Kirchhofsruhe der Serienkultur

Ein Setzkasten für TV-Drehbücher

von Daniel Hermsdorf

Juni 2005

Fernsehen > Essays

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Es scheint zuweilen so zu sein, dass das Fernsehspiel unserer Tage jene ästhetische Theorie in die Praxis umsetzt, die erklärte oder scheinbare Verfechter einer schönen bunten Multimediakultur als achtbare, aber etwas verstaubte Relikte der Vergangenheit behandeln. Auf den bildungsbürgerlichen Dünkel eines Adorno wird hier und da verwiesen, um sich kommensurableren Alternativen von Kultur und ihrer Philosophie zuzuwenden - ob letztere einer inneren Realität der Massenmedien gerecht werden, soll hier gefragt werden.

Die Rede ist davon, dass beim Ansehen, Mitverfolgen von Handlungen und Anhören von Dialogen in TV-Fiktionen - und in etwas abgeschwächtem Maß auch in Kinoproduktionen - Wiederholungsstrukturen feststellbar sind, die man 'Stereotype', 'Schemata' oder 'Formeln' nennen kann. Für Handlungen ist dies etwa als Genre-Begriff keine Neuigkeit; das Stereotyp gehört außerdem seit jeher zu den kritischen Argumenten gegenüber der (massen)medialen Kultur.

Hier kann und soll eine theoretische Debatte nicht noch einmal fundiert neu geführt werden. Vielmehr geht es zunächst um eine schlichte Formulierung von inhaltlichen und formalen Kennzeichen als Bausteinen und ihrem Aufweis in Textbeispielen aus Fernsehspielen, die in einen Setzkasten für TV-Drehbücher passen. Am Schluss folgt die Konfrontation dieser Ergebnisse mit einigen Aussagen der Fernsehtheorie.

Beispielhaft überprüft an ein paar zufällig aus den Kanälen gefischten Folgen von TV-Serien und -Filmen können die hier formulierten 'Bausteine' provisorisch ihre Anwendbarkeit erweisen. Es sind in diesem Sinne Mikrophänomene einer "Totalität", die Max Horkheimer und Theodor W. Adorno in der "Dialektik der Aufklärung" (1944) der kapitalistischen Massenkultur bescheinigen: "Indem das Detail sich emanzipierte, war es aufsässig geworden und hatte sich, von der Romantik bis zum Expressionismus, als ungebändigter Ausdruck, als Träger des Einspruchs gegen die Organisation aufgeworfen. [...] Dem macht die Kulturindustrie durch Totalität ein Ende. Während sie nichts mehr kennt als die Effekte, bricht sie deren Unbotmäßigkeit und unterwirft sie der Formel, die das Werk ersetzt. Ganzes und Teile schlägt sie gleichermaßen. [...] Die sogenannte übergreifende Idee ist eine Registraturmappe und stiftet Ordnung, nicht Zusammenhang. Gegensatzlos und unverbunden tragen Ganzes und Einzelheit die gleichen Züge. Ihre vorweg garantierte Harmonie verhöhnt die errungene des großen bürgerlichen Kunstwerks. In Deutschland lag über den heitersten Filmen der Demokratie schon die Kirchhofsruhe der Diktatur." (S.146f.) Hardware-Orientierung von Konsumenten wie Theoretikern sehen die Autoren noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs voraus: "Neu aber ist, daß die unversöhnlichen Elemente der Kultur, Kunst und Zerstreuung durch ihre Unterstellung unter den Zweck auf eine einzige falsche Formel gebracht werden: die Totalität der Kulturindustrie. Sie besteht in Wiederholung. Daß ihre charakteristischen Neuerungen durchweg bloß in Verbesserungen der Massenreproduktion bestehen, ist dem System nicht äußerlich. Mit Grund heftet sich das Interesse ungezählter Konsumenten an die Technik, nicht an die starr repetierten, ausgehöhlten und halb schon preisgegebenen Inhalte. Die gesellschaftliche Macht, welche die Zuschauer anbeten, bezeugt sich wirksamer in der von Technik erzwungenen Allgegenwart des Stereotypen als in den abgestandenen Ideologien, für welche die ephemeren Inhalte einstehen müssen." (S.157f.)

Q.e.d., wenn es nicht so unmittelbar zur televisuellen Selbstcharakterisierung als wahnhafte Wiederholungsschleife wird wie in den Worten des Pfarrers Niemann in "SOKO 5113" (ZDF): "Aber das Schlimmste ist die Angst vor den Nächten, in denen Sie nicht schlafen können, weil sich alles wiederholt. Weil da drin in ihrem Kopf alles noch einmal passiert, wieder und immer wieder. Und das wird nicht aufhören, bevor Sie nicht reinen Tisch machen." (16)

Die folgenden Beispiele sind zufällig dem TV-Programm an drei Tagen des Jahres 2005 entnommen. Alle Beispiele entstammen deutscher und US-amerikanischer Produktion, was grob die Marktanteile widerspiegelt - europäische Produktionen haben es bekanntlich in Europa schwer, TV-kulturell ist von einer Hegemonie der USA zu sprechen, die sich auch in der Anpassung europäischer 'Formate' an deren Vorbilder äußert.

Die zentrale These, die von all diesen Beispielen gestützt werden soll, ist eine Kombination des Horkheimer/Adornoschen Begriffs einer Formelhaftigkeit der Kulturprodukte mit der Frage nach ihrer Selbstreferenzialität. Niklas Luhmann gibt in "Die Kunst der Gesellschaft" (1997) die Definition "des selbstreferentiellen Systems als eines Systems, das die operativ erzeugte Differenz von System und Umwelt in sich hineincopieren und als Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz seinen Beobachtungsoperationen zugrundelegen kann." (S.206)

Die "Differenz von System und Umwelt" besteht im Fall dieser TV-Serien - soviel sei vorweggenommen - v.a. darin, dass die Zeichenprodukte als System zu ihrer Umwelt nur eine sehr eingeschränkte Beziehung unterhalten. Dies kann zu Fragen nach einem 'realistischen' Gehalt der Zeichen führen oder zu den Produktionsbedingungen zumal von Serien, die unter Zeitdruck entstehen und starr festgelegte Sendezeiten füllen müssen. Beide Aspekte, Realismus und Produktionsästhetik, werden im Sinne Luhmanns von Serienautoren in das System Fernsehsendung "hineincopiert". Diese TV-Erzählungen erzählen selbst davon, wie und warum sie so erzählen. Dabei werden - außer dieser Sicht - als Selbstkommentar wertende Tendenzen lesbar, die manche kulturpessimistische Fernsehkritik in ihrer Schärfe bei weitem übertreffen.



Familie

Die illusionäre Nähebeziehung von Zuschauern zu Menschen im filmischen Bild wird karikiert als eine pseudo-familiale: Die filmischen Figuren sind Mutter, Vater, Schwester, Bruder, Tochter usw. für den Zuschauer.


Tatort - Die schlafende Schöne
Moritz Eisner: Ist die Frau Koller da?
Frau im Tonstudio: Jasmin? Die ist gerade auf dem Weg in ihr Glück. Aber was ist mir Ihrer Tocher, Herr Inspektor? Ich hab gedacht, die will bei uns einsteigen. Meine Tochter verlässt mich, was mir gar nicht recht ist, und ich brauche bald einen Ersatz.
Eisner: Darüber reden wir noch. Kann das sein, dass sie auf dem Weg nach Bogotá ist?
Frau: Genau. Woher wissen Sie das?
Eisner: Ich kann meinen Beruf nicht verleugnen.
Eisner (Off-Ton während Autofahrt, Gespräch mit seinem Beifahrer): Ja, es ist nicht gesagt, dass die Tochter immer den gleichen Namen haben muss wie ihre Mutter. Manchmal nimmt die Mutter nach einer Scheidung wieder ihren Mädchennamen an, und die Tochter heißt immer noch wie der Vater. Oder die Mutter ist mit einem anderen zusammen, und der Vater weiß wieder nichts davon, verstehst?

Schwarzwaldklinik - Mit Geld geht alles
Arzt: Ja, wie geht's denn heute deinem Sohn?
Brinkmann: Du, heute mal wieder gut. Das ist eine undurchsichtige Angelegenheit. Christa überlegt jeden Tag, ob sie nach Konstanz fahren soll oder nicht.

Ally McBeal - Im Land des Lächelns
(Im Gefängnis)
Gefängnisdirektor Jorkin: Ich habe nachgedacht über die Ehe und dabei habe ich... jedenfalls habe ich entschieden, Ihnen die Erlaubnis zu geben, Michael zu heiraten.
Janie: Sie... Wirklich?
Jorkin: Aber zehn Leute maximal bei der Zeremonie. Aus Sicherheitsgründen!

[...]
Ally McBeal (später, als Trauzeugin bei der Trauung): Wir werden die Besuche der Ehefrau auch vor Gericht durchsetzen.

Kein Weg zurück
(Unter einer Brücke)
Peter Bittens: Erzählen Sie mal.
Sina Bukowski: Was gibt's zu erzählen?
Bittens: Na ja, im Gegensatz zu Polizisten sind ja Schriftsteller geborene Lügner.
Bukowski: Ich hab mal was über Sie gelesen. Vor'n paar Jahren ist Ihre Frau tödlich verunglückt.
Bittens: Ich hab jetzt schon vergessen, dass ich verheiratet war.

Die Männer vom K3 - Tod eines Festmachers
Polizist_1: Sind Sie die Frau von Stefan Leischner?
Frau: Wir heiraten in Las Vegas. Geht schneller... Stimmt was nicht?
Polizist_2: Ja... also, Ihr Mann, also, ich meine... Herr Leischner ist tot. Er ist gestern nacht ertrunken.
Frau (zielt mit einer ungeladenen Pistole auf die Beamten und drückt mehrmals ab)

Das Traumhotel - Verliebt auf Mauritius
(Im Hotelzimmer, Frau im Brautkleid)
Mann: Ach Kerstin, ich kann nicht.
Kerstin: Was ist denn los?
Mann: Meine Mutter ist weg.
Kerstin: Die Szene nicht.
Mann: Doch.
Ich hab sie überall gesucht. Sie ist abgereist. Aus, Ende, ist alles vorbei.
Kerstin: So, jetzt reicht's mir. Ich hab keine Lust mehr... Du willst mich ja gar nicht heiraten.
Mann: Ääh, doch!
Kerstin: Ich glaube, du liebst mich überhaupt nicht...
Mann: Doch!

Kerstin:
Du bist sowas von feige!
Mann: Doch, ich liebe dich total, ich liebe dich wahnsinnig, ich liebe dich über alle Maßen!
Kerstin: So? Dann gehen wir!
Mann: Ohne meine Mutter?
(Schnitt, andere Szene - an der Bar)
Leonie Siethoff (trinkt mit einem Strohhalm): Saugut, der Stoff.
Dorothea von Siethoff: Leonie...

Ein Gauner Gottes
(Johannes hat sich vor der Kirchengemeinde öffentlich beschuldigt)
Bruder: Du hast unsere Mutter nicht enttäuscht. Sie hat auf dich gewartet, jeden Tag. Aber... ich, ich habe ein Wiedersehen verhindert. Und du glaubst gar nicht, wie leid mir das heute tut. Ihr letzter Wunsch war, dass wir beide uns wieder versöhnen.
Johannes: Ihr letzter Wunsch?
Bruder: Ja. Sie... ist an dem Abend, als ich dich von der Tür gewiesen habe, gestorben. Du hast auch niemanden umgebracht. Inzwischen ist bewiesen, dass der Mann dich niedergeschlagen und ausgeraubt hat. Er lebt und ist in Haft. Du musst also vor niemandem mehr davonlaufen, Johannes.

