Problemfall #Fußball-Fans – #Randale #ÖPNV

Der Fußball ist die letzte Religion der westlichen Welt – so merkte ich vorige Tage nochmal zu Sammel-Stickern von Kickern an. Als heilige Kuh darf er/sie denn auch eigentlich nicht kritisiert werden. Außer den gerichtlichen Folgen der allgegenwärtigen Korruption des milliardenschweren Fußball-Business ist deshalb auch kaum einmal eine Infragestellung des gesamten Betriebs zu lesen. Ein paar Hinweise auf den tieferen Hintergrund der Fußball-Inszenierung meinerseits über die Jahre konnten erwartbarerweise kaum Abhilfe schaffen.

Gemeinschaftsgefühle und ‚schönste Nebensachen‘ lassen sich sogar kulturtheoretisch und -psychologisch noch recht lange rechtfertigen. Einen neuen Tiefpunkt anderer Art erreichten jedoch unlängst Fans von “Union Berlin” bei einer Fahrt im Regionalexpress. Dazu die “Märkische Allgemeine” von heute:

Laut Deutscher Bahn entstünden dem Unternehmen durch randalierende Fußballanhänger jährlich Kosten in Höhe von mehreren Millionen Euro. Dazu kommen weitere Folgekosten für Sicherheitspersonal und ausfallende Züge.

Tolerierbar ist schon das eigentlich nicht. Sollte man der Auffassung sein, dass sich die Polizei-Einsätze an Stadien letztlich durch den Standort-Faktor wieder rechnen, so kann man hier doch eindeutig sagen: Es sind vollkommen sinnlose Zerstörungen und Kosten. In der Freistellung des Fußballs von jeder Reflexion haben sich Formen des Wahnsinns eingeschlichen, die immer deutlicher zu Tage treten.

Schon die Kombination Sport-Alkohol ist keineswegs einleuchtend. Sie hat sich durch Produktwerbung im Umfeld der TV-Übertragungen institutionalisiert. Fußball ist – außer für die wenigen, die sich auf dem Rasen abmühen – meistens Bier, was die eigenen Aktivitäten betrifft. Ich zitiere dazu gerne aus dem Gedächtnis den damaligen Trainer des 1. FC Köln, Hanspeter Latour: “Es ist ganz wichtig, dass die Zuschauer noch etwas trinken hier im Stadion, und auch auf dem Nachhauseweg noch etwas, und am Ende sagen: Vom Ergebnis her, das war einmal wieder was.”

Die Zerstörungs-Orgien im Öffentlichen Personen-Nahverkehr sind jedoch eine der neueren Qualitäten des kommerzialisierten Exzesses, der ein harmloses Vergnügen sein sollte. Es zeigt sich, dass hier Menschen unterwegs sind, die kaum noch Grenzen kennen. Massen-Schlägereien, wie sie zwischen bestimmten Fan-Gemeinden vorkommen, sind natürlich eine weitere Verschärfung. Im Zweifelsfall sind die Beteiligten von den Folgeschäden selbst gestraft, während sie die kostenintensiven Ordnungskräfte beanspruchen. Auch in Zügen hinterlassen sie anderen Zerstörung, Mühe und Kosten.

Mein Angebot an eine größere Zeitung, einmal Reform-Ideen für die Bundesliga zu veröffentlichen, wurde natürlich abgelehnt. Vielleicht werfe ich sie demnächst nochmal in die Runde. Die Zeit für Veränderung ist jedenfalls eindeutig gekommen. Einer der wenigen Wege, über die sie erreicht werden kann, ist auch die nachhaltige Störung der Illusionen von leichter Zugänglichkeit und unschuldigem ‚Spaß‘, mit denen die Fußball-Industrie sich umgibt. Dass von ihr außerhalb des Stadions dann Vandalismus, Kot und Erbrochenes übrigbleiben, sollte bei einem allgegenwärtigen paganen Ritus kein Kavaliersdelikt sein.

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

Kommentar verfassen

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung