Umwelt mit Waldi Neue TV-Formate zur Weltverbesserung wären erwünscht |
Februar 2006 Publizistik
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Jedes andere Thema kann von einer derartigen Medienpräsenz wohl nur träumen. Sang- und klanglos etwa geht die unmodische Nachricht unter (d.h. sie wird an einem Tag erwähnt und dann für ein Jahr in die Rubriken speziell Interessierter eingedämmt), wie es um den Wald bestellt ist. In den 1980er Jahren war das ein Modethema. Die ökologische Situation hat sich nur geringfügig verändert, aber die Aufmerksamkeit ist enorm gesunken. Hier fragt fast niemand mit dem Nachdruck, der den Haltungsnoten beim Skispringen gewidmet wird, ob wir nicht zu viel riskieren. Das wird schnell klar, wenn man sich an Hand von Websites eine Meinung bilden möchte. Das Bundesamt für Statistik zeigt, dass die Schädigungen von Bäumen in Deutschland 2001-04 zugenommen haben (www.destatis.de). Im "Waldzustandsbericht" der Bundesregierung für 2005, wie ihn eine Pressemitteilung des Bunds für Umwelt- und Naturschutz (BUND) wiedergibt, klingt das so: "Die gestiegene Zahl erkrankter Bäume besonders in Baden-Württemberg, Hessen und dem Saarland liege an den jahrelangen Belastungen mit Säuren, Stickstoff, Ozon und Abgasen. Wälder und Waldböden in Deutschland und Europa stünden seit langem unter Dauerstress. Das Gros der waldschädigenden Schadstoffe stamme weiterhin aus dem Verkehr und der Landwirtschaft. Die Zunahme der schweren Schäden bei Eichen um sechs Prozent im Mittel aller Bundesländer sei Besorgnis erregend." (www.lapla-net.de) Da gibt es einen nahe liegenden Gedanken: An den Belastungen mit Schadstoffen muss sich etwas ändern. Darüber, dass mit der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel hierfür etwas getan werden kann, streitet wohl niemand. Aber wie sieht die Tendenz in der Verkehrspolitik aus? Eine Website gibt Auskunft zum Thema und kündigt u.a. die 8. Jahrestagung des "Euroforums" im Mai 2006 in Berlin an, auf dem der Öffentliche Personennahverkehr debattiert wird. Hier heißt es: "Ausgelöst durch die Sparzwänge der Finanzminister in Bund und Ländern wird der ÖPNV immer mehr zum ungeliebten Kind. Und dem werden, wie im richtigen Leben, Aufmerksamkeit und Zuwendungen erst einmal gekürzt! Verkehrsunternehmen wie Aufgabenträger trifft diese – schon so bezeichnete – Verkehrswende in der entscheidenden Phase des Umbruchs." (http://www.newstix.de) Schnell
vergessen ist also auch ein Bild wie dieses, mit dem sich Hollywood
2004 für ein paar Wochen der ökologischen awareness
gerühmt hatte: Autos
sind Hilfsmittel, Wirtschaftsfaktor, Hobby, Leidenschaft - in
Deutschland und anderswo. Von Hybridmotoren ist da in letzter Zeit die
Rede, die den Verbrauch fossiler Brennstoffe reduzieren sollen. Auch
der ADAC informiert über die ökologische
Verträglichkeit neuer Automodelle. Im Eco-Test 2004 sind die Ergebnisse
für 300 Beispiele zusammengefasst. Der Kraftstoffverbrauch
bewegt sich zwischen 4 und 12 Litern - vom Kleinstwagen bis zu
Limousine bzw. Geländewagen. Sieht
man sich z.B. das Referat von Dr.
