einhergehenden Staatspleite und dem Absturz ins ökonomische Neolithikum.

Das Symptomatische ist, dass theoretische und deshalb stets ideologische Positionen sich auf manchen Ebenen immer deutlicher als inkompatibel mit einer Welt erweisen, wie sie ist. Mit Theoretikern könnte man trefflich weiter streiten, was sie denn demzufolge “sei”.

Im Fall Griechenlands in Finanz- und Eurokrisen lesen wir aus diesen wenigen Zeilen heraus, dass etwa Zustände von Verschuldung und relativ geringer wirtschaftlicher Produktivität doch recht objektiv feststellbar sind. Diesen gegenüber werden Verhandlungstaktiken benannt, die aus der Not heraus eine gewisse erpresserische Tendenz aufweisen (denen gewiss Erpressungen der anderen Seite gegenüberstehen). Sie versuchen der Beschreibung nach, ebenso eine Macht des Faktischen auszuspielen: Hilfe zu erhalten, weil ein Griechenland, dem nicht geholfen wird, für die Gegenseite von noch größerem Nachteil als die Gewährung finanzieller Hilfe sein soll. Die Strategie ging in diesem Fall jedoch schief. Es entstand eine neue Faktenlage: Ablehnung der Forderungen der Tsipras-Regierung. Sie ist es als Etappen-Resultat, das vorerst als Faktum nicht mehr umgangen werden kann.

Politik als strategisches Gerangel um Aufschub und vorläufige Ausbesserungen wird immer mehr zum Standard. Der Dezisionismus ist wohl eine der wenigen politischen Theorien, die diesen Status quo am ehesten trifft.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

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