Jan Fleischhauer lügt sich den #Islamismus harmlos

Gut, dass wir darüber diskutieren. Schlecht, dass die Diskussion wohl, wie auch die Sarrazin-Debatte, vorläufig im Sande verlaufen wird. Letzteres gilt zumindest dann, wenn die Propaganda-Organe einer angeblichen Normalität qua Reichweite erstmal wieder obsiegen.

Eine aktuelle Kolumne von „Spiegel“-Autor Jan Fleischhauer zeigt gut, wie das Denken solcher Publizisten funktioniert. Es ist ressentimentgeladen bis dorthinaus. Es scheint mir eine Weltsicht zu repräsentieren, die aus einer noch ganz gut bezahlten journalistischen Sphäre vorgefertigte Ansichten einer vielfältigen Wirklichkeit überstülpt. Dabei behauptet sie gleichzeitig natürlich, weltoffen, toleranter als dumme Wutbürger etc. zu sein.

Fleischhauer provoziert gleich per Überschrift alle, die Verschwörungstheorien für eine demokratische Notwendigkeit halten: „Protestkultur und Pegida: Aufmarsch der Netzverschwörer“. Wie einer großen Zahl von Bezahl-Journalisten ist ihm alles fremd, was seine sichtbaren und unsichtbaren Chefredaktionen ihm nicht als politisch korrekt durchgereicht haben. Er sieht auf solchen Demonstrationen eine Öffentlichkeit, „die ihre Informationen nur noch aus obskuren Ecken im Netz bezieht.“

Was Fleischhauer nicht begreifen zu wollen scheint: Es gibt Google. Es gibt die Möglichkeit, noch etwas anderes zu lesen als den „Spiegel“ oder gleichzeitig Mehreres, während man früher ein Abonnement hatte und von allen anderen Meinungen abgeschlossen blieb. Es kommen deshalb auch andere Einschätzungen, Meinungen und auch reale Erfahrungen zur Sprache. Bei aller Erfahrung, die Fleischhauer in seinem Beruf gesammelt haben mag: diese Neuerungen scheint er zu übergehen. Er scheint nicht wahrnehmen zu wollen, dass Islam in Deutschland noch etwas anderes ist als Fatih Akin, Sebil Kekilli, Nazan Eckes oder Aydan Özoğuz und auch als das Idealbild des integrationswilligen Alltagsmenschen oder sozialen Aufsteigers, den eine linksliberale Presse so oft beschwört.

Man kann heute googlen und sich die Ergebnisse für „Prognose Moslems in Deutschland“ anschauen. Dann erhält man ein vielstimmiges Bild, auch mit Ecken und Kanten. Jedenfalls nicht das, was Portale wie „Spiegel Online“ teilweise sind: oberflächliche, weichgespülte, ob ihrer Trivialität und ideologischen Einschränkung irrelevante Quellen. (Ich meine damit nicht den Anteil reiner Nachrichten des politischen Bereichs. Ich meine aber den Anteil von deren Bewertungen und Überführungen in nur scheinplurale Debatte, erst recht den starken Anteil einer US-amerikanisch dominierten Unterhaltungsindustrie am Gesamtpaket solcher Presse-Portale.)

Dieser Eindruck entsteht wohl auch deshalb, weil sich etwa „Spiegel“-Autoren immer noch in dem Modus der Einseitigkeit äußern. An Fleischhauers Beitrag reihen sich heute, einen Tag nach Veröffentlichung, gut 50 Kommentar-Seiten. Sicher wird Fleischhauer sich demnächst höhnisch darüber äußern, welche Vorurteile sich in Leserkommentaren häufig fänden, denen er sich als aufgeklärter, gut informierter Journalist überlegen fühlt.

Es ist interessanter, sich einen in der Gesamtlinie Fleischhauer durchaus nahen Artikel eines Blogs wie „arprin“ durchzulesen („Wird Europa islamisiert?“, 16.11.2009). Dort kann man dann auch beobachten, wie ein Autor mit kritischen Lesern in Dialog tritt. Es kommen dann Argumente vor wie von Leser Mike:

Die uns eigene Toleranz gibt es im Islam nicht, Moslems sind nachweislich undemokratisch, gewaltaffin, frauenverachtend und homophob. Das geht gegen niemanden persönlich, aber die meisten Moslems können nicht anders, weil sie in dieses Bedrohungssystem eingebunden sind. Unsere heute noch freiheitliche, tolerante und freizügige Gesellschaft ist bedroht durch islamische Intoleranz, mafiöse Machtstrukturen, antidemokratisches Verhalten und hochreligiöse Verklemmtheit.

Er bezieht sich auf die Beschwichtigung, ein Moslem-Anteil von irgendwann 15-25 % statt der angeblichen heutigen 5 % sei unbedenklich.

An einem solchen Austausch wird eher schon einmal deutlich, wo die Argumentation eines Autors nicht ausreichend durchdacht ist und bei entsprechenden Gegenargumenten ins Leere geht.

Auch ein Fleischhauer verleugnet in seiner Rede von den „Netzverschwörern“, dass Informationen, auf die sich etwa Pegida-Demonstranten beziehen, durchaus im Mainstream vorkommen. Man findet in einem Blog wie „Freigeisterhaus“ dann eben mal einen Archiv-Hinweis zu einer ZDF-Dokumentation, in der bei 31:40 Min. die Aussage erfolgt, dass laut Prognosen in 50 Jahren der Anteil der Muslime in Deutschland 50 % betragen könne. Natürlich ist es klar, dass über Prognosen diskutiert werden muss und vieles daran diskussionswürdig bleibt. Nur zeigt dieses Beispiel, was für ein Quatsch es ist, wenn Fleischhauer Pegida-Demonstranten vorwirft, dass diese „vorzugsweise Stellen im Netz vertrauen, die keinem etablierten Medium mehr zuzuordnen sind.“ Es sind Aussagen, die sich genauso im ZDF wie in Blogs finden.