Unter uns. Folge 2597
Kati: Na und, ich kann doch duschen, bei wem ich will, das geht doch Wolfgang nichts an.
Rolf: Ja, natürlich, trotzdem, ich meine... Seit der Sache mit der Scheune denkt der doch, zwischen uns läuft was.
Kati: Aber zwischen uns läuft nichts, wir sind Freunde, und damit muss sich Wolfgang nunmal abfinden. Vielleicht hat er ja inzwischen kapiert, dass sein Verhalten lächerlich ist.

Unter uns. Folge 2597
Irene: Und du weißt ja, dass Wolfgang zur Zeit nicht so gut auf dich zu sprechen ist. Und ich will nicht, dass er auf Kati zugeht und sie darauf anspricht. Also: zwischen euch beiden: Ist das mehr als nur Freundschaft?
Mann: Nein.
Irene: Ganz sicher?
Mann: Ganz sicher. Kati ist die Einzige, die zu mir hält, egal, wie die Familie zu mir steht. Kannst dir vorstellen, wie wichtig sie für mich ist.
Irene: Ich glaube ja.

Marienhof. Folge 2637
Lisa: Pia, bitte sag mir die Wahrheit.
Pia: Mama - das einzige, was ich wusste, ist, dass Steve dich und Papa im Urlaub von München wieder zusammenbringen wollte. Ich hatte doch keine Ahnung, dass er deswegen das Zeug schluckt.
Lisa: Er hat es sich gespritzt. Dir ist das nicht aufgefallen, Pia? Ihr hängt doch die ganze Zeit zusammen rum.
Pia: Also, du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich zuschaue, wie mein kleiner Bruder sich umbringt? Was denkst'n du eigentlich von mir?
[...]
Mädchen: Ich hab's ihm gegeben.
Lisa: Was? Du hast was?
Robert (der Vater): Ist euch eigentlich klar, was ihr da gemacht habt?
Mädchen: Aber er wollte doch nur, dass ihr beide wieder zusammenkommt. Um jeden Preis. Ich hab doch versucht, es ihm auszureden. Aber selbst, als ihm die Beine weggeknickst sind, und er nicht mehr reden konnte, hat er einfach weitergemacht, es war ihm alles egal! Und nur, weil er sich wieder eine Familie gewünscht hat!

King of Queens - Die Klette
Arthur: Sie wohnen bei Ihrer Frau Mutter?
Kartenspieler_1: Ja, es ist blöde, aber sie kann leider nicht Autofahren.
Arthur: Wenn sie nicht Autofahren kann, wieso nimmt sie nicht den Bus?
Kartenspieler_1: Nein, nein. Theoretisch ginge das, aber sie ist an meinen Wagen gewöhnt.
[...]
Arthur: Eins würde ich gerne wissen. Wenn Sie bei Ihrer Mutter wohnen [...] - wie regeln Sie das, wenn mal'n Mädchen bei Ihnen übernachtet?
Kartenspieler (schweigt)
Arthur: Gut, wenn eben dann ein Junge bei Ihnen übernachtet... Eines von beidem wird es doch sein.
Kartenspieler_1: Ein Mädchen, wenn, wäre es ein Mädchen, klar? [...] Zu Ihrer Information: Ich würde gern ausziehen. Aber Wohnungen sind teuer. Wir zahlen schon 75 für eine mit einem Schlafzimmer.
Arthur: Einem Schlafzimmer?
Kartenspieler_2 (will die Situation überspielen): Ich sagte: Wer ist dran mit setzen?
Arthur: Und wo schlafen Sie? Sie haben ein Klappbett im Wohnzimmer, richtig? ... Sie teilen sich das Schlafzimmer mit Ihrer Mutter?
Kartenspieler_1 (schreit gereizt): Nicht das Bett! Jeder hat sein Bett, und dazwischen steht ein großer, breiter Nachttisch!
Arthur: Ruhig, mein Junge, ganz ruhig. Wir machen doch bloß etwas Konversation. [...]
Kartenspieler: Ich bin draußen, ich hab irgendwas im Auge, ich sollte lieber gehen.
Arthur: Ich hoffe, sein Auge ist okay.
(auch zwei andere Mitspieler verabschieden sich übereilt)
Kartenspieler_2: Ich komm mit. Wisst ihr, ich hab meine Frau diese Woche kaum gesehen.
Kartenspieler_1 (beim Herausgehen): Gehen wir ins Striplokal?
Kartenspieler_2: Klar!

CSI: Miami - Würgemale
(Gespräch über das Mordopfer)
Polizist: Ashley Anders, sie produziert sehr viele DVDs. Ein paar der Jungs haben sie aus ihren Filmen erkannt.
Horatio: Sie ist also im Erotik-Fach.
Polizist: Ja, Sir, sie ist ein Porno-Star.
Horatio (nimmt seine Sonnenbrille ab): Aber sie ist auch... die Tochter von jemandem. Und das... ist das, was uns interessiert.


Liebe / Ehe / Heirat

Als Handlungselement naheliegend, erhält auch das Thema einer Liebesbeziehung in selbstreferenzieller Hinsicht die metaphorische Bedeutung eines Verhältnisses des Zuschauers zum Bild. Die intime Beziehung von Lebenspartnern wird innerhalb der Handlung und der Dialoge karikiert als die parasoziale, auf ihre Art 'treue' und vertrauensvolle Beziehung vom einen zum anderen - auch wenn es sich hier auf der einen Seite um einen Menschen, auf der anderen um ein Bild handelt.

Schwarzwaldklinik - Mit Geld geht alles
(Freund bringt Eisbecher)
Schwester: Du bist ja groß in Form .
Freund: Wenn's drauf ankommt, immer.
Schwester: Und, worauf kommt's an?
Freund: Zunächst möchte ich deine Freundschaft wiedergewinnen.
Schwester: So? Und dann?
Freund: Dann deine Liebe.
Schwester: Na, da hast du dir ja was vorgenommen.
Freund: Ich weiß, es braucht Zeit, aber für heute würde es mir reichen, wenn du deine Stellung in der Klinik noch nicht aufgeben würdest.
Schwester: Na schön. Ich werde es mir überlegen.
(Er küsst sie)

Ally McBeal - Im Land des Lächelns
Mann: Weißt du noch, was du in der dritten Woche unserer Beziehung gesagt hast? Was dir an mir so gefiel, war, dass ich nicht bleiben würde. Du warst es, die nicht fest gebunden sein wollte, hast du das vergessen?
Frau: Dir ist eine Kleinigkeit entfallen: Wir haben uns ineinander verliebt. Wenn zwei Menschen lieber Spaß und Freiheit wollen als eine feste Bindung, ist das in Ordnung. Aber wenn zwei Menschen sich verlieben und weiter so denken, ist das bedauernswert. Ich will dir etwas sagen: Du hattest Recht damit, dass ich lüge. Du hast Recht: Ich habe das Talent, mich selbst zu belügen, mir ständig etwas vorzumachen. Und ich kann es auch weiterhin tun, wenn du das willst. Wenn du weiter abwarten willst und zurückhaltend bleibst - bitte sehr. Das kannst du machen, Richard. Aber ich werde nicht zulassen, dass du mich demütigst.
Richard: Ich werde das jetzt nur einmal sagen: Ich liebe dich mehr, als ich je einen Menschen geliebt habe, jemals. Die Sache mit Janet Renos Hals war billiger Nervenkitzel. Und es tut mir leid. Ich wollte dich nicht demütigen. Vor einigen Wochen standen wir in diesem Raum, und ich habe versucht, meine Bindungsangst zu überspielen, indem ich sagte: Halten wir bis Weihnachten durch. Erinnerst du dich?
Frau: Ich erinnere mich.
Richard: Nun - hier stehe ich heute. Und ich will dir Folgendes sagen: Halten wir bis zum Valentinstag durch.
Frau: Ach, Richard. Wenn ich nicht wüsste, dass du mich liebst, würde ich dich erwürgen. (küsst ihn plötzlich)

Das Traumhotel - Verliebt auf Mauritius
Tina Berger: Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?
Janin: Hi!
Berger: Was ist denn los? Du bist ja völlig durch den Wind.
Janin: Ich hab mich verliebt.
Berger: Nein!
Janin: Doch. Total.
Berger: Oh Gott!
Janin: Ja, genau der.
Berger: Und, übernimmst du jetzt das Direktorat?
Janin: Quatsch, das isser doch gar nicht!
Berger: Er ist nicht was?
Janin: Er ist nicht der Neffe der Tante. Er ist ein richtiger Pastor.

Star Trek - Das nächste Jahrhundert Kontakte
(Am Lagerfeuer)
Beverly (reagiert auf von Picard gedachte Worte): Jean-Luc, ich habe es gehört. Weisen Sie es nicht von sich. Als ich "Jack und ich..." sagte, habe ich eine Welle gespürt, eine Welle von Gefühlen... Ich wusste nicht, dass Sie so empfinden.
Picard: Wirklich nicht?
Beverly: Vermutlich wusste ich immer, dass zwischen uns eine... eine ziemlich starke emotionelle (sic) Beziehung war, aber... Ich habe nicht geahnt, wie stark Ihr Gefühl war. Sie waren in mich verliebt, warum haben Sie mir das niemals gesagt?
Picard: Sie waren mit meinem besten Freund verheiratet. Zunächst... hielt ich es für eine harmlose Schwärmerei, für etwas, was mehr mit Hormonen als mit Gefühlen zu tun hatte.
Beverly: Nachdem ein paar Monate vergangen waren, haben wir drei immer mehr Zeit miteinander verbracht.
Picard: ... und mir wurde bewusst, dass es mehr war... aber nicht sein durfte. Und obwohl ich... nie meinen Gefühlen nachgegeben hätte, waren sie immer vorhanden.
Beverly: Und Sie fühlten sich dann schuldig nach Jacks Tod.
Picard: Schon bevor er starb, fühlte ich mich schuldig. Weil ich solche Gefühle für die Frau meines besten Freundes hatte. Und dann später... nach seinem Unfall... schwor ich mir, dass ich Ihnen niemals von meinen Empfindungen erzählen würde. Es wäre, als würde ich meinen Freund verraten.
Beverly: Darum wollten Sie vor sieben Jahren meine Versetzung auf die Enterprise verhindern?
Picard (nickt): Ich wusste nicht, wie ich reagieren würde. Und dann ist mir... ganz allmählich bewusst geworden, dass diese Gefühle... nicht mehr vorhanden waren. Zwanzig Jahre sind immerhin eine lange Zeit.
Beverly: Und jetzt sind wir Freunde?
Picard: Ja, Freunde.


Puppen

Artefakte in menschlicher Gestalt gehören ebenfalls zu traditionellen selbstreferenziellen Metaphern für bildliche Repräsentationen.

Ally McBeal - Im Land des Lächelns
Michael (zu McBeal und Kollegin): Ab jetzt werde ich nur noch an Janie denken. Aber neulich, als ich mich zurückziehen musste mit diesem... Gefäß... (es geht um eine Samenspende)
Ally: Nein, das... das will ich nicht hören.
Michael: Neinneinnein, Ich habe habe mir nicht uns beide (weist auf McBeal) oder uns beide (weist auf die Kollegin) vorgestellt, sondern... Ich habe mir eher Sie beide vorgestellt, miteinander. Wissen Sie, als Teenager habe ich oft die Puppen meiner Schwester befingert, Barbie und Midge.
Ally: Ich sollte wohl froh sein, dass ich für ihn nicht "Skipper" war.


