meines 
          erachtens kommt man weder mit verdammen noch hochjubeln von videospielen 
          weit. die industrie nimmt in jüngerer zeit einige anstrengungen auf 
          sich, um videospiele kulturell aufzuwerten, quasi als Werbung für breitere 
          käuferschichten und politisch-kulturelle akzeptanz. gegen diese "werbung" 
          der industrie lohnt es sich immer wieder, darauf hinzuweisen, dass computerspiele 
          nicht so schlau sind wie bücher, nicht so hochwertig wie filme und auch 
          keine tollen lerneffekte zeitigen. es gibt keinen grund, seinen kindern 
          videospiele zu schenken, um ihnen wertvolle fähigkeiten anzutrainieren. 
          okay - soweit, so gut.
          damit wäre also klar, dass videospiele nicht zur "hochkultur" taugen. 
          übertragen auf die ernährung wären sie dann in der gleichen situation 
          wie das gummibärchen oder der hamburger, der auch nicht für die gesunde 
          vollwertige ernährung taugt. und jeder, der einem weissmachen will, 
          dass gummibärchen gesund seien oder dass übermäßiger hamburger-konsum 
          nicht fettmachen würde, erzählt offenbar unsinn.
          videospiele sind "pulp", trash, junk-culture oder eben "low-culture". 
          darauf aber hinzuweisen, wie du das in deinem artikel tust, bringt noch 
          nicht weiter. die trennung von high- und low-culture sollte sich meiner 
          meinung nach nicht an videospielen aufrichten. Faktisch passiert dies 
          aber momentan an vielen orten. das ziel dabei scheint zu sein, dass 
          "gebildete" familien ihre kinder vor übermäßigem konsum schützen sollen, 
          während "unterschichten"-kids natürlich von solchen moral- und erziehungsappellen 
          nicht erreicht werden und so übermäßiger spielkonsum schießlich zum 
          klassen-differenz-kriterium wird. Dein artikel stößt leider auch ein 
          bisschen in die richtung....
          produktiver und notwendig wäre es meiner Ansicht nach, diesen klassenunterschieden 
          nachzuspüren, statt sie zu verfestigen. das ganze ist doch sehr ähnlich 
          wie mit den comics, die als "dumme" literatur verpönt waren, als unterschichten-futter, 
          bis in den 70ern in der kinder- und jugendbuchforschung versucht wurde, 
          die klassenbrille und pädagogenbrille abzusetzen bzw. neu zu justieren. 
          es geht doch vielleicht weniger darum, ob man computerspiele mag oder 
          nicht, als darum popular culture zu verstehen. nicht der (kultur-)industrie 
          zuspielen, aber auch nicht die low-culture Kids ausgrenzen.... mit guten 
          ratschlägen (macht mehr sport, geht an die frische luft, lest bücher) 
          kommt man da nich weit. ja, soviel zu meinem kommentar zu deinem text.
          
          
          
        Daniels 
          Antwort:
        > 
          die klassenbrille und pädagogenbrille abzusetzen bzw. neu zu justieren.
        Da 
          triffst Du sicher einen Punkt. Komme aus einem Lehrer-Elternhaus, in 
          dem solche Brillen jeden Tag getragen wurden.
         
          > produktiver und notwendig wäre es meiner Ansicht nach, diesen Klassenunterschieden 
          nachzuspüren, statt sie zu verfestigen. Das Ganze ist doch sehr ähnlich 
          wie mit den Comics, die als "dumme" Literatur verpönt waren
        Das, 
          was ich an statistischen Angaben in Presseberichten mitbekommen habe, 
          hat mich zu der Auffassung gebracht, dass genau diese Verfestigung im 
          Augenblick vor sich geht. Wenn unsere Gesellschaft sich nach amerikanischem 
          Modell entwickeln wird, da erzähle ich Dir nichts Neues, wird die soziale 
          Schere immer weiter auseinandergehen. Dann wird es hier in 20 Jahren 
          einen neuen Michael Moore geben, der beklagt, dass 
          eine alleinerziehende Mutter drei Mini-Jobs machen muss, während ihre 
          Kinder zu Hause verwahrlosen (das schreibt M.M. in "Stupid White Men").
          Also: Dieses Argument ist etwas, auf das ich aufmerksam in Diskussionen 
          der letzten Monate achte, und seine Logik kehrt in vielen Verwandlungen 
          wieder. Wenn jemand etwas benennt, das problematisch ist, setzt er sich 
          selbst dem Vorwurf aus, diese Problematik auf eine Realität zu projizieren 
          und sie bestätigen zu wollen. Ich glaube, dass das selbst zu den problematischsten 
          Diskursentwicklungen unserer Öffentlichkeit zählt: Da, wo noch Hoffnung 
          auf Kommunikation besteht, die Gegensätze sich aber schon andeuten, 
          wird dies als Arroganz gedeutet. Da, wo eh schon Hopfen und Malz verloren 
          ist (Menschen, die Lebensmittelchemiker bezahlen, um ein Produkt suchtfördernd 
          zu gestalten, und dann einen Werbemenschen, der das Ganze symbolisch 
          so definiert, dass aus "krankmachend" das Attribut "sexy" wird), hat 
          man den Kampf schon aufgegeben. Auch bei Aldi kann man halbwegs gesunde 
          Nahrungsmittel kaufen. Die Zeichen, die an entsprechenden Berichten 
          abzulesen sind, deuten darauf, dass viele es eben nicht mehr tun. Und 
          sie tun es, weil sie von der Werbeindustrie zu entsprechendem Verhalten 
          animiert werden.
          Dasselbe gilt für Computerspiele, wo ihre Anwendung einen erheblichen 
          Anteil der Freizeitaktivität einnimmt. Ich glaube, dass diejenigen, 
          die daran das meiste Geld verdienen, ihre Kunden insgeheim als "fashion 
          victims" verlachen. Aber sie wissen, wie man dem Affen Zucker gibt.
        > 
          mit guten ratschlägen (macht mehr sport, geht an die frische luft, lest 
          bücher) kommt man da nich weit.
        Letzteres 
          verstehe ich nicht.
          Das war jetzt viel Contra - mein eigener Text ist in der Tat nicht ausgewogen, 
          sondern polemisch.