Deutschland of Confusion

09.09.2007


Tell me why this is a land of confusion
Genesis


Beim Nachdenken über Antinomien der gegenwärtigen Vernunft empfiehlt es sich, ein paar der Stimmen abzurufen, die unsere Art, Vernunft sprachlich zu definieren, strukturieren. Will sagen: Wer darüber sprechen möchte, was er meint, sollte erst einmal wissen, warum er was meint. Diese Fragestellung scheint in einer "Informationsgesellschaft" dem politischen Bewusstsein mehr denn je vorgelagert, bildet aber in vielen Diskussionbeiträgen das leere Zentrum.

Wie die folgende Gegenüberstellung verdeutlichen soll, ist das politische und kulturelle Individuum bei einigen zentralen Fragen der Zukunftsentscheidung, Meinungsbildung und des Selbstverhältnisses einem unübersehbaren Wust von sich widersprechenden Partialmeinungen und Erklärungsmodellen ausgesetzt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Sprachgestus von öffentlicher Debatte oder neutraler Information und interessengeleiteter Funktionalität zunehmend anähnelt.


Pro/Contra
Contra/Pro

Umwelt und Klimaentwicklung
Parlamentarier aus den USA, Indien und China setzten sich in Washington für ein Kyoto-Nachfolgeprotokoll ein, um die "katastrophale" Erderwärmung aufzuhalten. Dass der Mensch für den Klimawandel verantwortlich sei, stehe "unzweifelhaft" fest, heißt es in einer Erklärung der Weltorganisation der Gesetzgeber für eine ausgewogene Umwelt (Globe), die am Donnerstag verabschiedet wurde.
http://www.klimaforschung.net
Klima
Die Klimakatastrophe ist die große Geschäftemacherei unserer Zeit. Nun kann man sogar schlechtes Wetter als Resultat des bösen Turbo-Kapitalismus verkaufen.
http://www.horx.com
Wie die IPCC-Gutachter darlegen, ist die Zahl der Pkw weltweit zwischen 1950 und 1997 von etwa 50 auf 580 Millionen gestiegen - "fünf Mal schneller als das Wachstum der Bevölkerung". Das bleibt auch beim Kohlendioxid-Ausstoß nicht ohne Folgen: 2004 hatten Pkw einen Anteil von 44,5 Prozent am CO2-Ausstoß aller Verkehrsmittel. Das ist fast so viel wie die Anteile von Lkw (25 Prozent), Flugzeugen (11,6 Prozent) und Schiffen (9,5 Prozent) zusammen. Der Grund ist laut IPCC das stetige Wachstum von Gewicht und Leistung bei den Pkw, was auf Kosten der Treibstoff-Effizienz gehe.
http://www.spiegel.de
Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat im Vorfeld der Frankfurter Automobilmesse IAA einen einheitlichen CO2-Grenzwert strikt abgelehnt. Der Plan der EU-Kommission, den CO2- Ausstoß von Neuwagen bis zum Jahr 2012 auf durchschnittlich 120 Gramm pro Kilometer zu begrenzen, sei «völlig weltfremd, weil es von der Physik her schon nicht geht», sagte Wiedeking dem Düsseldorfer «Handelsblatt» (Montag).
Ein pauschaler Grenzwert für alle sei ein  «Geschäftsbesorgungsplan für die internationalen Kleinwagenhersteller», meinte der Vorstandschef. Realistisch sei allenfalls, die Emissions-Auflagen nach Fahrzeugsegmenten zu staffeln. «Wer starre Grenzwerte für alle fordert, legt Hand an die deutsche Autoindustrie.»
http://www.greenpeace-magazin.de

Demografische Entwicklung und Arbeitsmarkt
Die Geburtenziffer liegt seit Beginn der siebziger Jahre dauerhaft unter dem Wert von 2,1 Kindern pro Frau, der eine gleich bleibende Bevölkerungszahl sichert. Geboren werden zurzeit nur
134 Kinder von 100 Frauen. Das ist zu wenig, um Lebensqualität, soziale Sicherheit und Wachstum zu erhalten. [...]
Kinderlosigkeit bzw. Kinderreichtum sind kein Zufall: Insbesondere hoch qualifizierte Frauen entscheiden sich öfter gegen Kinder (rund 30%), wobei dies vor allem auf Westdeutschland zutrifft. Hier ist die Diskrepanz zwischen Kinderwunsch und Kinderzahl besonders groß (Klein/Eckhard 2005). Diese Frauen haben viel in ihre Ausbildung
investiert, und Kinder führen bei mangelhafter Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu großen beruflichen und finanziellen Einbußen. Außerdem stellen sich diese Frauen meist eine partnerschaftliche Aufgabenteilung in Haushalt und Kindererziehung vor, die nur schwer zu verwirklichen ist (ELTERNStudie 2005). Auch Frauen ohne Ausbildungsabschluss sind häufig kinderlos, hauptsächlich in Ostdeutschland. Allerdings haben gering qualifizierte Frauen auch besonders oft drei und mehr Kinder. (Klein/Eckhard 2005)
Eine große Rolle spielen auch das Alter und das Einkommen: Jenseits der Dreißiger (Lebensjahre) sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass noch Kinder geboren werden. Auch wo der Mann wenig verdient, bleiben Paare häufiger kinderlos. Frauen mit einkommensstarken Partnern haben häufiger
Kinder (Klein/Eckhard 2005). [...]
Eltern stellen vor der Familiengründung relativ hohe Ansprüche an ihre Lebensumstände, denn sie wollen ihrem Kind möglichst optimale Bedingungen zum Start bieten. Diese Voraussetzungen werden als erfüllt angesehen, wenn die Ausbildungen
der Eltern abgeschlossen sind (53%) und zumindest ein Partner eine gesicherte berufliche Position hat (72%), die finanziellen Verhältnisse ausreichend sind (62%) und die Wohnsituation als zufrieden stellend (alle Zahlen: Allensbach 2004) empfunden
wird. Dadurch verlagert sich der Zeitpunkt für die Geburt eines Kindes in das Lebensalter jenseits der Dreißig und umfasst häufig nur noch wenige Jahre.
http://www.bmfsfj.de
Nun kann natürlich kein Statistiker etwas dafür, wenn die Bevölkerung tatsächlich schrumpft und altert. Aber er muss die ganze Palette an möglicher Entwicklungen zeigen. Und nicht die optimistischsten so gut es geht verstecken. Doch genau das tut das Statistische Bundesamt: Nur noch 69 bis 74 Millionen Menschen werden 2050 in Deutschland leben, heißt es in der aktuellen Pressemitteilung. Nachsatz: Wenn das demografische Verhalten so bleibt wie heute. Für die nächsten 44 Jahre.
Und wenn nicht? Erstmals seit Jahren berechneten die Statistiker auch ein Szenario mit steigender Kinderzahl pro Frau. Bis 2025 erhöht sich die Geburtenrate dabei von jetzt etwa 1,4 auf 1,6. Für Radermacher ist das "optimistisch" und nur unter günstigen familienpolitischen Bedingungen zu erreichen. Eine typisch deutsche Sicht. Bei der UNO zum Beispiel sieht man es anders. In deren Bevölkerungsberechnungen steigt hierzulande die Geburtenrate bis 2050 auf 1,85 – im mittleren Szenario. Doch wer wissen will, was allein eine durchschnittliche Kinderzahl von 1,6 für Deutschland hieße, sucht die entsprechende Kurve in der schönen farbigen Präsentation der Wiesbadener vergeblich. Man muss sich schon die Mühe machen und die Zahlenkolonnen ganz hinten im Tabellenteil auseinanderdröseln, dann findet man schließlich doch eine Antwort: 77,5 Millionen Menschen würden nach dieser optimistischeren Prognose 2050 in Deutschland leben.
http://www.zeit.de
Langfristig gesehen (1950-2050) steigt der demographische „Gesamtlastkoeffizient“ (das Verhältnis von Personen im Nichterwerbsalter zu Personen im Erwerbsalter) erst ca. 2030 auf ein höheres Niveau als es 1970 schon einmal erreicht wurde. Die Relation Nichterwerbstätige zu Erwerbspersonen ist seit 1980 und bleibt bis 2050 ziemlich stabil.
Das bedeutet:
- die gegenwärtigen Probleme in den Sozialkassen haben ihre Ursachen eben nicht in der Demographie, sondern in anderen Dingen (z.B. der falschen Finanzierung der Kosten der Wiedervereinigung);
- der Sozialstaat hat nicht nur Ausgabenprobleme, sondern Einnahmenprobleme (z.B. hohe Arbeitslosigkeit, sozialversicherungsfreie Jobs, geringe Lohnzuwächse, sinkende Lohnquote).
Das führt zwingend zu der Frage, ob die Debatte um eine Generationengerechtigkeit nicht von den eigentlichen Problemursachen nur ablenkt – den größer werdenden Ungleichheiten beim eigentlichen gesellschaftlichen Grundkonflikt zwischen Arbeit und Kapital.
http://library.fes.de
Bei der Berechnung der Alterseinkünfte wurden neben der gesetzlichen Rente und Zusatzeinkünften auch die Erträge aus privaten Altersvorsorgeleistungen einschließlich der Riesterrente berücksichtigt. Sie kompensieren die Dämpfung der Rentensteigerungen sowie die Auswirkungen der nachgelagerten Besteuerung der Renten.
[...]
Bei Geringverdienenden wird das Gesamtversorgungsniveau der Prognose zufolge sogar langfristig ansteigen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Besteuerung der Alterseinkünfte wesentlich später einsetzt und geringer ausfällt als bei Durchschnittsverdienenden.
http://www.pressbot.net
Die oft vertretene These, dass die Probleme auf dem Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren mehr oder weniger von allein verschwinden werden, kann ökonomisch nicht begründet werden. Zwar verknappt sich einerseits aufgrund der sinkenden Zahl von Erwerbspersonen das Arbeitsangebot, jedoch verstärkt sich andererseits durch den Alterungsprozess das Problem des Mismatching auf dem Arbeitsmarkt und wirkt negativ auf die Arbeitsnachfrage. Darüber hinaus werden bei dem zu erwartenden drastischen Rückgang der Bevölkerung bzw. des Arbeitskräfteangebotes die Güternachfrage und damit auch die Nachfrage nach Arbeitskräften sinken.
Inwieweit diese beiden gegenläufigen Effekte quantitativ wirken bzw. sich zumindest teilweise aufheben, ist diffizil zu prognostizieren, da insbesondere eine Schätzung der zukünftigen Arbeitsnachfrage problematisch ist. Die Untersuchungen von Shimer (2001) und Nordström Skans (2002) zeigen aber zumindest, dass ein signifikanter Kohorteneffekt existiert, der dazu führt, dass sich die Effizienz der Matching-Prozesse in Arbeitsmärkten mit einem höheren Anteil älterer Arbeitnehmer verschlechtern wird. Die daraus resultierende Erhöhung der friktionellen Arbeitslosigkeit ist ein wichtiger und nicht zu vernachlässigender Punkt in der Diskussion um die Arbeitsmarkteffekte der demographischen Alterung.
http://www.tu-chemnitz.de

Vor allem die Chancen für gering Qualifizierte würden sich durch Rationalisierung, Strukturwandel und Globalisierung weiter verschlechtern und die Politik zwingen gegenzusteuern, heiße es in der Untersuchung mit dem Titel „Prognos Deutschland Report 2030“. [...]
Die Beitragssätze zur Renten-, Kranken-, und Pflegeversicherung werden der Studie zufolge zum Teil dramatisch ansteigen, mit entsprechenden Folgen für die Arbeitskosten. Der Rentenbeitragssatz wird 2030 voraussichtlich bei über 25 Prozent liegen, bei der Pflegeversicherung würden es mehr als drei Prozent sein. Die Verschuldung des Staates steige weiter an.
http://www.focus.de
1. Die demografische Entwicklung kann nur bis zu einem bestimmten Grad wissenschaftlich seriös vorausgesagt werden. Manche „bevölkerungswissenschaftliche“ Prognose ist eher Prophetie als exakte Berechnung künftiger Entwicklungsprozesse. Mit dieser Form der Mathematik bzw. der Statistik wird Politik gemacht. Um sie erklären zu können, bedarf es der Kritik ihrer Prämissen und dahinter stehender Interessen.
2. Meist wird die demografische Entwicklung dramatisiert, denn auf diese Weise legitimiert sie Maßnahmen der Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Demografie fungiert in erster Linie als Mittel der sozialpolitischen Demagogie und „Generationengerechtigkeit“ degeneriert zu einem politischen Kampfbegriff, der von vermehrter sozialer Ungleichheit innerhalb jeder Generation ablenkt.
3. Wenn die deutsche Gesellschaft will, kann sie den demografischen Wandel sowie seine Folgen für Ökonomie, Sozialstaat und Stadt- bzw. Raumplanung, die nicht zu leugnen sind, solidarisch bewältigen, denn sie ist so reich wie nie. Was fehlt, sind Maßnahmen der sozialen Umverteilung von oben nach unten, die der Bekämpfung von öffentlicher und privater Armut dienen würden. Ausschließlich die ökonomische Leistungsfähigkeit, nicht das Lebensalter der Bürger/innen und
die Generationszugehörigkeit, muss darüber entscheiden, wie sie zum Allgemeinwohl beitragen oder in welchem Maß sie staatlicher Unterstützung bedürfen.
http://ec.europa.eu