Bild-Metaphern: Fenster, Türen, Spiegel

Die rechteckigen Öffnungen in Architekturen und der Spiegel zählen seit Jahrhunderten in der Malerei zu den Formen, mit denen ein Bild-im-Bild inszeniert werden kann. So erzählen Bilder von sich oder von dem, was sie zeigen, als Bild.
In der Handlung von filmischen Inszenierungen kann es noch viel weitergehende Narrativierungen dieses Aspekts geben. Neben den genannten Möglichkeiten einer Anknüpfung an die malerische Tradition sind v.a. Türen und Fenster permanent in Handlungen involviert: Menschen betreten Räume, blicken durch Fenster, brechen ein, fliehen. Und in Kriminalhandlungen muss geklärt werden, welche illegalen Wege durch die gerahmten Öffnungen von Gebäuden bei einer vergangenen Tat gewählt wurden.

Harrys Nest - Die Revolverlady von Miami
Frau: Hat man Ihnen gesagt, was Sie tun sollen, wenn ein Einbrecher kommt?
Harry: Ich weiß, was ich tue - ich rufe die Polizei an.
Frau: Sagen wir, die Leitung ist durchtrennt.
Harry: Sagen wir, ich hab ein Funktelefon.
Frau: Sagen wir, die Batterien sind leer.
Harry: Sagen wir, sie sind aufladbar.
Frau: Sagen wir, sie kommen gerade zur Tür rein.
Harry: Sagen wir, ich verschwinde durch's Fenster.
Frau: Sagen wir, das Fenster geht nicht auf.
Harry: Sagen wir - ich schmeiß Sie jetzt raus.


Raum

Hier sind zwei Aspekte relevant: Erstens ist der filmische Raum ist immer illusionär; außerdem gehorcht er anderen morphologischen Gesetzen in der Zusammensetzung von Einstellungen, die zu unterschiedlichen Zeiten, oft auch an unterschiedlichen Orten gedreht worden sind. Zweitens steht dieser illusionäre Raum in einer paradoxen Beziehung zum realen Raum, weil er in seiner visuellen Phänomenalität Parallelen zu ihm aufweist, gleichzeitig aber keine reale räumliche Tiefe besitzt, weitere bereits genannte Differenzen im raumzeitlichen Kontinuum aufweist und so ein 'Nebenraum' zum Kinosaal / Privatraum ist, in dem - ohne Möglichkeit der unmittelbaren Partizipation von Zuschauern - allerlei Vorkommnisse und mitunter Ansichten weit entfernter realer Orte zu sehen sind.
Diese abstrakten Eigenheiten der 'anderen Räume' in der filmischen Repräsentation können in Spielfilmhandlungen wieder re-konkretisiert werden: Es kann um Nebenräume, Nachbarwohnungen, angrenzende Gebiete, Nachbarländer, Nachbarplaneten oder -galaxien gehen.

Schwarzwaldklinik - Mit Geld geht alles
Brinkmann: Aber ich dachte, Sie kommen wegen Ihres Wechsels nach Mainz. Ich war neulich sehr schroff und uneinsichtig. Das tut mir sehr leid. Aber... natürlich respektierte ich Ihren Entschluss.
Schwester: Jetzt weiß ich nicht, was ich sagen soll. Weil ich nämlich inzwischen mir nicht mehr 100prozentig sicher bin, ob ich nicht vielleicht doch bleiben möchte. Ich dachte, ich könnte vielleicht nochmal nachdenken, zumal Sie so gar kein Verständnis für meinen Entschluss hatten.
Brinkmann: Na, umso besser. Ich freu mich, wenn Sie bleiben. Aber bis nächste Woche müssen Sie sich entschieden haben.

Unter uns. Folge 2597
(Im Flur)
Frau Himmler-Eiler: Sie wollen schon gehen? Aber der Aufzug ist doch immer noch kaputt!
Mechanikerin: Nein, der ist nicht kaputt. Jemand hat den Nothalteknopf gedrückt.
Himmler-Eiler: Gibt's denn keine Möglichkeit, ihn von außen wieder in Gang zu bringen?
Malte: Gehen Sie ruhig. Wir kriegen das schon anders hin.
Mechanikerin: Aber die Anfahrt muss ich Ihnen trotzdem berechnen.
Himmler-Eiler: Ist gut, ja.
Mechanikerin: Na, dann auch schönen Feierabend.
Himmler-Eiler (zu jungen Männern): Wir haben Glück, dass meine Schwester noch auf den Malediven ist. Sie wissen, was sonst hier los wäre. Also holen Sie ihn schnell da raus, ja? Ich will nicht, dass wir heute abend noch den Notdienst rufen müssen.
Malte: Easy! Komm da raus!
Björn: Der hört dich sowieso nicht mit seinen Stöpseln im Ohr.
Malte: Wow, mein supertoller Lieblingsbruder weiß wieder alles besser. Dann lass dir mal was einfallen, wie du ihn da wieder rauskriegst.
Björn: Ich?
Malte: Na, hab ich vielleicht noch'n Bruder? Klar - du!
Björn: Bleib doch mal locker. Wenn der Kleine Hunger bekommt, wird's ihm eh zu doof da drin.
Malte: Easy, komm da raus. Die Nummer ist echt nicht mehr witzig!
Björn: Easy! ... (zu Malte, ironisch-resigniert:) Familie...
[...]
Himmler-Eiler: Na, wie sieht's aus? Ist der Fahrstuhl wieder unten?
Björn: Auf'm Weg.
(Easy kommt mit Walkman aus dem Fahrstuhl)
Himmler-Eiler: Hi. War doch'n bisschen langweilig da drinnen, was?
Björn: Ich sag's ja, der Hunger treibt.
Easy: Ach, hör doch auf mit dem blöden Hunger-Gesülze.
Frau: Was ist das denn? (weist auf frisches Graffito im Fahrstuhl: "Painfull Destruction")
Easy: Ne coole Band.
Björn: Ich glaube, Frau Himmler hat die Frage etwas anders gemeint.
Easy: Die Band ist aber wirklich cool. Sollten Sie mal hörn.
Himmler-Eiler: Das Geschmiere sollten Sie schleunigst entfernen. Meine Schwester kann jederzeit von den Malediven zurückkommen. Und wenn sie das sieht, können Sie allesamt Ihre Sachen packen, das ist Ihnen ja wohl klar.
[...]
Rebecca: Und wenn du doch nochmal mit Easy zu 'ner Beratungsstelle gehst? Die Leute da kennen solche Probleme.
[...]
Malte: Aber irgendwas muss doch passiert sein. Warum schließt du dich im Fahrstuhl ein, stundenlang?
Easy (setzt seinen Walkman auf und geht)

Star Trek - Das nächste Jahrhundert Kontakte
(An einem Lagerfeuer von kaltem weißlichem Lichtschein)
Beverly: Allmählich glaube ich, dass es auf diesem Planeten gar nichts gibt, was wir essen können.
Picard: Und wenn schon. Morgen um diese Zeit sind wir bestimmt an Bord der Enterprise, und dann können Sie sich mit Messer und Gabel vor einen Replikator stellen.


Technische Medien

Neben der Bildhaftigkeit wird auch die Eigenschaft des Films als technisches Medium in medialen Apparaten innerhalb der Handlung und der bildlichen Inszenierung konkret. Technische Medien stehen dabei zudem oft in einem bemerkenswerten Zusammenhang von Handlungen und Dialogen: als Mittel der Sichtbarmachung, der Informationsübermittlung und der Erinnerung. Neben diesen eher neutralen Aspekten werden ebendiese Vorgänge sehr oft mit anderen Motiven kombiniert: Fotos von Mordopfern, dienstliche oder bedrohliche Anrufe, Bilder von Toten, Botschaften von Außerirdischen.
In den hier zitierten Beispielen finden sich nur selten andere Varianten der Verwendung - z.B. Liebesbotschaften, Dienstanweisungen oder politische Berichterstattung.

ER - Kind nach Wunsch
(Privatraum)
Mann_2 (nimmt Kleinkind auf den Arm): Na komm, wir gehen nach Hause. Wir sagen nur Tante Jackie noch auf Wiedersehen... Jackie? Von wem hat er das Telefon?
Frau_2: Ist doch bloß'n Spielzeug, Peter. (nimmt es ihm ab) Sieht hübsch aus und er mag es.
Mann_2: Wahrscheinlich hat er gesehen, wie du den ganzen Tag telefonierst.
Frau_2: Hey, hey!
Mann_2: Entschuldigung. Weißt du, ich war heute bei einem Chirurgen. Ich versuche, herauszufinden, was für Reese
das Beste ist, aber es wird immer schwieriger. Denn je mehr ich weiß, desto unklarer wird es. Ich hab niemand, mit dem ich darüber reden kann.
Frau_2: Was ist denn mit Carla?
Mann_2: Ach, die. Sie verlässt sich auf mich und denkt, ich regele das schon. Ich kann das mit ihr einfach nicht objektiv durchdiskutieren.
Frau_2: Deine Freundin ist doch Ärztin, wieso kannst du nicht mit ihr darüber reden?
Mann_2 (beschäftigt sich mit dem Kind): Hey! Hey!
Frau_2 (wird von ihm nicht mehr beachtet): Peter? Peter!
Mann_2 (immer noch zum Kind): Hey - jetzt gehen wir.
Frau_2 (wendet sich ab)

Der Fahnder - Blindspur
Wells: Aber guck dir mal das letzte Telefonat an, das Datum hier.
Polizist_1: Das war ja gestern früh.
Polizist_2: Aber da war die Ossek doch schon lange tot.
Wells: Genau. Und er (der Detektiv Bremer) hat wohl kaum mit der Haushälterin geplaudert. Also hat er mit Moritz Ossek telefoniert. Bremer war angesetzt, um Ossek mit seiner Geliebten zu erwischen, hat ihm nachgeschnüffelt. Dann war er mit seiner Kamera vor Ort, als Ossek seine Frau in 'n Fluss geschmissen hat, oder?
Polizist_1: Und dann hat er Ossek erpresst.
Wells: Genau. Und dann hat er mit Bremer kurzen Prozess gemacht.
Polizisti_2: Hat Ossek denn jetzt die Fotos, die Beweise?
Wells: Ja, wir müssen das Haus durchsuchen lassen. Ruf mal Rick an!
Polizist_1: Und was ist, wenn Ossek die Fotos nicht hat?
Wells: Dann sucht er se jetzt, genau so wie wir.

Der Fahnder - Blindspur
Wells: Sie wollte die Fotos beseitigen, aber nicht vernichten. Also hat sie sie eingescannt und an ihre eigene Internet-Adresse geschickt. Das ist 'n gutes Versteck.
Polizist_2: Warum das denn?
Wells: Um sich irgendwann mal erklären zu lassen, was drauf ist.
Polizist_2: Verstehe ich nicht. Warum hatte sie denn so 'ne Angst vor dem, was da drauf ist?
Wells: Weil du nicht blind bist, darum verstehst du's nicht.

