Billy Wilder – Skeptische Nachrichten aus einem filmischen Exil

 

Billy Wilder
Skeptische Nachrichten
aus einem filmischen Exil

Eine Video-Bricolage von
Daniel Hermsdorf
D 2005
44 Min., SW/Farbe, DVD

 

Vorführung und Filmgespräch

 

Billy Wilder gehört zu den berühmtesten Regisseuren Hollywoods. Mit „Manche mögen’s heiß“, „Zeugin der Anklage“ oder „Sunset Boulevard“ hat er Klassiker geschaffen, an denen man heute in Filmgeschichte und Fernsehprogramm nicht vorbeikommt. Die bisherigen Veröffentlichungen zu seinem Werk haben sich wesentlich auf Anekdoten beschränkt – zumal jene, die Wilder selbst so gut erzählen konnte und dabei mehr oder minder erfunden hat. Darüber hinaus gibt es jedoch raffinierte ästhetische Strukturen dieser so populären Filme zu entdecken. Das Kino selbst in seinem Wesen sowie Wilders biografischer Hintergrund als Exilant sind dabei die wichtigsten Bezugspunkte. Diese Dokumentation analysiert anhand von Bildbeispielen und Filmszenen die Kunst des Billy Wilder, wie sie zuvor noch niemals Thema war.

Am 22. Juni 2006 wäre Billy Wilder 100 Jahre alt geworden. Sein Leben ist eine Geschichte des 20. Jahrhunderts. Seine Filme sind Filmgeschichte. Für die publizistische und wissenschaftliche Öffentlichkeit scheinen die Koordinaten für eine Charakterisierung von Wilders Filmen klar zu sein: Wilder, der Meister der Komödie. Wilder, der in Genres wie dem Kriegsdrama und der Liebesromanze auf seine Weise Meilensteine gesetzt hat.

Und es gibt die Rede von Wilder, dem Zyniker und Medienkritiker. In Filmen wie „Sunset Boulevard“, „Reporter des Satans“ oder „Extrablatt“ wird seine Sicht der Filmindustrie und des Journalismus besonders deutlich. Was kennzeichnet darüber hinaus in diesen Filmen jene skeptische Haltung, die in der Form des kommerziellen Hollywoodfilms darin reüssiert hat, ein kritisches Bewusstsein zu bewahren und neben den inhaltlichen Themen das Kino selbst in seinem Wesen, seiner zeichentheoretischen, soziopolitischen, psychologischen und ökonomischen Realität zu erfassen?

Was Wilder in Kinosälen und Fernsehzimmern inszeniert hat, ist nicht nur Entertainment. Es lässt sich sehen als konsequente Befragung der Funktionen von Fantasie und bildlicher Repräsentation, der psychischen Dispositionen von Filmemachern und -konsumenten, der Zeichenlogik des Films als kapitalistischer Massenware und erfolgreichster Kunstform der Industriegesellschaft.

Dass Wilders Filme als Ware funktionieren, muss nicht mehr bewiesen werden. Dass sie jedoch ihren eigenen Charakter als Ware differenziert thematisieren, ist eine Entdeckung. Und in dieser Selbstreflexion werden Freuds Definitionen von Traumzeichen und Symptomen erneut aktuell – als bewusste künstlerische Kritik der Erzählform des Spielfilms, in der sich unsere Kultur ihre neuen Mythen mit den Vorzeichen von Vermarktung und Reproduzierbarkeit erträumt hat.

Eine große Zahl zuvor selten thematisierter ästhetischer Strategien des Regisseurs kommt so erstmals zur Sprache – es ist das Vermächtnis eines brillanten Ironikers und Moralisten, der bei aller öffentlichen Lobpreisung dennoch oft verkannt worden ist.

Dieser Film basiert auf Thesen von Daniel Hermsdorfs Buch „Billy Wilder. Filme – Motive – Kontroverses“ (2006). Die Website mit mehr Informationen zum Buch und zu Wilder: www.billywilder.de

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