Eine
Video-Collage |
Die
Fußball-WM 2006 ist vorüber. Doch sie hat ihre Spuren hinterlassen,
und das nicht nur im Guten. Sie hat die Welt in Deutschland empfangen, aber
sie hat auch Freundschaften zerstört. So jenen mythischen Bund von Gerhard
Delling und Günter Netzer. Der Streit des Journalisten und des Fußball-Experten
im ARD-Programm soll reine Inszenierung sein. Doch Zweifel sind berechtigt.
Was wir in diesem Jahr gesehen haben, kam einer Exekution näher als dem
munteren Geplaudere, das hier zu erwarten war.
Delling hat Netzer in den Abgrund seiner fußballerischen Psyche, seiner
Sprache zwischen Kommentar und Publicity gestürzt. Danach wird nichts mehr
so sein, wie es war.
Endlos – Obszön
– Sachkundig
Die Gespräche von Gerhard Delling mit Günter Netzer in der ARD-Berichterstattung
zur Fußball-WM 2006 sind der seltene Fall einer öffentlichen Psychoanalyse.
Von den freundschaftlichen Anfängen führt der Weg in einen Abgrund der Ambivalenz
– was meint Delling, wie reagiert Netzer, was sagen Worte überhaupt noch im
Angesicht des Gesamtkunstwerks Fußball?
Die Kultur
dieses Sports, soviel ist am Ende klar, ist zum einen symbolische Politik, zum
anderen ein erbarmungsloses Sprachspiel, das in die seelischen Untiefen der
Beteiligten führt. Bis an die Grenze der Aphasie führt der Seelenarzt Delling
seinen berühmten Probanden. Und dieser erlebt stellvertretend für seine Fangemeinde
ein Martyrium der Wortfindung und des metaphorischen Kampfes.
Fußball als Personalie – darin liegt eine weitere Brisanz der Begegnung von
ARD-Journalist und Ex-Fußballprofi. So fern die Gesichter der Spieler auf dem
Platz, so dicht das Geflecht der Ähnlichkeiten in Gegenwart und Historie. Netzer
und Overath, Ballack und Lehmann, Lampard und Gerrard, Netzer und Delling –
wer ist wer? Und wer ist Peter Crouch? Es ist, vernimmt man Delling, „… eine
Gesichts-OP, und keiner merkt was davon.“
Fußball ist Fußball, Fußball ist Gesicht, und Fußball ist Geld, viel Geld. Günter
Netzer erlaubt sich, nicht nur als Manager und Shareholder der Schweizer Firma
„Infront“ die WM 2006 zu vermarkten, sondern auch als „Experte“ der ARD im Fernsehen
aufzutreten. Mit anderen Worten: Der Verleger rezensiert das Buch gleich selbst.
Doch er hat die Rechnung ohne den Delling gemacht.
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