Jenseits bloßer Beschwichtigungen, „auch über Probleme nicht hinwegsehen“ zu dürfen etc., sollten solche Probleme in aller Klarheit und auch angemessen in Umfang und Kontinuität präsent gehalten und nicht aus den Augen verloren werden. Es ist recht bequem, in Redaktionen, aus denen im Fall des „Spiegels“ nach meinem subjektiven Eindruck noch weniger türkische Namen herauszulesen sind als etwa bei der „Welt“, sich gegenseitig darin zu bestätigen, kein Feind einer multikulturellen Gesellschaft zu sein.

Wo sind hier die angemessenen Reaktionen auf Situationen, die kein Einzelfall und höchst alarmierend sind – in denen es um Gewalt und Ausgrenzung von der anderen Seite geht? Ich verweise immer wieder auf die einzige TV-Doku des WDR, die mir selbst nur durch gezielte Suche danach aufgefallen ist: „Kampf im Klassenzimmer“ (D 2010, R: Nicola Graef / Güner Balci).

Die Aussagen dieser Doku finde ich bestätigt in Schilderungen, die meist eben nur über Kommentar-Funktionen auf größeren Websites auftauchen, nicht als redaktioneller Inhalt. Der Nutzer „Bücher“ schrieb am 19.12.2014 auf der Nachbarseite „netzlesen“ zu einem Beitrag im Blog von „Campact“ betreffs muslimischer Schüler:

Die Kinder in meiner Schule, die hier geboren sind und jede Menge Kurse und Freizeitangebote haben, sind allesamt nicht erzogen, insbesondere die Jungen nicht. Sie untergraben jegliche Autorität von Deutschen (Frauen), vor allem dann, wenn sie schon ältere Brüder haben. Das Bewußtsein ist jetzt schon vorherrrschend, dass sie uns demnächst zahlenmäßig überholen werden. Das bekommen sie schon im Elternhaus mit, ebenso dass die Deutschen schlecht sind und den falschen Glauben haben (O- Ton von 6jährigen türkischen Jungen).
Selbstverständlich behandele ich alle Kinder gleich, denn das einzelne Kind kann ja nichts dafür. Aber insgesamt habe ich kein gutes Bild von Muslimen, weil sie sich oft genug in der Öffentlichkeit daneben benehmen, kein gutes Bild von uns haben (klassisches Klischee: alle deuschen Männer sind Schlapppschwänze und deutschen Frauen Huren) und sich in ihrer Denke sowie in ihrem Habitus, vor allem was Frauen angeht, nach wie vor noch bei ihren Urgroßvätern aufhalten.

Vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen – die ich auch schon in persönlichen Gesprächen gehört habe – scheint mir das Naserümpfen über Pegida, wer immer die Demos organisieren mag, einfach nur blasiert und unangebracht. Dazu ist in der journalistischen Aufarbeitung von Realitäten, die es durchaus gibt, bisher zu viel versäumt worden. Es ist schon klar, dass jeder Bericht dieser Art Ausländerfeindlichkeit schüren, die innergesellschaftliche Kluft vergrößern kann und gut bedacht sein will. Doch auf diese Weise Realität zu leugnen, die etwa Lehrer und nicht-muslimische Schüler tagtäglich betrifft und manchmal an Leib und Leben gefährdet, ist schlicht fahrlässig. Und sie bestätigt genau das, wovon Fleischhauer behauptet, es sei lediglich ein Vorurteil Islam-kritischer Demonstranten: die Unzulänglichkeit einer dann zu Recht „geschmähten ‚Mainstreampresse‘“.

Frohe Weihnachten übrigens.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

2 Antworten

  1. Die islamischen Zuwanderer kommen zwar aus verschiedenen Ländern, was normalerweise eine Assimilierung begünstigen sollte.

    Der Islamismus ist jedoch ein starker gemeinsamem Nenner, um den sich Muslime in der neuen Heimat oft scharen, selbst wenn sie sich in der alten Heimat noch gegenseitig bekämpft hatten:

    https://aron2201sperber.wordpress.com/2013/05/25/gangster-rap-und-scharia-in-graz/

    Es ist leider kaum anzunehmen, dass die Muslime, wenn sie in Deutschland die Mehrheit hätten, sich anders benehmen würden als in allen anderen Ländern, in denen sie bereits die Mehrheit haben.

    Vor 30 Jahren hätte sich auch niemand vorstellen können, dass die Türkei eine Re-Islamisierung erleben würde…

    …und es ist trotzdem geschehen.

  2. teleherzog sagt:

    nicht ‚Mainstreampresse‘ , das ist die Lügenpresse 😀 und sie hatten es beim Fascho-Maidan-5 MRD-USD-US-Putsch und bei MH17 “Putin war`s” übertrieben, MH17 war übrigens ein Ukr-Pilot mit ner SU-25 , ist heute sogar in der LÜGENPRESSE angekommen, siehe focus.de ~ dein Artikel war aber gut.. aber Pegida ist weniger Islamismus und mehr Asylgesetze nicht einhalten & jeden Einwanderungsbewerber “Flüchtling” nennen (das sind 70%) dazu noch Dublin III Mißachtung oder wieso kommen welche aus Italien? 2015 wird stürmisch, ob sie begreifen die ca 500.000 Nichtflüchtlinge schnell abzuschieben? wären ja so einige Busse zum Mittelmeerhafen & sollten schonmal in ganz Europa reservieren, weil Flieger wär wohl bei 500.000 arg teuer..

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