Der Fahnder - Blindspur
(Sehen heimlich angefertigte Fotos einer schlafenden Blinden an)
Polizist_1: Wieso hat der Bremer die denn nachts fotografiert?
Wells:
Im Schlaf... Weißt du noch, wie wütend sie war, als wir uns so spät zu erkennen gegeben haben in der Wohnung? Wenn das jetzt jeden Tag passiert, also... besser gesagt, jede Nacht, also... Jede Nacht kommt der... wie der Nachbar mit 'm nachgemachten Schlüssel und spielt da Heiliger Geist...
Täter (im benachbarten Verhörzimmer): lacht
[...]
Wells: Wir haben noch andere Fotos gefunden.
Barbara Nast: Was ist da drauf?
Wells: Sie sind drauf, wie Sie schlafen.
Nast: Ich hab nicht geschlafen. Ich wusste immer, wann er hier war, immer.
Wells: Hat er Sie...
Nast: Er war pervers. Er hat mich belauert. Er hat es ausgenützt, dass ich blind bin. Er hat sich wohl irgendwelche Hoffnungen gemacht, aber ich wollte nichts von ihm. Und dann irgendwann hat er angefangen, mich zu terrorisieren.
Wells: Hat er Sie vergewaltigt?
Nast (laut): Er war in meiner Wohnung! Er hat mich belauert. Er war nachts hier und hat mich fotografiert. Er hat mich angefasst. Zählt das jetzt schon? Hat er mich vergewaltigt oder zählt das noch nicht? ... Er dachte, ich weiß nicht, wer er ist, er dachte, er wäre unsichtbar für mich.
Wells: Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen?
Nast: Weil ihm nichts passiert wäre. Es hätte mir doch keiner geglaubt. - "Da ist nachts ein Mann in meiner Wohnung, aber ich kann ihn nicht sehen." Man hätte mich ausgelacht.

Wolffs Revier
(Wolffs Tochter Verena telefoniert)
Verena: Ja? ... Mathias. Reden? Wozu? Mathias, warten wir doch erstmal das Testergebnis ab. Dann wissen wir, ob wir miteinander reden müssen oder nicht. Schönen Abend. Dieser Typ. Ist jetzt schon so penetrant. Was soll das erst werden, wenn... (nun zu Wolffs geistiger Abwesenheit bei der Sichtung von Fotos als Beweismitteln) Muss das sein?
Wolff: Verena... Ich muss beweisen, dass Seiler den Jungen mitgenommen hat. Es muss was auf den Bildern sein.

CSI: Miami - Würgemale
(Eine junge Frau findet das klingelnde Handy einer Toten und entdeckt so die Leiche. In Großaufnahme bewegt sie das Funktelefon aus dem Bild, und auf der Wiese vor ihr sieht man nun die Frauenleiche. Dann macht die Zeugin ihre Aussage vor der Polizei.)
Frau: Ich fasse es nicht, dass sie die ganze Zeit hier lag.

CSI: Miami - Würgemale
(Untersuchung der Leiche)
Erkennungsdienstler: Was haben wir noch gefunden - Schlüssel, einen MP3-Player, und sie hatte 20 Dollar in der Tasche. Ich würde sagen, das schließt einen Raubüberfall wohl aus.
Pathologin: Das hier schließt einen Raubüberfall aus - sie hat Würgemale am Hals.


Tod

Eine überwiegende Anzahl von TV-Serien enthält Kriminalhandlungen oder andere dramatische Erz
ählungen, in denen es um Leben und Tod geht. Diese Differenz betrifft auch die filmischen Bilder selbst: Bewegtbilder des Lebens, selbst jedoch dinghaft, gegenständlich. Vor allem von diesem Trugbildcharakter handeln die Bilderstürme der Geschichte.
Wenn in (Fernseh-)Filmen vom Tod handelnder Figuren die Rede ist, kann man insofern eine selbstreferenzielle Bedeutungsebene vermuten. Die 'Ermittlung im Mordfall Soundso' heißt in diesem Sinne immer auch: die Suche nach einem versteckten Zentrum in der Wahrnehmung von und Auseinandersetzung mit (filmischen) Bildern. Wer den Mörder sucht - der Ermittler und mit ihm der Zuschauer -, sucht möglicherweise auch nach dem, was an den bewegten Bildern nicht lebendig ist, obwohl sie - wie der Mörder, der nicht ertappt werden will - verleugnen, dass ihnen die Lebendigkeit fehlt, weil sie so eines Teils ihrer Faszinationskraft verlustig gehen würden.

Tatort - Die schlafende Schöne
Eisner: Wir haben die Tatwaffe im Tonstudio gefunden. Sie haben den Johnny Lakatos irrtümlich erschossen und wollten eigentlich die Frau Landauer treffen.
Mann: Davon hab ich nichts gewusst. Ich schwör Ihnen, damit hab ich nichts zu tun.
Frau: Diese Frau hat ihn jahrelang gequält. Sie war sein böser Geist. Er hat sie gehasst. Er hat es nicht gepackt, sich von ihr zu trennen.
Mann: Weil sie krank war!
Frau: Sie hat sich ihre Schüler ins Bett geholt, so krank kann sie gar nicht gewesen sein!
Mann: Sei ruhig!´
Frau: Du wolltest doch die Geige verkaufen. Für uns. Für unser neues Leben. Aber sie hätte es verhindert. Sie hätte uns nicht leben lassen. Da bin ich hin und hab...
Polizist: ... und haben den Liebhaber statt der Frau erschossen.
Frau: Aber das wollt ich doch nicht.
Eisner: Aber auf der Landstraße ist es Ihnen dann gelungen, die Frau Landauer zu ermorden.
Frau (weinend): Ich hab's doch für dich getan!
Musiker (über die Geige, die er zuvor zur Probe gespielt hat): Das ist die schlafende Schöne, ohne Zweifel.

Schwarzwaldklinik - Mit Geld geht alles
Dr. Engel: Meine Herren, gute Nachricht für Sie beide. Morgen können Sie nach Hause.
Hügler: Na, das ist aber wirklich mal ne gute Nachricht.
Engel: Herr Weidle, haben Sie nicht gehört?
Weidle: Ja. Mit der Überweisung in eine Spezialklinik.
Engel: Aber warum denn. Herr Weidle, heute bekommen Sie die Fäden gezogen, und das ist auch schon alles, was Ihnen bevorsteht.
Weidle: Ganz wie Sie meinen.
Hügler (hält Arzt auf dem Flur auf): Doktor. Was ist eigentlich mit dem? Ich meine, der redet nie. Liest Bücher. Bücher wie "Kraft für die Stunde des Todes", "Tod und Sterben" und so'n Zeug.
Engel: Also, ich kann Ihnen nur soviel dazu sagen: Herr Weidle ist gesund, wirklich gesund.

Der Fahnder - Blindspur
Polizist_1: Sach ma, findest du nich auch, dass wir uns 'n bisschen zu schnell auf diesen Boxer eingeschossen haben?
Wells: Ja, hast du was Besseres?
Polizist_1: Nee. Nur wenn es stimmt, dass die Ossek 'n Detektiven angeheuert hat, der ihren Mann beobachten soll...
Wells: Ja, dann ist doch komisch, dass kurze Zeit später erst die Ehefrau und dann der angeheuerte Detektiv tot ist, oder nicht?
Polizist_1: Ja, aber Osseks Frau, das war Selbstmord. Hat Katharina festgestellt.
Wells: Ja, ich weiß gar nicht, wie man feststellen kann, ob sie in 'n Fluss gesprungen ist oder ob da jemand nachgeholfen hat, oder...
Polizist_1: Weil se sich scheiden lassen wollte?
Wells: Ja sicher. Wenn er dann abgebrannt dagestanden hätte - klar... Na gut. Also, mal angenommen, Ossek hat seine Frau umgebracht und alle Welt denkt, es war Selbstmord. Warum sollte er dann den Detektiven auch noch umbringen? Das würd doch nur 'n Sinn machen, wenn der Detektiv Beweise dafür hat, dass Ossek seine Frau, also...
Polizist_1: Das ist ja genial! Also, manchmal, manchmal biste genial!
Wells: Verarschen kann ich mich alleine.

Akte X - Unsichtbar
Teager: Ich bin hinter dir!
Leo: Ich... Ich dachte, du wärst tot. Das haben sie uns jedenfalls gesagt.
Teager: Ja, weil sie euch genau das glauben machen wollten.
Leo: Das verstehe ich nicht.
Teager: Das wirst du schon. Nach dem heutigen Abend.
Leo:
Was soll denn das bedeuten?
Teager: Ich hab auf sie gewartet, Leo. Ich hab drauf gewartet, dass sie kommen. Aber sie sind nie gekommen.
Leo: Vielleicht wussten sie es nicht.
Teager: Sie wussten es. Sie haben sich nur gesagt: Mich sterben zu lassen wäre leichter, als die Wahrheit zu sagen.
Leo: Das ist doch vorbei,
Teager. Das ist doch jetzt schon ganz lange vorüber.
Teager: Nicht für mich. Und nicht für die anderen.
Leo: Sag bloß, es gibt noch mehr?
Teager (gibt ihm einen Zettel mit einer Liste, löst sich daraufhin offenbar in Luft auf)
Leo: Was soll denn das, Mann? Wo bist du?

Akte X - Rückkehr aus der Zukunft
(Im Besuchsraum des Gefängnisses)
Jason Nichols: Ich wollte mit jemandem reden, der mir zuhört, Agent Mulder. Mit jemandem, der daran glaubt, dass es gelingt, diesen alten Mann zu finden.
Mulder: Eine ganze Menge Leute suchen nach ihm.
Nichols: Wer? Die vom Uni-Wachdienst?
Mulder: Ich nehme an, Sie wissen, dass der Mann, der den von Ihnen beschrieben alten Mann festgenommen hat, tot ist.
Nichols: Also werden Sie jetzt wohl versuchen, mir den Tod dieses Mannes auch noch anzuhängen?
Mulder: Wohl kaum. Es sei denn, Sie könnten jemanden töten, indem Sie ihn schockgefrieren.
Nichols: Was?
Mulder: Der Wachmann, der jetzt im Leichschauhaus liegt, hat eine Körpertemperatur so ähnlich wie die von Foss, diesem Schneemann.
Nichols: Finden Sie das komisch?
Mulder: Was soll ich komisch finden?
Nichols: Sie kommen hier herein und bringen mich vollkommen durcheinander!
[...]
Mulder: Inwiefern drohte er Ihnen?
Nichols: Indem er sagte, er würde an die Öffentlichkeit gehen mit seiner Behauptung, ich hätte meine Forschungsergebisse gefälscht.
Mulder: Ist das wahr?
Nichols: Nein... Meine Theorie war solide. Wenn meine Interpretation gewisser Daten etwas lax war, dann nur, weil ich unter dem Druck stand, Ergebnisse zu produzieren, meine Fördermittel stehen zu Erneuerung. Und Lucas hat ganz genau gewusst, wie vernichtend seine Anschuldigungen für mich sind.
Mulder: Wollte Lucas Menand an die gleichen Fördermittel ran?
Nichols (nickt)
Mulder: Und welche Art Forschung wird damit finanziert?
Mann: Kryobiologie... Ich untersuche die Wirkung von Gefriertemperaturen auf biologische Systeme.
(Mulders Beeper meldet sich)

Unter uns. Folge 2597
(An einem frischen Grab)
Ariane: Immer, wenn ich an Belle denke, wird mir klar, wir schnell alles vorbei sein kann.
René: Ja, das stimmt. Ist wie auf Zypern, als ich Nurekos Knarre am Kopf hatte. Das war'n kurzer Augenblick so wie im Film. Das Leben zieht an dir vorbei in ganz schnellen Bildern und dann... Plötzlich wusste ich: Mir kann gar nichts passieren.
Ariane: Wieso wusstest du das?
René: Na ja, ich hatte alles im Griff. Weißt du, das ist... wie beim Fliegen. Da habe ich auch alles unter Kontrolle.
Ariane: René, man hat nie alles unter Kontrolle.
René: Ariane. Ich schon. Ich war bis jetzt bei jeder Flugstunde besser als jeder Schüler, den Günter jemals hatte.

King of Queens - Die Klette
(Gespräch über Arthur, der sich stark parfümiert, bevor er abends ausgeht)
Sara: Oh, Leute, echt, ich hab ja so ein schlechtes Gewissen. Er fühlt sich so allein, seit Tessie tot ist.
Carrie: Ich weiß. Überall stinkt's nach Kölnisch Wasser.