Walter Hell (2002, Institut für
Mobilitätsforschung, BMW Group) zur "Zukunft der Mobilität" an, ist von Umweltbewusstsein
nicht sonderlich viel die Rede. In einem einzigen Diagrammfeld kommt das Wort
"Umweltpolitik" vor, doch sonst ist nur von Angebot, Nachfrage, Verkehrsaufkommen und
Infrastruktur die Rede. Dass die Energiekosten bis 2020 deutlich
steigen, Fahrbahngebühren eingeführt werden und
Innenstädte Zufahrtsbeschränkungen erhalten,
gehört hier zu den Prognosen. Vom Wald ist keine Rede. Anders hört sich das in einer Diplomarbeit
der Technischen Universität Berlin von Stefan
Zander an: "Das
Fahrrad als städtisches Verkehrsmittel der Zukunft Danach lässt sich zum nächsten Clash der Jargons
überleiten. Denn auch wenn der ADAC auf Umweltverträglichkeit
prüft und eigentlich jeder Bescheid zu wissen glaubt - der
sprachliche Alltag in der Szene jener, die dem Automobilismus
fröhnen, sieht anders aus, als der Berufspädagoge es
erträumt. Im manager magazin klingt das 2004 so: "Hamburg - Schnurren, bullern, brüllen - die liebkosenden Worte, mit
denen BMW-Fans ihre Antriebsaggregate beschreiben, unterscheiden sich zwar kaum
von denen anderer Automobil-Enthusiasten. Nur bei BMW (und Porsche) beschreiben sie aber auch treffend die Dynamik der
Geschäftsentwicklung der Marke."
Hier geht es darum, "technische Innovationen medienwirksam zu
verkaufen", und jenseits scheinbar unnötiger Fragen nach dem
Benzinverbrauch berichtet Autor Christian Buchholz
vom "kleinen Geländewagen X3, der in den USA schnell zum
Nischen-Schlager wurde." Da macht dem Standort Deutschland zwar der
"Wermutstropfen China" Sorgen. Schlusssatz zum Thema BMW: "Trotz der
hohen Lohnkosten in Deutschland schnurrt und bullert schließlich
das Geschäft." Die Steigerungswut referiert auch Autor(In) Leoni in dem auf www.yahoo.dewiedergegebenen
Kommentar der "Financial Times Deutschland"
vom 9.2.2006. Hier geht es zunächst um die Pläne von
Peugeot: "Statt Überkapazitäten zu kürzen, will die
Firma in den nächsten vier Jahren 26 neue Modelle auf den Markt
bringen, den Absatz um 800.000 Einheiten steigern, die Oberklasse
aufrollen und die Kapazitätsauslastung damit von 60 auf 79 Prozent
erhöhen." Und skeptisch folgt die Nachfrage: "Trotz steigender
Rohstoffkosten hat der Stoxx Autos allein seit Ende 2005 um 9,4 Prozent
zugelegt, wobei bis auf PSA alle Titel gestiegen sind. Das gilt selbst
für die Zulieferer, obwohl die doch unter dem Ansinnen der
Hersteller leiden sollten. Vielleicht gehen die Anleger ja davon aus,
dass die in dieser - und anderen - Branchen freigesetzten Mitarbeiter
massenweise neue Autos kaufen, um sich die neu gewonnene Freizeit zu
versüßen. Von einem Konjunkturwunder abgesehen, müsste
sonst der eine oder andere Titel doch auch mal nachgeben, nicht?"
Die Frage ist, ob solche Töne im Weltinnenraum des Kapitals
verhallen oder in irgendeiner Weise Konsequenzen haben. Sonst wird
Slavoj Zizek mit seiner Kapitalismuskritik wohl Recht behalten. Wie wäre es, demnächst mal eine Wald-Olympiade zu
veranstalten? Statt der Reißschwenks an der Bob-Bahn, die
mittlerweile wahrnehmungsphysiologische Ansprüche ähnlich
jenen von Computer-Actionspielen aufweisen (d.h. rein visuell so etwas
wie besoffen machen)? Statt selbstähnlicher Diskurse? Statt der
wabernden Verbindlichkeiten von
ModeratorInnen gegenüber gehetzten SportlerInnen ein paar Fragen,
die uns alle angehen, an jene, die sie in der Praxis zu beantworten
haben und die sich gern hinter PR-Leuten verstecken, die stinkende,
ätzende Wirklichkeit in duftende Slogans verpacken wie der
hygienefaule Adlige des 17. Jahrhunderts seinen Schweißgeruch im
Puder? Sportberichterstattung, wie sie in Zeiten Olympischer Spiele -
die ja einen hehren Anspruch der Völkerverständigung erheben
- ihr zeitliches Maximum erreicht, ist die bequem konsumierbare
Kehrseite all jener Fragen, die dieselbe umfassende Öffentlichkeit
betreffen, von ihr durch besorgte Politiker und eilfertige
Journalisten aus verschiedenen Gründen aber fern gehalten werden.
Was nicht heißen soll, dass es in Sport und Sportberichten keine
Subversion gäbe. Hören Sie bitte mal hin. |
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