Medienkompetenz in Praxis und Theorie

Im Rückblick auf seine Tätigkeit als Moderator der ZDF-„Hitparade“ gibt Dieter Thomas Heck am 11.12.2011 auf „Spiegel Online“ folgende Einschätzung zu seinem Metier, ausgehend von der Frage, ob Schlager-Musik auch politisch sein könne:

Oder vorhin ist mir die Geier-Sturzflug-Nummer “Besuchen Sie Europa, solange es noch steht” eingefallen, wo es um Neutronenwaffen und so weiter geht, da muss man sagen: Das ist indiskutabel, und das darf schon gar nicht in einer Schlagerparade kommen, wo die Leute auch noch mitklatschen! Weil sie gar nicht zuhören, was da gesungen wird!

Diese Rezeptionshaltung ließe sich wohl an wesentlich mehr Kulturereignissen in Vergangenheit und Gegenwart erörtern. Politisch irrelevanter wird sie dadurch nicht. Hier werden Medienmacher, die mit den Massen umgehen, mit den Grenzen von Kommunikation vertraut. Solche Erfahrungen sind es, die zu Entscheidungen in der Programmgestaltung insgesamt beitragen.

Es bleibt die Frage, inwiefern sich das mit Absichtserklärungen von Medienpädagogik und der Bildung von Medienkompetenz verträgt. Und mit dem bisherigen Prinzip von Demokratie. Nach Aussage des ehemaligen Direktors der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Norbert Schneider, kommen auf die Medienkonsumenten in der digitalen Gesellschaft ja noch wesentlich mehr Anforderungen zu:

Vor allem aber musste das Phänomen des Überflusses erkannt und gebändigt werden – ein Phänomen, das durch die nahezu gleichzeitig aufwachsende Netzkommunikation einen gewaltigen zusätzlichen Schub bekam. Die zahlreichen Konvergenzprozesse verlangten eine neue Betrachtung dessen, was Medienkompetenz zu bedeuten und zu leisten hat, und erstmals spielte der Nutzer in diesem Kontext nicht nur als Objekt von mancherlei Beglückungen und unentbehrlicher Aufklärung eine unübersehbare Rolle. Diese Entwicklung hat sich vor allem getrieben durch die Netzentwicklung noch einmal zugespitzt. Mittlerweile kann man ohne großes Risiko prognostizieren, dass die Rolle des Nutzers im medialen Kommunikationsprozess sich als der wesentlich neue Faktor etablieren wird.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

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