Thorsten Schulte wiederholt Thesen aus “Saturn #Hitler”

Am Inhalt dieses Videos wird ersichtlich, was Thorsten Schulte aus meiner eigenen Buch-Publikation “Saturn Hitler” (2016) drei bis vier Jahre später als seine eigene Sensation anzupreisen versucht. [Schulte hat mittlerweile kurz angemerkt, dass er mein Buch nicht kannte, siehe hier den Kommentar.] Das ist mir nicht prinzipiell unrecht – allerdings hat es im geringen zeitlichen Abstand schon ein Geschmäckle. Mein eigenes Buch sollte zumindest für Rechercheure zum Thema mit entsprechenden Suchbegriffen findbar sein. Auch gibt es mehrere Videos (siehe meine Info-Seite zum Buch), in denen teils sogar die hier aufgebrachten Aspekte kostenlos zugänglich im Internet sind.

Auch wenn erbärmliche Ideologen in einem solchen Fall statt sachlicher Debatten sicher gern Pseudo-Psychologien von Neid-Gefühlen aufstarten, sag ich’s an dieser Stelle doch mal, wenn’s kein anderer sagt: Ein Thorsten Schulte hat hier gleich innerhalb von zwei Tagen über 60.000 Abrufe auf YouTube. – Hat sich demgegenüber etwas von meiner Veröffentlichung in diesem Internet vergleichbar herumgesprochen? Tilman Knechtel danke ich meinen größten YouTube-Erfolg mit einem Gespräch zu seinem Buch mit über 100.000 Abrufen. Die Revanche im Gespräch zu “Saturn Hitler” hat derzeit knapp 10.000 erreicht.

Sicher ist mein Buch komplizierter als viele andere Titel angelegt, begibt sich noch auf dünneres Glatteis der Argumentation. Was hier aber eindeutig (anhand des von Schulte Gesagten) festzustellen ist, ist, dass, statt eine Debatte aufzugreifen und zu fortzuführen, in seiner Darstellung gleich wieder viele Aspekte hinten herüber fallen. (Ich darf mir diese Anmerkung, glaube ich, auch erlauben, da ich hier im Blog laufend andere Autoren empfehle, da ich sie als Wissenschaftler zitiere, da ich andere Autoren in redaktionellen Funktionen immer gewürdigt und unterstützt habe. Es liegt mir fern, mich mit anderen Federn zu schmücken. Nicht nur im Internet ist die Praxis von Charakteren, die sich in der Wahrnehmung von Massen durchsetzen, oft leider eine ganz andere … Naja, jeder muss mit sich selbst zurechtkommen. Es gibt da sicherlich noch ganz andere Fälle als Schulte, der vielleicht auch nur ums Überleben kämpft, ich weiß es nicht.)

Ernst Hanfstaengl wird von Schulte, wie von mir, als ein des US-Agententums verdächtiger wesentlicher Helfer Hitlers hervorgehoben. Was er hier nicht erwähnt, ist, dass zu seinem Deutsch-Amerikanertum eine lange Familiengeschichte im Umfeld des bayerischen Königshauses gehört. Sporadisch erwähnt er den New Yorker Kunsthandel Hanfstaengls, nicht aber, dass dieser eben auf einer starken Familientradition des Umgangs mit Bildern basierte. Dies ist ein Ansatzpunkt meines Buches: Neben Fotograf Heinrich Hoffmann, teilweise ausgebildet in London, stand Hitler mit Hanfstaengl ein familiärer Hauptvertreter der Ikonografie der Macht zur Seite. Seine New Yorker Galeristen-Tätigkeit war eher ein Nachspiel des hoheitlichen repro- und fotografischen Familienbetriebs in Bayern im 19. Jahrhundert.

Foto- und Mediengeschichte sind eher junge Disziplinen und wurden durch die Wissenschaftspolitik der letzten 10 bis 20 Jahre wohl gründlich desorientiert – bevor sich noch jemand mit Inhalten wirklich beschäftigt … Und so trumpft auch Thorsten Schulte hier mit Fakten auf, die im Wesentlichen schon in meinem Buch enthalten sind, während er die Perspektive erneut verkürzt, was die Bedeutung von Bildern und Medien in diesem historischen Kontext betrifft. Und diese führt uns eben noch auf eine Reihe von Spuren, die für mich ebenso bedeutsam sind, wie sie die von Schulte durchaus zu Recht gewählte Perspektive noch viel weiter vertiefen und stärken könnten.

Wie die Bedeutung der Bild-Inszenierungen erwähnt hier Schulte mit keinem Wort den Aspekt des Okkultismus. Dieser gehört ebenso zum gut sichtbaren Umfeld Hanfstaengls in New Yorker Zeiten – eng verknüpft mit seiner Propaganda-Tätigkeit für den deutschen Kaiser im Zweiten Weltkrieg, neben Hanns Heinz Ewers sogar verbunden mit dem wohl für die Briten spionierenden Satanisten Aleister Crowley.

Auch die verwirrenden Implikationen der Beziehung des Hitlerismus zu Henry Ford zäume ich nochmal anders auf als vorherige Autoren – wobei einige wesentliche Hinweise von Dieter Rüggeberg stammen, der im Gegensatz zu vielgelesenen “Fachhistorikern” nicht verschweigt, welches geheimgesellschaftliche Fundament das Wirken Fords hatte.