Kriminalität, Diebstahl, Betrug

Die Reflexion über die Differenz zwischen Bewegtbildern und der lebendigen Bewegung, die sie abbilden sowie jener zwischen Menschen und ihrem Abbild handelt u.a. auch von der Auffassung, dass die menschliche Gestalt und das sichtbare Leben einzigartig sind und nicht durch Abbildung verfälscht oder ersetzt werden sollten. Das Bild seiner Gestalt ist jedes Menschen Eigentum; das Bild der Welt ist in diesem Sinn ontologisch von ihr untrennbar. Repräsentation ist immer Ideologie, sekundär, von Menschen gemacht, nicht ursprünglich.
So wäre von einem anderen 'Urheberrecht' zu sprechen: jenem der Natur an ihren Gestalten, der Realität als Unikat, des Menschen als einzig legitimem Vertreter seiner selbst. Jedes Abbild wäre in diesem Sinne gestohlen. Und jeder Diebstahl in einer filmischen Erzählung erzählt dann auch von der Entwendung eines realen Anscheins während der Aufzeichnung, aus der er selbst gemacht ist.

Der Fahnder - Blindspur
Wells: Sie mögen Moritz Ossek nicht besonders, oder?
Haushälterin: Jetzt hörn Se mir mal genau zu. Ich hab das Ihrem blöden Kollegen gesagt und ich hab das denen von der Presse gesagt: Ossek is'n Schwein, immer gewesen. Auf Angelikas Kosten hat der gelebt und sie dauernd betrogen. Angelika war fertig mit'n Nerven. Wahrscheinlich hat se sich deshalb... (wendet sich ab, nun murmelnd) Will doch alles keiner hören. (wieder zu Wels:) Bloß weil der Ossek so'n Berühmten is, da schreiben se jetz, wie der leidet, ach Gottchen.

Marienhof. Folge 2637
Arzt: Wenn eine Klinik erstmal einen bestimmten Ruf hat, wandert auch das Personal ab. Sie verstehen, was ich meine?

CSI: Miami - Würgemale
Über den Obduktionsbericht)
Laborantin_1: Sie hatte Blut und Gewebe unter den Fingernägeln, und zwar von einem David Jeffers.
Laborantin_2: Palmgroves' David Jeffers? Er ist der Chef der Firma, die ihre Filme produziert.
Laborantin_1: Ich weiß. Ich hab seine Daten, weil sie noch im Computer waren. Er hatte Sex mit 'ner Minderjährigen, als er noch studiert hat.
Laborantin_2: Er ist einschlägig vorbestraft.


Regime, Konzerne, organisiertes Verbrechen

Massenmedien sind in kapitalistischen Gesellschaften ein Machtfaktor. Ein politisches Regime kann nur bestehen, wenn es sich über diese Medien artikuliert - und muss mit mehr oder weniger Unabhängigkeit politischer Berichterstattung rechnen. Dass filmische Bilder 'herrschende Ideologie' vermitteln, ist demnach etwas, das sie strukturell mit einer politischen Aktivität teilen.
Die 'Spielregeln' in filmischen Inszenierungen sind - weil in geringerem Maße fremdgesteuert - ein Code, dem sich Autoren und andere Macher anzuschließen haben, wenn sie Teil des Spiels sein wollen. Hierin liegt nicht nur eine - plurale wie auch spielerische - 'Gleichschaltung' in historischer Analogie zu totalitären Systemen, von denen Horkheimer/Adorno als Zeitgenossen des Nationalsozialismus sprechen, sondern auch eine strukturelle Parallele zu nicht-staatlichen, aber 'straff organisierten' Verbünden wie etwa kriminellen Vereinigungen. Darin eine Selbstbeschreibung des Mediensystems und der fiktionalen Filmproduktion im Besonderen zu sehen, bedeutet - wenn man einmal eine Intention in dieser Hinsicht unterstellt - auch eine besonders deutliche Selbstironie dieser Art von Öffentlichkeit.

Die Männer vom K3 - Tod eines Festmachers
Polizist_3: Also, wir müssten an die Festmacher ran. Aber selbst, wenn wir sie einzeln in die Zange nehmen, kriegen wir kaum was raus. Die geben sich doch gegenseitig 'n Alibi.

Akte X - Unsichtbar
Mulder: Ich habe etwas über General Block von derselben Person erfahren, die mir gesagt hat, dass wir nie General Blocks Leben oder das der anderen generell erwähnen sollen.
Beamter: Was meinen Sie denn schon wieder damit?
Mulder: Diesen Fall! Warum hat man Ihnen den wohl in den Schoß geworfen und uns bei dieser Gelegenheit gleich zu einem Anti-Terror-Kommando gemacht?
Scully: Das beweist doch nicht, dass er manipuliert wurde!
Mulder: Sie wussten von
Teager. Und sie wussten von Anfang an, dass er nicht aufzuhalten ist.
Scully: Soll das heißen, die wollten, dass Skinner versagt?
Mulder: Und wir! Die wussten genau, dass die uns zu dem Fall hinzuziehen würden!
Scully: Mulder, die Regierung würde doch nicht das Leben hochrangiger Offiziere opfern, nur um uns dadurch diskreditieren zu können!
Mulder: Uns zu diskreditieren ist in diesem Fall nur sekundär.
Scully: Sekundär inwiefern?
Mulder: Wichtig ist ihnen ihre geheime Politik des Abstreitens von Kriegsgefangenen. Deswegen sollen die Verantwortlichen zum Schweigen gebracht werden.

Star Trek - Das nächste Jahrhundert Kontakte
Mauric (zu Riker): Es war ein schlauer Plan: Erst täuschen Sie vor, Sie hätten ihre Offiziere beim Beamen verloren, und dann bitten Sie uns um Hilfe. Und bringen uns dazu, einige unserer Agenten zu enttarnen. Sie hatten aber nicht damit gerechnet, dass wir Ihre Leute so schnell aus dem Gefängnis befreien. Sie hätten mehr Zeit gebraucht, um mit Ihren neuen Freunden, den Prytt, die Vernichtung der Kes zu planen, nicht wahr?
Riker: Das ist absolut lächerlich! Sie wittern wohl überall Verschwörungen. Wir wurden doch von den Kes hierher eingeladen. Wieso sollten wir eine Allianz mit den Prytt eingehen?

CSI: Miami - Würgemale
Horatio: Gibt's 'n Arbeitgeber?
Polizistin: Palmgroves Industries. Sie hat über 100 Filme für die gedreht.
Horatio: Palmgrove Industries... Das größte Firmennetzwerk Floridas. Gehört der Familie um David Jeffers, oder?
Polizistin: Ja, wahrscheinlich wurde sie deswegen von einer Gesellschaft namens "Fallen Films" bezahlt.


An-/Abwesenheit

Das bereits Paradoxe des verstärkten Illusionismus von Bewegtbildern, lebendig zu wirken und dennoch nicht real zu sein, kann sich metaphorisch auch in die Rede von der An- oder Abwesenheit verwandeln. Diese konkretisiert sich oft - in diesem Sinn als Allegorie - an einer Filmfigur.

ER - Kind nach Wunsch
(Privatraum)
Mann_1 (während seine Freundin und er sich entkleiden): Meine Studentin treibt mich noch in den Wahnsinn. Ich könnte ihr soviel beibringen! Und ich bin bestimmt kein schlechter Lehrer! (formt seine beiden Hande jeweils zur Form einer "6")
Frau_1: Nein.
Mann_1: Und sie ist nicht meine schlechteste Schülerin.
Frau_1 (zeigt auf Bild an der Wand): Eins finde ich gut an Lucy - sie ist nicht hier. (sie lassen sich auf das Bett fallen)
Mann_1: Ein sehr gutes Argument.

Das Traumhotel - Verliebt auf Mauritius
Dorothea von Siethoff: Aber ich dachte eigentlich, Frau Berger hier zu treffen.
Hotelangestellte: Ja, ich weiß auch nicht. Ich kann sie nicht sehen. (blinzelt gekünstelt) Muss ich wohl etwas verwechselt haben.
Siethoff: Wie wär's, wenn Sie mich jetzt direkt zu Frau Berger bringen?
Hotelangestellte: Ja.
[...]
Assistentin: Frau von Siethoff - möchten Sie nicht vielleicht doch einen Drink?
Siethoff: Ich möchte keinen Drink, ich will Tina Berger sprechen. Es muss doch einen Möglichkeit geben, diese Frau zu erreichen. Oder - ist sie gar nicht da?
Assistentin: Doch, natürlich, selbstverständlich, doch.
Siethoff: Ja, und warum seh ich sie dann nicht?
Assistentin: Ich hab ihren Piepser, und deswegen kann ich sie nicht erreichen.
Siethoff: Aha. Alles ein bisschen indisch hier, was?
Assistentin: Wir haben hier übrigens
heute noch eine Open-Air-Trauung de luxe.
Siethoff: Schön. Ja und?
Assistentin: Ich bin Trauzeugin, und ich glaube, die erwarten mich schon.
Siethoff: Ja, dann gehen Sie doch. Walten Sie ihres Amtes.
Assistentin: Danke.
Siethoff
(zu Leonie): Und wir gehen da auch hin.
Leonie: Oh, cool, Dorothea.
(Schnitt, nächste Szene; vor dem verspäteten Eintreffen des Paares)
Siethoff: Dass die Braut fehlt, hab ich ja schon erlebt. Aber dass gar keiner kommt, ist mir neu.

Assistentin: Ja, ich versteh das auch nicht.
Siethoff: Und von Ihrer Chefin ist auch weit und breit nichts zu sehen.
Assistentin: Da sind sie!
Siethoff: Die Berger?
Assistentin: Nein, das Brautpaar.

King of Queens - Die Klette
Arthur: Ich hab '44 neben einem Iren gekämpft. Sein Name war O'Shannon. Als sie ihm das Gesicht wegschossen, stand ich daneben. Ich sah ihn ersticken an seinem Blut, und er schrie verzweifelt nach seiner Mutter. "Oh - dumme Sache. Hauptsache, wir retten Europa!"

Gute Zeiten Schlechte Zeiten. Folge 3237
Lehrerin: Mit Ihrer Anzahl an Fehlstunden würde ich mich 'n bisschen zurückhalten, Patrick.
Patrick: Wieso?
Lehrerin: Sie scheinen dies Halbjahr als eine Art Freisemester zu betrachten.
Patrick: Das stimmt doch gar nicht - ich hab nur fünfmal gefehlt!
Lehrerin: Bitte? 50 Fehlstunden sind im Schulcomputer vermerkt. Aber darüber reden wir noch.


Kommunikation

Das Verhältnis von Medienrezipienten zu 'ausgestrahlten' Medieninhalten und das Verständnis für diese Inhalte und mögliche metaphorische Implikationen kann innerhalb filmischer Erzählungen wiederum thematisiert sein in Formen von Nachrichtenübermittlung (siehe auch oben "Technische Medien"). Dabei kann die Einseitigkeit der technischen Ausstrahlung und/oder die Störung der Informationsübermittlung und das Missverständnis möglicher Botschaften thematisiert werden - oder auch die bewusste Vorenthaltung von Informationen.

Schwarzwaldklinik - Mit Geld geht alles
Weidle: Nach Hause! Die Ärzte lügen doch, wenn sie nur'n Mund aufmachen!
Hügler: Ja, wollen wir vielleicht tauschen?
Weidle: Ja, wenn das ginge!