Gesundheit und Körper
Aufgrund der MTV-Ausstrahlung des dokumentarischen Films „I want a famous face“ (im Juli 2004) ist in Deutschland die öffentliche Aufregung über Schönheitsoperationen an jungen Menschen wieder einmal gestiegen. Denn die im April 2003 auf der Grundlage des neuen Jugendschutzgesetzes gegründete Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat – trotz der Akzeptanz durch die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) – anlässlich jener Sendung einen Grundsatzbeschluss gefasst, der künftig Formate, die zu Unterhaltungszwecken Berichte über Schönheitsoperationen ausstrahlen, in die Sendezeit nach 23 Uhr verbannt.
Die Besorgnis der KJM richtet sich auf die Wirkung solcher Sendungen auf Fernsehzuschauer/innen, die jünger als 16 Jahre sind. Ihr Einwand lautet, in dieser „wichtigen Phase der Identitätsfindung“ werde den Kindern und Teenagern suggeriert, „es komme nur auf das Äußere an und dieses sei beliebig formbar“. Die Jugendlichen könnten den Eindruck gewinnen, „dass sich Probleme der Selbstakzeptanz durch Wegschneiden, beliebiges Verkleinern und Vergrößern von Körperteilen, Absaugen oder Einspritzungen lösen“ ließen, was eine gravierende „Entwicklungsbeeinträchtigung“ darstelle (zit. nach: „Infosat News“ vom 21.7.04). Die Verknüpfung von gutem Aussehen und Erfolg, die als einziges Motiv für die gezeigten Schönheitsoperationen (an 20-jährigen männlichen Zwillingen aus den USA) angeführt worden sei, simplifiziere unzulässig die Bedeutung der körperlichen Erscheinung eines Menschen und verführe womöglich zur Nachahmung. Überdies finde keine kritische Auseinandersetzung mit den Risiken des – aus ästhetisch-kosmetischen Gründen vorgenommenen – Eingriffs statt, ergänzte die Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen.
http://www.ajs-bw.de
ob du chancen hast könnte ich so auch net beurteilen...aba den bewerbunsbogen kann man sich iwo hier auf der prosiebn seite ausdrucken (hab ich acuh schon gemacht xd hab mich aba net beworben ich weiß unlogisch aba egal). guck ma bei germanys next topmodel also net in der community sondern ganzen infos und so was alles stehn!
http://community.prosieben.de/