Die von Schulte erwähnten Details sind nicht die einzigen eher unbekannten Aspekte. Zu Hitlers Geldbeschaffern gehörte auch der schwule Dandy Kurt Lüdecke, der zuvor schon für den judenfeindlichen Geheimdienst Henry Fords gearbeitet hatte …

Aber lassen wir es vielleicht an dieser Stelle damit bewenden, sonst erzähle ich hier noch meinen Buchtext nach. Aufgrund der geringen Resonanz habe ich “Saturn Hitler” gerade aus dem normalen Buchhandels-Katalog genommen, es ist aber nach wie vor bestellbar in der amazon-Ausgabe.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

4 Antworten

  1. Lasse Sie mich Ihnen versichern, dass ich Ihr Buch bislang nicht kannte, bis heute nicht besitze und folglich auch nicht gelesen habe. Ihnen für Ihre Arbeit Erfolg, aber anderen nicht sofort ein Plagiat unterstellen. Herzliche Grüße Thorsten Schulte

    • Danke für die Rückmeldung. Dann entschuldige ich mich für ein paar rhetorische Beiklänge – ich habe Sie aber ja nicht offen des Plagiats angeklagt. Es kam mir nur etwas spanisch vor – abzüglich der Tatsache, dass eine solche neue Perspektivierung heute etwas mehr Gehör findet als zuvor über Jahrzehnte. Dass filmdenken schlecht gefunden wird, liegt u.a. an einem weitgehenden Schweigen anderer Autoren nicht zuletzt desselben Spektrums (die ich fast durchweg und sehr kontinuierlich empfehle); von der Zensur auf Wikipedia nicht zu reden, was schon einfache Recherche blockiert. Auf meinem Google gelangt man gerade auf Seite 7 über “Hitler Ernst Hanfstaengl” zu filmdenken-Beiträgen über den Letzteren. Häufiger werde ich gefunden über academia.edu, wo Info und Vorwort zu finden sind. Über archive.org sollte man bei diesen Themen auch immer mal gehen – da wären Sie sofort zu mir gelangt: https://archive.org/search.php?query=ernst%20hanfstaengl. Teilweise besser findet man per Google thematische Beiträge von Ingo Bading mit vielen der notorischen Personalien. Wir sind bekanntermaßen auch ansprechbar über das Netz. ? Solche Recherchelücken passieren, davon will ich mich nicht als frei erklären.
      Ich habe hier oben im Text den Hinweis zu Ihrem Kommentar gleich zu Anfang ergänzt, damit Leser dies in jedem Fall bemerken. Stellen wir doch vielleicht erstmal fest, dass Zugänglichkeit von Informationen immer von Vorteil ist – und ich habe ja zu Beginn ebenso zum Ausdruck gebracht, dass ich Ihr Projekt als solches durchaus begrüße. Die übrigen Kritikpunkte hier sind ja eher Hinweise, was es bei mir noch zu entdecken gibt. In fachlicher Hinsicht geht es dann darum, ob auch die noch schwieriger zu beschreibenden Randbereiche des Hitlerismus zur Sprache kommen. Und da ist die Erfahrung mit anderen Publizisten, die eher ‘die Szene beherrschen’, oft deprimierend, weil sie zwar über das eine, über das andere aber wieder doch nicht sprechen wollen – und der Zirkus der Ablenkungen, Übersteuerungen und Leerstellen geht wieder auf andere Weise los.
      Eine Reaktion auf meiner Seite ist unter Autoren mit größerer Öffentlichkeitswirkung in Ihrem Fall eine seltene Ausnahme – und Sie sehen selbst, was oft der einzige Weg scheint, solch einen Dialog wenigstens in dieser Weise einmal zu führen.

  2. frstbischofvongurk sagt:

    Sie nehmen es “sportlich”, Herr Hermsdorf. Obwohl ich in Ihrem Beitrag auch eine gewisse “Gekränktheit” herauslese. Nichtsdestotrotz: bitte unbeirrt weitermachen!

    Ein regelmäßiger Besucher Ihrer hochinformativen Seite.

    • Danke! Wie ich andeute: Ich entscheide mich ab und zu dafür, derlei anzumerken, weil es Lesern sonst sicher nicht unbedingt auffällt. Der Wettbewerb von Autoren verschärft sich nochmal im Internet, hinzu kommen (wie im Verlagsgewerbe allerdings auch) völlig ungleiche Voraussetzungen, sich Werbung und Aufmerksamkeit im Vorhinein kaufen zu können (oder eben nicht). Das ist dann umso witziger, wenn für Internet-Nutzer die Suggestion besteht, es herrsche eine besondere Freiheit der Zugänglichkeit und Information.
      Vier Jahre nach meinem Buch mit diesen Informationen aufzutrumpfen, ggf. ohne mich überhaupt zu erwähnen (ich habe das Buch noch nicht auf Literatur-Hinweise überprüft), wäre schon nicht wirklich sauber. Und, wie eben gesagt: Wenn es kein anderer sagt … Da herrschen im Netz wieder nur etwas veränderte Konstellationen von merkwürdig überförderten Protagonisten, Cliquen-Bildung, Ideen-Klau …
      Von “Gekränktheit” bei mir würde ich da eigentlich nicht sprechen, weil es eigentlich nur eine sachliche Information ist, die dazu öffentlich präsent sein sollte. Das würde ja bedeuten, es bestünde zuerst bei mir ein Anlass, mich ‘kritisch zu prüfen’. Wer psychologisiert denn mal über Herrn Schulte vor diesem Hintergrund? Was sind das für Verhaltensweisen?

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