ER - Kind nach Wunsch
Arzt_1 (es geht um eine schriftliche Bewertung, die irrtümlich an einen vorgesetzten Arzt_2 gegeben worden ist): Du solltest es aber nicht ihm geben. Ich hatte gesagt: Gib es mir.
Ärztin_1: Haben Sie nicht.
Arzt_2: Hört auf. Klärt das nicht unter euch, sondern mit mir.
Arzt_1: Mark - ich wollte nur wissen, wie sie sich selbst einschätzt, bevor ich sie beurteile.
Ärztin_1: Also habe ich mich in seine Lage versetzt und versucht, sehr kritisch zu sein. Als er gesagt hat: Füll dieses Formular aus, habe ich gedacht, ich soll es auch einreichen.
Arzt_1: Wie konnte sie das annehmen? (lacht) Das begreife ich nicht.
Ärztin_1: Das ist ein Teil des Problems: Er gibt unklare Anweisungen!
Arzt_1: Höre ich richtig? Ich gebe unklare Anweisungen! Gib mal ein Beispiel.
Ärztin_1: Nur eins?
Arzt_1 (zu Arzt_2): Sagen Sie ihr, sie soll ein Beispiel nennen für eine unklare medizinische Anweisung.
Arzt_2: Okay - klärt das unter euch und nicht mit mir. Ich fürchte, ich kann euch nicht helfen. Ihr müsst das unter euch klären - miteinander.
(Schnitt, neue Szene)
Arzt_3: Carrie, ich möchte mit Ihnen den Bericht über die falsche Röntgenbild-Interpretation durchgehen. Ich hoffe, Sie haben jetzt Zeit.
Ärztin_2: Tut mir leid, Don. Ein Unfallpatient. Vielleicht ein neues Fallbeispiel für die Thorakotomie-Studie.

Wolffs Revier
Wolff: Warum wolltest du nicht mit uns reden?`
Lukas: Weil ich nichts weiß.
Wolff: Aber du weißt, was Herr Seiler gemacht haben soll? Einige Kinder wollen nicht darüber reden, weil sie denken, sie sind selber schuld.
Höfer: Hör mal, Lukas. Du kannst dem Papa alles sagen. Du musst dich nicht schämen. Du musst dich für gar nix schämen.
Wolff: Hat Kai vielleicht mit dir gesprochen? Und hat Kai dir was erzählt?
Lukas: Herr Seiler hat nichts getan. Ich schwör's!
Bruder (sieht dabei fern): Und warum hat er dir gestern aufgelauert? Und auf dich eingelabert?
Polizist: Das hast du gesehen und nichts gesagt? (schaltet den Fernseher aus)
Bruder: Keiner hat mich gefragt.
Höfer: Ja sach mal, das gibt's doch wohl nicht! (Bruder läuft weg) Bleib ma hier, ey! Du sollst hier bleiben!
Polizist: Ist schon okay...
Wolff (zu Lukas): Hat Herr Seiler dir Angst gemacht? Hast du Angst wegen dem, was Kai passiert ist?
Lukas: Herr Seiler hat nichts gemacht. Ich schwör's! (rennt ebenfalls weg)
(Schnitt, andere Szene im Polizeibüro)
Polizist (zu Seiler): Sie haben Lukas Höfer eingeschüchtert. Sie haben ihm gedroht.

Seiler: Ich habe mich lediglich mit ihm unterhalten.
Wolff: Worüber?
Seiler: Wie er in der Schule vorankommt.
Wolff: Und das interessiert Sie so brennend?
Seilers Anwalt: Hat der Junge Ihnen etwas anderes erzählt?
Wolff: Nein, hat er nicht, so eingeschüchtert und traumatisiert, wie er im Augenblick ist.
Seiler: Das könnte auch andere Gründe haben, bei den familiären Zuständen, aber das interessiert Sie natürlich nicht. (in ironischem Tonfall:) Die Ursache des Übels sitzt ja vor Ihnen. Seiler, das perverse Schwein, den muss man fertig machen.

SOKO 5113 - Gelübde
Schickl (zu Pfarrer Niemann): Angenommen, Oliver Merzing war bei diesem Raubüberfall dabei und er hat miterlebt, wie sein Kumpan den Juwelier erschießt. Da packt ihn die Reue, und er vertraut sich Ihnen an. Und sein Komplize folgt ihm hierher zur Kirche. Und ihm ist klar, dass Oliver beichtet. Und aus Angst, dass er auch in Zukunft nicht den Mund halten wird, bringt er ihn um.

SOKO 5113 - Gelübde
Verdächtiger: Ich hab mir noch Schaufenster angesehen, und dann bin ich nach Hause gegangen. Das hab ich doch schon gesagt.
Brand: Ja, ich weiß. Aber - ich glaub Ihnen nicht.
Verdächtiger: Dann haben Sie jetzt ein Problem.
Brand: Mann - Sie, Sie haben ein Problem! Sie stecken voll in der Scheiße, aber Sie haben's noch nicht mitgekriegt!

Marienhof. Folge 2637
Mutter: Robert, lass uns aber bitte vernünftig mit ihm reden, ja?




Die Beschreibung und Bewertung von Inhalten des Fernsehens gehört zu den Streitfällen unserer Kultur. Fernsehen ist allgegenwärtig in öffentlichen und privaten Räumen, in Publizistik und Gesprächen. Serien machen einen wesentlichen Anteil der Inhalte des Fernsehens aus.

In der akademischen Medienwissenschaft sind die Antagonisten der Debatte Anhänger einer "Kritischen Theorie" i.w.S., die sich gegenüber kapitalistischer Warenproduktion und ihren Auswirkungen auf die Inhalte medial vermittelter Botschaften skeptisch verhält und zum Kulturpessimismus neigt. Auf der anderen Seite gibt es affirmativere Theorien, die - in den letzten drei Jahrzehnten v.a. innerhalb der "Cultural Studies" formiert - massenmediale Inhalte als ein von möglichst mündigen Konsumenten zu behandelndes Spielmaterial auffassen. Grenzen zwischen Hoch- und Trivialkultur seien so trennscharf nicht zu ziehen, entsprechende Werturteile seien in der Gefahr, konservative Arroganzen und soziale Hierarchien illegitim als willkürliche Norm zu bestätigen.

Ein Satz wie der folgende von John Fiske - der sich wohlgemerkt auf Computerspiele bezieht - kann paradigmatisch für eine Haltung jener "Cultural Studies" gelten, die den 'unabhängigen Konsumenten' und eine - potenziell subversive - Umwertung von Zeichenprodukten ausrufen: "Lust, mit ihrer Hervorhebung des Signifikanten und Mißachtung des Signifikats, wird so zu einem Werkzeug ideologischen Widerstands. [...] Die Maschine produziert Botschaften, aber keine Bedeutungen, und öffnet somit einen semiotischen Raum für den Spieler, zum Autor zu werden." (S.106)

Diese Charakterisierung scheint sich auch in dem Fan-Kult zu Daily Soaps zu bestätigen. Die täglichen Serienfolgen (je ca. 30 Min.) werden im Internet auf offiziellen und inoffiziellen Websites in Foren ausgiebig diskutiert. (Siehe hierzu Auszüge aus zwei Chat-Protokollen zur RTL-Serie "Gute Zeiten Schlechte Zeiten".) Das konsequente Merchandising zu den Serien führt auch zu juristisch grenzwertigen Wucherpreis-Angeboten auf den entsprechenden Websites, über deren Auswirkungen in Berichten über Schulden von Jugendlichen immer wieder die Rede ist: "Top 5 polyphone Klingeltöne der Woche - jeder Ton nur 1,99 €".

In der Tat werden Konsumenten hier zu Autoren. Und manchem Lebensproblem der - überwiegend jugendlichen - Zuschauerschaft mögen die Handlungskonstrukte der Soaps näher sein als jenen des Autors dieser Zeilen. Eine "Hervorhebung des Signifikanten" erscheint in der Ansicht der hier transkribierten Dialoge eher als ein Euphemismus. Viele dieser in der Lebenszeit der Konsumenten ausgedehnten Textzeilen sind fast völlig sinnleere Repetitionen von Schemata, die nach dem Umschalten auf dem nächsten Kanal noch einmal reformuliert werden. Immergleiche Handlungsverläufe und Phrasen haben in der Jetztzeit einen Status erreicht, in dem sie vor allem ihre eigene Absurdität hervorkehren: dass sie Signifikanten, aber zumeist eher überflüssig als in irgendeiner Weise gehaltvoll sind.

Das - ortografisch durch Fehlerhaftigkeit gekennzeichnete - Graffito aus Folge 2597 von "Unter uns" ("Painfull destruction", 14) ruft Jean Baudrillards Theorie der Graffiti in Erinnerung. Sie entzögen sich, da sie "doch nichts als Namen sind, jeder Referenz, jedem Ursprung. Sie allein sind wild, weil ihre Botschaft gleich Null ist." (S.130f.) So treffen Baudrillard und Fiske zusammen - "keine Bedeutungen", "Botschaft gleich Null" - und meinen jeweils anderes als das, wovon hier die Rede ist: Videospiele, gesprayte Graffitis in amerikanischen Großstädten. Doch sie benennen damit etwas, das für die Zeichen dieser TV-Serien ebenfalls gilt: ein ernsthaftes Manko von Sinnpotenzialen und Welthaltigkeit. Die Selbstbezüglichkeit, Stereotypie und Referenzlosigkeit der Zeichen dieser TV-Produkte nähert sich pathologischen Effekten, was in ausführlicheren Studien begründet werden muss. Die "Brockhaus"-Definition von "Stereotyp" im psychologischen und psychiatrischen Sinn: "erstarrte Form von Verhaltensabläufen, die in bestimmten Situationen hervorgerufen werden und sich relativ invariabel vollziehen; auch erstarrte, wiederholte oder andauernde Bewegung (Bewegungs-S.) oder sprachl. Äußerung (Verbigeration), die ohne sinnvollen oder ersichtl. Bezug zur Umwelt hervorgebracht wird; in stärkerer Ausprägung z.B. bei Schizophrenie oder Hirnerkrankungen."

Die Resonanz der Daily Soaps (1-2 Mio. ZuschauerInnen bei Serien wie "Unter uns" und "GZSZ" täglich) zeigt, dass die Identifikation mit den im Akkord produzierten Charakteren und Handlungsverläufen zu einer weiteren zeitintensiven Auseinandersetzung anregt. Hier bestätigen sich Definitionen "parasozialer Interaktion", wie sie von den Psychologen Donald Horton und R. Richard Wohl schon 1956 für TV-Shows getroffen wurden: "Mit der Zeit beginnt der Anhänger - der Fan - zu glauben, dass er die Persona intimer und genauer 'kennt' als die anderen; er 'versteht' ihren Charakter und schätzt ihre Werte und Motive. Bei einer solchen Anhäufung von Wissen und der Intensivierung von Loyalität scheint es sich jedoch um eine Art des Wachstums ohne Entwicklung zu handeln, da die einseitige Natur der Verbindung eine progressive und gegenseitige Neuformulierung der Werte und Ziele ausschließt." (S.77f.) Daran ändern aus meiner Sicht auch die "Live-Chats" mit Darstellern von Serien im Internet nichts, die wohl eher noch zur emotionalen Konfusion von Darsteller und Rolle beitragen dürften (siehe die erwähnten Protokolle).