Mit 40 jünger und schöner auszusehen als eine 20-Jährige – so lautet das aktuelle Schönheitsideal. Um faltenfrei, Cellulite-los und straff zu altern, lassen viele Frauen harte Prozeduren über sich ergehen: Hoch im Kurs stehen allgemein Lasereingriffe im Gesicht gegen tiefe Lachfältchen, Fettabsaugungen an Bauch und Oberschenkeln, Operationen an den Augen wegen Schlupflidern, Brustvergrößerungen mit Silikonkissen oder Brustverkleinerungen, Nasenkorrekturen, Ohrmuschelkorrekturen wegen abstehender Ohren oder Lippenkorrekturen für den perfekten Schmollmund.
http://www.amica.de
Stiftung Warentest (10/2002) überprüfte 30 Ärzte, Kliniken und Institute, die Schönheitsoperationen anbieten. Das Ergebnis: Schönheitschirurgen warnen Patienten nur unzureichend vor Risiken und möglichen Komplikationen beim Fettabsaugen. Die Befragungen nach der Krankenvorgeschichte, die Aufklärung über Betäubungsverfahren und Komplikationen seien oft "unzureichend und lückenhaft" gewesen, berichtet Stiftung Warentest. Nicht einmal jeder sechste Chirurg sprach in der Untersuchung die Möglichkeit des Todes an. Die Voruntersuchung führten die meisten Schönheitschirurgen allerdings sorgfältig durch.
http://www.womenweb.de/

Magersucht ist eine Erkrankung, bei der das Selbstbild und Körperempfinden gestört ist: Die Betroffenen empfinden sich als „zu dick", obwohl sie oft erheblich untergewichtig sind. Häufig ist Magersucht gepaart mit hohem Leistungsdenken in allen Lebensbereichen.
http://www.st-agatha-krankenhaus.de
Eine ausgefeilte Technik der Fettabsaugung ermöglicht es heutzutage, bei fast jedem Menschen an jeder beliebigen Körperstelle risikoarm und fast immer dauerhaft Fettdepots zu verkleinern, asymmetrische Körperpartien auszugleichen oder die erhabene Umgebung von eingezogenen Narben durch die Liposuktion einzuebenen. Diät- und sportresistente Fettpolster finden sich besonders: Bei Frauen an Oberschenkeln (z.B. Reithosen), Po, Hüften, Knie, Bauch, aber auch Gesicht, Hals, Oberarme, Rücken, Waden und Fesseln. Bei Männern an Bauch, Hüften, Fett, Gesicht und Hals. Meist handelt es sich um normalgewichtige Menschen mit bestimmten Problemzonen, aber auch für Übergewichtige kann eine Fettabsaugung der erste Schritt zu einer gesünderen Lebensführung sein.
http://www.koe-klinik.de

Das angestaubte buzz word der "Beliebigkeit" demonstriert hier noch einmal seine ganze Tragweite: In den schwierigen Debatten über Umweltprobleme und Sozialsysteme hält die plurale Öffentlichkeit stets einen Ausweg bereit: Die Notwendigkeit zu handeln wird konterkariert mit der Beschwichtigung, es handle sich bei den Warnungen der Forschung um Hysterie oder durch den Hinweis, es werde zu ökonomischen Einbußen kommen, wenn ökologische Prämissen favorisiert würden.

Dass sich etwas ändern muss, wenn sich etwas ändern soll, gerät dabei leicht aus dem Blick. Dass eine Einschränkung von CO2-Emissionen nicht realisiert werden kann, wenn immer mehr Autos fahren und mögliche Reduktionen des inviduellen Verbrauchs nicht vorgenommen werden, liegt auf der Hand. Ein Funktionär der Industrie wie Wendelin Wiedeking erhebt bei jeder Gelegenheit Ansprüche, die jenseits jedes Realismus angesiedelt sind - wenn man das Fortbestehen natürlicher Funktionskreisläufe und der Menschheit, nicht dasjenige eines einzelnen Industrieunternehmens und seiner hochbezahlten Entscheider vor Augen hat. Ob Personen wie Wiedeking deshalb nachträglich als gemeingefährlich eingestuft werden müssen, wird die Geschichte leider erst spät erweisen. Die Mehrheit der Sachverständigen spricht dafür, nicht aber die Sympathie von Millionen Konsumenten. Irgendwann wird, so scheint es, irgendjemand sagen, man hätte "damals doch etwas dagegen tun müssen".