Entsprechend den Auffassungen Fiskes postuliert Stuart Hall in einem Gründungstext der Cultural Studies, "Kodieren/Dekodieren" (1973), subversive Lesarten, die das dynamische und unabhängige Potenzial von Konsumenten der Massenmedien ausmache: "Schließlich ist es einem Zuschauer durchaus möglich, sowohl die von einem Diskurs vorgegebene wörtliche als auch konnotative Flexion zu verstehen, die Nachricht aber dennoch in einer von Grund auf völlig gegensätzlichen Weise zu dekodieren. Er/sie enttotalisiert die Nachricht mittels des bevorzugten Kodes, um sie daraufhin innerhalb eines alternativen Bezugsrahmens zu re-totalisieren." (S.109) Dass es bei der hier vorgenommenen Rekontextualisierung von Zeichen aus TV-Serien zu Signifikationen kommt, die sich gegen die Zeichenprodukte selbst wenden, ist in einer solchen Theorie Halls jedoch nicht enthalten. Mitunter ist - so gesehen - eine der Botschaften, die der Zuschauer schließlich "dekodieren" kann, dass es vollkommen überflüssig war, die Zeichen überhaupt erst zu lesen.

Klaus Kreimeier geht in "Lob des Fernsehens" (1995) auf die sprichwörtlich gewordenen Medienkritiken von Neil Postman ein und kanzelt sie weitgehend ab. Postmans Argumente und ihre vorläufige Abfertigung durch die akademische Medienwissenschaft sind hier deutlich abzulesen: "Kulturpessimismus und fundamentalistische Kulturkritik sind längst Attitüden des Kulturbetriebs. Eine ganz andere Frage ist, ob sie als analytische Instrumente tauglich sind. Unbestreitbar hat Postman zur schärferen Erkenntnis der kulturellen 'Paradigmenwechsel' im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert beitgetragen. Daß mit der Telegrafie die Umwandlung der Information zur Ware begann und die Nachricht erstmals 'dekontextualisiert', also aus dem praktischen Lebenszusammenhang der kommunizierenden Individuen herausgelöst wurde; daß die elektronischen Medien mit ihren Sinnstiftungsangeboten 'Pseudo-Kontexte' eingeführt haben, um die alten Zusammenhänge zu ersetzen; daß das Fernsehen dabei zur 'epistemologischen Leitstelle', gar zum 'Meta-Medium' geworden ist, in dem die Inhalte aller anderen Medien zusammenfließen, ist fraglos richtig, und verständlich ist auch Postmans Erstaunen darüber, daß wir über die Veränderungen in unserer Kultur gar nicht mehr staunen können.
Was Postmans rigorose Abrechnung letztlich unergiebig macht, ist der tiefe Kulturpessimismus, der sie grundiert und dessen Wurzeln in einer priesterlichen Bilderfeindschaft zu suchen sind, in einem ikonoklastischen Reflex, der beispielhaft in seiner Auseinandersetzung mit der Fotografie zutage tritt. Wenn von ihr (und den technisch reproduzierbaren Bildmedien überhaupt) gesagt wird, sie 'untergrabe' die 'überkommenen Definitionen der Information, der Nachricht und in erheblichem Umfang der Realität selbst', so trifft dies zweifellos zu, aber in Postmans Diktion schwingt dabei eine Grabesstimmung mit, die überall nur Atomisierungen und Untergänge wahrnimmt und von tiefer Trauer über die endgültige Verschmutzung ehemals paradiesisch reiner Gewässer erfüllt ist. Negativ fixiert auf das 'böse' Bild und die Exzesse des amerikanischen TV-Entertainments, unterstellt Postman eine ebenso geradlinige wie verderbliche Entwicklung von den frühen Formen der technischen Bildreproduktion bis zur infantilen 'Guckguck-Welt' von heute, die mit dem Fernsehen zu unserer Wohnung geworden sei." (S.27)




1-4  CSI: Miami - Würgemale
USA 2003. R: Joe Chappelle
RTL
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Wenn man die Nekrophilie betrachtet, die in der erotisierenden und videoclipartig mit Musik inszenierten Leichensektion in der hier zitierten Folge von "CSI: Miami" (Prime-Time-Sendung auf RTL, Abb.1-4) enthalten ist, mag man Kreimeiers Befund von 1995 nicht unbedingt teilen. In elegischer Atmosphäre wird die Leiche des weiblichen Mordopfers auf dem Sektionstisch gezeigt und ist dabei so friedlich wie eine Schlafende (1), hat eine gesunde Hautfarbe und ist perfekt geschminkt (2). Die kosmetische Behandlung durch die Pathologin - die kurz darauf gleichwohl ihren Mageninhalt vorweist (Kaviar, auf dessen aphrodisierende Wirkung im Dialog hingewiesen wird) - wirkt wie eine Makeup-Session, nicht wie die Nachbereitung eines Mordes. Die Kamera geht dabei bis zur Großaufnahme von Mund und Nase der Leiche, das Schwämmchen der Pathologin berührt sanft die Lippen (3). Ein paar Einstellungen später sieht man dann eine amerikanische Einstellung der Liegenden und der Pathologin mit einem etwas unerklärlichen Monitorbild-im-Bild der Toten im Hintergrund an der Wand (4). Was - vor allem in Kriminalserien, die zahlenmäßig überwiegen - im TV geschieht, ist oft eine - vordergründig filmstilistisch hochgezüchtete, inhaltlich oft gering motivierte - Übersteigerung jener Medienkritiken: eine "Grabesstimmung" in Hochglanz und cooler Atmosphäre, auch wenn schon beim ersten Nachdenken über Worte, die in Serienszenen gesprochen werden, der Putz über Selbstreferenz, Wiederholung und Weltlosigkeit abblättert. Die "schlafende Schöne" ist eben nicht nur eine Geige im Tatort.

Eher Horkheimer/Adornos und Postmans Auffassungen entsprechend, waren die im Vorhergehenden dokumentierten TV-Erfahrungen für mich persönlich meist entnervend: Ob Krimi, Komödie oder Daily Soap - die inhaltlichen Patterns der Dialogsätze gleichen sich in erheblichem Maß. Kaum ein Dialog, der nicht mit anderen innerhalb einer gesendeten Stunde erhebliche Parallelen in Dramaturgie, Thema bis hin zur Wortwahl aufwies. (Siehe dazu auch die Dialogzitate in anderer thematischer Ordnung.) In den zitierten Folgen von "Der Fahnder" und "SOKO 5113" an zwei aufeinander folgenden Abenden in ARD und ZDF bestand der Spannungshöhepunkt zum Ende der Folge jeweils in der Bedrohung einer hilflosen Frau in verdunkelten Räumlichkeiten und einem last minute rescue durch die Polizei.

Ein hier nicht empirisch nachzuweisender Eindruck soll nicht unerwähnt bleiben: Abgesehen von den Soaps ist die Welt dieser Serien eher von Gefühlskälte gezeichnet. Liebe ist nur ein Randthema, Zärtlichkeit kommt selten vor - am schwelgerischsten innerhalb dieser zufällig aufgezeichneten Szenen in "CSI: Miami" als Behandlung einer weiblichen Leiche durch eine Frau. Dafür finden sich in fast jedem 'Spannungsbogen' erotisierte - meist weibliche - Körperbilder. Wo Menschen sich körperlich nähern, handelt es sich jedoch überwiegend um Gewalt: Verhaftungen, Schlägereien, angedeutete Vergewaltigungen in Situationen der Bedrohung. In "CSI: Miami" folgt Letzteres unmittelbar auf die gezeigten Einstellungen, wenn die Pathologin für den ermittelnden Polizisten den Tathergang rekonstruiert und mehrere schnell geschnittene Einstellungen mit in Schlieren verfremdendem Shutter-Effekt den Überfall auf die Frau in fragmentarischen Bildern v.a. ihres Gesichts illustrieren.

Eine einzige der rund 20 Serien fiel beim Dialog-Abhören deutlich auf: "Hör' mal, wer da hämmert" (Home Improvement, USA 1991-99) hat sich mit der Folge "Stürmische See" (At Sea) als das einzige Beispiel im Zufalls-Sample von ca. 4 Stunden erwiesen, deren Dialogtext sich der Einordnung von Dialogzeilen in die obigen Kategorien über mehr als 10 Min. widersetzt hat, weil Inhalte und Gag-Strukturen offenbar - und darin wohltuend - von einer standardisierten Produktion Abstand nehmen.

In diesen Serien sind Rudimente der von Ideologiekritiken verdammten Scheinwelten übriggeblieben - etwa in der Ansiedlung der Charaktere als Ärzte oder Werbemanager. Doch in ihrem Handlungsskelett sind sie nurmehr Funktionsstellen von sprachlichen Prozeduren, in denen sie funktionieren - auch wenn die Redundanz vollends in den Nonsens kippt. Letzlich entsteht auf der rein ästhetischen Ebene so etwas wie eine pervertierte kybernetisch-robotische Versuchsanordnung, in der es nur darauf ankommt, dass irgendwie ein Wort das andere gibt, Personen vorerst eindimensionale Gründe haben, Handlungen zu vollziehen, sofern letztere gezeigt oder berichtet werden können. Der Restsinn besteht dann in einer hier hoffentlich deutlich gewordenen Tendenz auf Selbstreferenzialität, die wiederum noch ein weiteres Quantum Realismus und Lust tilgt. Und die einer von Kreimeier beim Theoretiker Postman ironisierten "priesterlichen Bilderfeindschaft", einem "ikonoklastischen Reflex" - zumindest auf der hier interpretierten metaphorischen Ebene - in ihrer Meinung und Emotionalität näher zu sein scheinen als dem Metier, deren Ausübende sie sind.

Selbstreferenzialität bedeutet in diesem Fall auch einen spezifischen Humor, der gleichwohl semantisch eine entsprechend wertende Tendenz aufweist: makaber, zynisch, ironisch. In der zitierten SOKO-Folge geht es laut ZDF-Info um den "Drogenbaron Bernd Stelter" - buchstabengetreu der Name eines bekannten Entertainers, der regelmäßig in der wöchentlichen RTL-Satire-Sendung "Siebe Tage, sieben Köpfe" auftritt. In einer Folge des "SOKO"-Spinoffs "SOKO Leipzig" (Folge: Abgetaucht, 21) heißt der Anführer dreier Diebe, die in einem Kunstmuseum einbrechen, mit Nachnamen "Kosslick" - wie der amtierende Leiter der Berliner Filmfestspiele. In "Tatort - Die Kommissarin" (Folge: Gefährliche Übertragung, 22) "verwickelt sich der Psychiater Dr. Thoma, bei dem die Tote wegen ihrer Magersucht in Behandlung war, immer mehr in Widersprüche" (ARD-Info). Damit wird in diesem Film immer wieder der akademische Titel und Nachname von Helmut Thoma, dem langjährigen Geschäftsführer von RTL, erwähnt, u.a. mit dem Hinweis auf seine "perversen sexuellen Neigungen". Dass die von RTL lancierte Soap-Kultur jene weiblichen Körpervorbilder prägt, die von Psychologen als ein Faktor bei der Entstehung von Magersucht benannt werden, lässt eine solche Schmähung wahrscheinlicher werden. Das Drehbuch stammt von einer Autorin, Eva-Maria Mieke.

TV-Serien wie diese scheinen sich selbst vorzuführen als absurde Wiederholungsmaschinen, in denen neben den Selbstreferenzen alle Ereignisse und Zeichen vorstrukturiert sind von einem manipulativen Set von Ingredienzen - Voyeurismus, Gewalt, suspense, Humor, Wunschvorstellungen von Liebesbeziehungen -, die in der Realität existieren als style-sheets, an die sich Autoren zu halten haben und die etwa das 'Einbauen' erotischer Momente am Anfang, den 'zweiten Mord' als notwendigen dramaturgischen plot point und die Vermeidung sozialrealistischer - weil von den produktionstechnisch Verantwortlichen bei TV-Sendern als deprimierend und 'quotenfeindlich' aufgefasster - Themen enthalten können.

Die Informationsfülle zu diesen TV-Sendungen, die gegenwärtig die Recherchearbeit für einen Text wie diesen erleichtert, hält unerwartete Irrwege bereit: Videotext-Infos etwa von VOX zu "Ally McBeal" geben nicht korrekt jene Folge an, die im selben Moment gezeigt wird. Die zitierten Daily Soaps ersparen sich auf ihren offiziellen Homepages jedweden Namen von Menschen hinter der Kamera. Da hilft meist nur die Flucht nach Österreich: www.kurier.at führt zu jeder Folge der Soaps nach Möglichkeit Regie und Buch auf. (Einzig im Fall von "Unter uns" hat das nicht geholfen. Hier findet sich im Netz nur eine Aufzählung von drei Autoren der Serie auf der Seite des Produzenten UFA.) Im Fall von Fansites werden oft lediglich Inhaltsangaben anderer Sites kopiert und in neue Layouts integriert. Einschaltquoten sind nur eingeschränkt - v.a. im Videotext der TV-Sender - und nicht in rückblickenden Archiven zugänglich.

Das Produkt, das über seine Konsumenten lacht, tut es im Fall dieser TV-Drehbücher z.B. in dem wiederkehrenden Hinweis auf Kommunikationsprobleme. Die Absichtserklärungen von Filmfiguren widersprechen dabei oft der sozialen Realität. Tatort: "Darüber reden wir noch." (1); GZSZ: "Aber darüber reden wir noch." (16)

In Wirklichkeit wird jedoch öffentlich weniger offen kommuniziert, als dass der Filmtext selbst in dazugehörigen Paratexten noch einmal aufgebläht wird. Viel Zeit vergeht nicht nur mit dem Ansehen solcher Serien - "Also holen Sie ihn schnell da raus, ja? Ich will nicht, dass wir heute abend noch den Notdienst rufen müssen." (14) -, sondern offensichtlich auch in der Teilnahme von Chats und Foren oder dem Lesen von Texten der Güteklasse: "Björn Winter wohnt in der Dach-WG mit Eva Wagner, Paco Weigel und Svenja Lindström. Nach Maltes Auszug und seit seiner Anstellung in der Werbeagentur Härtling verläuft Björns Leben eher in ruhigen Bahnen. Doch in nächster Zeit wird sich Björn intensiv um seinen Bruder und seine Schwägerin Rebecca kümmern müssen. Hoffentlich nicht zu intensiv..."
(http://www.rtl.de/soaps/gzsz_uu_196570.php)

In einem Interview mit dem langjährigen SOKO-Darsteller Wilfried Klaus von Axel Laustroer auf der ZDF-Website wird denn auch ausgiebig die verflossene Zeit thematisiert: "SOKO 5113 ist ein ganz langes Stück Leben von mir, an das ich zum allergrößten Teil gerne denke. Natürlich gibt es immer ein paar Ecken und Kanten, aber in der Gesamtheit der Jahre war und ist es weiterhin, wie ich hoffe, eine sehr sehr gute Zeit." Zweimal wird die Tatsache besprochen, dass bei den Drehs für aufeinander folgende Staffeln die Kulissen vernichtet worden seien: "Alle gingen davon aus, dass danach die Story ausgereizt und der Erfolg beendet sein würde. Aber das Gegenteil war der Fall. Da war die Deko dann aber auch schon wieder vernichtet worden. Und so wurde entschieden, die Dekoration erst einmal irgendwo einzulagern, um sie bei Bedarf wieder herauszuholen - was dann ja auch sehr oft der Fall war." Letzteres ist wahr. Das Gespräch endet mit einer Reminiszenz an den Tod des Hauptdarstellers Werner Kreindl, die ins Bild makabrer Selbstreferenz passt: "Wir haben dann die realen Umstände auch ins Buch genommen; der Karl Göttmann ist auch an einem Herzinfarkt gestorben. Und diese Szene, also die Situation der Todesnachricht, zu spielen - das war wie eine zweite Totenfeier."
(
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,1021260,00.html)

Es gibt Menschen, die Ihre Internet-Publikationen ganz dieser Zeichenlawine verschrieben haben. Am Ende dieses Textes findet sich eine Auswahl von Netzadressen, für die das Seriengucken Passion ist. Ihrer Sammelwut dankt man so manche Daten; ihre Zahl, der erkennbare Zeitaufwand von Machern und Usern sind angesichts der Inhalte, die sich an vorangehenden Beispielen ablesen lassen, manchmal eher beunruhigend - wenn man etwa bedenkt, was deshalb stattdessen nicht (mehr) getan werden kann.

Es sei hier einmal vermutet, dass die Erzählkultur dieser TV-Serien weitgehend einmal zu einer Kultur des Pseudo-Erzählens gerechnet werden wird. Dabei geht es nicht darum, hier irgendjemand 'den Spaß zu verderben'. Es geht um die Frage, ob diese Zeichenprodukte die Zeit wert sind, die sie beanspruchen, und ob es nicht andere, amüsantere, auch ohne elektronische Filter soziale Möglichkeiten gäbe, mit alten und neueren Mythen seine Zeit zu verschwenden - in bestimmten Maß ist Wiederholung dabei unvermeidlich und sogar essenziell. Und ob es nicht andere Arten der Produktion von Geschichten gäbe, die nicht als oberstem Gebot etwa der Anforderung folgt, wöchentlich 38 Minuten und 30 Sekunden Sendezeit zu sein.

Die Dauer des täglichen Fernsehkonsums hat sich laut einer GFK-Studie (Gesellschaft für Konsumforschung) vom Januar 2005 von 1992-2004 von 158 auf 210 Minuten erhöht (siehe Links am Ende des Dokuments). Die Hinweise auf die Veränderungen der Lebens- und Verhaltensweisen zumal von Jugendlichen, an denen von Medizinern und Pädagogen fortwährend Bewegungsmangel und Lernschwierigkeiten beklagt werden (siehe auch meine Reflexion zur Medienpädagogik), lassen hier explizierte - vordergründige und metaphorische - Inhalte von Serien zynisch wirken: "Aber selbst, als ihm die Beine weggeknickst sind, und er nicht mehr reden konnte, hat er einfach weitergemacht, es war ihm alles egal!" (17)



http://epguides.com
http://www.krimiserien.de.vu
http://www.saifai.co.uk
http://www.serienjunkies.de
http://tvtome.com
http://www.tv-scripte.de





Zitat-Quellen


Adorno, Theodor W.: Gesammelte Schriften. Bd.3. Dialektik der Aufklärung. Frankfurt a.M. 1986

Baudrillard, Jean: Der symbolische Tausch und der Tod. München 1991 (OA., frz: 1976)

Fiske, John: Videolüste. In: Ders.: Lesarten des Populären Wien 2000 (OA., engl.: 1989), S.96-112

Hall, Stuart: Kodieren/Dekodieren (OA., engl.: 1973). In: Bromley, Roger / Göttlich, Udo / Winter, Carsten (Hg.): Cultural Studies. Grundlagentexte zur Einführung. Lüneburg 1999, S.92-110

Horton, Donald / Wohl, R. Richard: Massenkommunikation und parasoziale Interaktion. Beobachtungen zur Intimität über Distanz (OA., am.: 1956). In: Adelmann, Ralf / Hesse, Jan O. / Keilbach, Judith / Stauff, Markus / Thiele, Matthias (Hg.): Grundlagentexte zur Fernsehwissenschaft. Theorie - Geschichte - Analyse. Konstanz 2001, S.74-104

Kreimeier, Klaus: Lob des Fernsehens. München 1995. Der Autor zitiert hier Postman, Neil: Wir amüsieren uns zu Tode. Frankfurt a.M. 1985, S.103

Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt a.M. 1999, 3. Aufl. (OA.: 1997)



TV-Serien:

(1) Tatort - Die schlafende Schöne. D 2005. R/B: Dieter Berner (ARD)

(2) Schwarzwaldklinik - Mit Geld geht alles. D 1989. R: Hans-Jürgen Tögel. B: Herbert Lichtenfeld (ZDF)

(3) Ally McBeal - Im Land des Lächelns. Body Language. USA 1998. R: Mel Damski. B: David E. Kelley / Nicole Yorkin / Dawn Prestwich (VOX)

(4) ER - Kind nach Wunsch. Hazed and Confused. USA 1998. R: Jonathan Kaplan. B: David Mills / Carol Flint (Pro 7)

(5) Der Fahnder - Blindspur. D 2001. R: Mike Zens. B: Sönke Lars Neuwöhner (ARD)

(6) Kein Weg zurück. D 1999. R/B: Volker Vogeler (ZDF)

(7) Die Männer vom K3 - Tod eines Festmachers. D 1999. R: Andreas Thiel . B: Harald Vock (NDR)

(8) Das Traumhotel - Verliebt auf Mauritius. D 2004. R: Gloria Behrens . B: Hilly Martinek / Krystian Martinek (SWR)

(9) Ein Gauner Gottes. D 2004. R: Helmut Metzger. B: Felix Huby / Hans Münch / Ulrike Münch (MDR)

(10) Wolffs Revier - Standrecht. D 2002. R: Michael Knof. B: Marija Erceg (Sat 1)

(11) Akte X - Unsichtbar. Unrequited. USA 1997. R: Michael Lange. B: Michael Lange / Chris Carter (Pro 7)

(12) Akte X - Rückkehr aus der Zukunft. Synchrony. USA 1997. R: Jim Charleston . B: Howard Gordon / David Greenwalt (Pro 7)

(13) Harrys Nest - Die Revolverlady von Miami. Harry's got a Gun. USA 1991. R: Steve Zuckerman. B: David Richardson (Super RTL)

(14) Unter uns. Folge 2597. D 2005. R: Stefan Jonas. B: Pet Klömpges / Volker Pielert / Peter Vancsik (RTL)

(15) Star Trek - Das nächste Jahrhundert Kontakte. Attached. USA 1993. R: Jonathan Frakes. B: Nicholas Sagan (Kabel 1)

(16) SOKO 5113 - Gelübde. D 1999. R: Carl Lang. B: Conny Lens (ZDF)

(17) Marienhof. Folge 2637. D 2005. R: Irina Popow. B: Katharina Hajos (ARD)

(18) King of Queens - Die Klette. Head First. USA 1998. R: Pamela Fryman. B: Michael J. Weithorn / David Litt (Kabel 1)

(19) Gute Zeiten Schlechte Zeiten. Folge 3237. D 2005. R: Ulf Borchardt. B: Clemens Aufderklamm (RTL)

(20) CSI: Miami - Würgemale. Innocent. USA 2003. R: Joe Chappelle. B: John Haynes / Steven Maeda / Sunil Nayar (RTL)

(21) SOKO Leipzig - Abgetaucht. D 2005. R: Sebastian Vigg. B: Frank Koopmann / Roland Heep (ZDF)

(22) Tatort - Die Kommissarin - Gefährliche Übertragung. D 1997. R: Petra Haffter. B: Eva-Maria Mieke (ARD)

(Alle zitierten TV-Sendungen mit Ausnahme von 21/22 - größtenteils in Wiederholung, siehe Produktionsjahre - ausgestrahlt am 29./30./31.5.2005 im deutschen terrestrischen Digital-TV.)

Studien zum Fernsehkonsum:
http://ww.gfk.de/produkte/statisch/services/produkt_1_1_3_415.php
http://www.agf.de

 

Ergänzende Dokumente (im Text erwähnt):
 Chat-Protokolle zu "Gute Zeiten Schlechte Zeiten"
 Dialogzitate in anderer thematischer Ordnung

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