Diese Schizophrenie gälte es erst einmal zu überwinden. Immerhin befleißigt sich dieser Wortwahl mittlerweile schon die konservative WELT am 31.08.2007 in einem Beitrag von Gerd Lottsiepen, dem verkehrspolitischen Sprecher des "Verkehrsclubs Deutschland":

"Neue Spartechnik von Audi und VW bleibt hingegen auf Sondermodelle beschränkt. [...] Diese Schizophrenie teilt VW mit fast allen Autoherstellern. Auch Toyota verkauft Klimakiller.
Die IAA 2007 hat mit genau diesem Zwiespalt zu kämpfen: Einerseits müssen die Hersteller mit dringend nötiger Spritspartechnik Vertrauen zurückgewinnen; andererseits präsentieren sie Traummaschinen in Chrom, Lack und Leder, als wäre nichts gewesen. Mit Musik und Brimborium, mit leicht bekleideten Tänzerinnen preisen sie Antriebe, die bei Vollgas schon mal einen Liter pro Minute brauchen und laut Werbung genug Kraft haben, ein Großraumflugzeug zu schleppen."

Auch diejenigen Autoren, die sich - hier in der zweiten Spalte - optimistischer in Sachen demografische Entwicklung und Arbeitsmarkt geben, nehmen Einschränkungen ihrer Perspektive vor, die sie - z. T. zurecht - an anderer Stelle der Gegenseite vorwerfen. In einer Geburtenstatistik ist noch nicht enthalten, was wen warum dazu ermutigt, eine Familie zu gründen und welche anderen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Funktionsbereiche und soziopsychologischen Dynamiken hierfür relevant sind. In einer Arbeitsmarktprognose fehlt die Frage danach, welche Bevölkerungsgruppen sich stärker reproduzieren und wer für welche Berufe geeignet ist. Wer in diesen Richtungen weiterfragt, ist einer Vielzahl von Faktoren ausgesetzt, die z. T. tatsächlich - und nicht nur vorgeblich wie bei der Frage, wieviele Menschen in 50 Jahren 60 Jahre alt sein werden - schwierig zu prognostizieren sind: Entwicklung des Bildungssystems und dessen Annahme durch nachfolgende Generationen; Relevanz etwa von Mediengebrauch hierfür; Integration von Zuwanderern (und welchen) und deren Qualifikation für den Arbeitsmarkt. Diese Faktoren sind in manchen Fällen unbequem für das eine oder andere Erklärungsmuster - aus praktischen und/oder weltanschaulichen Gründen.

Noch krasser werden die Klüfte zwischen wohlmeinender Pädagogik bis Psychotherapie, wenn man sich die Modellierung von Welt- und Selbstbildern im Umkreis des "Pro 7"-Erfolgskonzepts "Germany's Next Topmodel" ansieht. Die Sexploitation des Privatsenders und ihre mittelbaren Folgeerscheinungen wird von der zitierten Klinik für plastische Chirurgie umdefiniert dazu, "der erste Schritt zu einer gesünderen Lebensführung" zu sein. Dozieren die jugendschützenden Pädagogen darüber, die "Verknüpfung von gutem Aussehen und Erfolg [...] simplifiziere unzulässig die Bedeutung der körperlichen Erscheinung eines Menschen und verführe womöglich zur Nachahmung", erweckt die - im Gegensatz zu den begrüßenswerten Weltverbesserungsversuchen massenwirksame - TV-Show nichts anderes als den Eindruck, es gehe um "Germany's Next Lookalike". So jedenfalls der Befund auf dem Computer-Desktop, wenn man sich im Netz über Moderatorin und Proto-Model Heidi Klum und die letzte GNTM-Gewinnerin Lena Gercke 'informiert':

Heidi Klum - Lena Gercke
Heidi Klum und Lena Gercke
Proto-Model und TV-Klon

Screenshot

(Die nächste "Staffel" ist in Planung.)

So werden wohl die dramatischen Sentenzen des eingangs zitierten Popsongs noch eine Weile überdauern: "Now did you read the news today / They say the danger's gone away / But I can see the fires still alight / They're burning into the night" - "Popkultur" wusste seit jeher ganz gut Bescheid über sich selbst. Man muss sie nur zitieren.


Daniel Hermsdorf

Publizistik und Wissenschaft > Themen

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