Was kritisiert Albrecht Müller und wie – und was nicht? – #Lobbyismus #Demografie

Die informative Arbeit von KenFM auf „YouTube“ geht weiter mit dem ersten Teil eines Interviews mit Albrecht Müller von den „NachDenkSeiten“. Es setzen sich von Seiten Müllers dabei leider Trends fort, die ich im unten verlinkten Beitrag schon einmal angesprochen habe.

Die Themen, die Albrecht Müller anspricht, spricht er richtig an. Was fehlt: eine historisch und soziologisch tiefergehende Beschreibung der Ursachen und Interessen (internationalistisches Großkapital, dort zentrale Personen, Familien, Firmenstrukturen u.a.).
Und wenn er selbst 5 Kinder hat – eine Geburtenziffer von max. 1,6 in Deutschland wird dadurch nicht höher, auch nicht die daraus entstehenden Probleme in den seit 40 Jahren defizitären Rentenkassen, die dies nach sich zieht. Mit seinem SPD-Freund Helmut Schmidt begann die horrende Verschuldungs-Spirale auf Bundesebene – sagt Müller etwas dazu?
Auf den NachDenkSeiten wird von ihm Demografie als Problem als quasi nicht-existent und zur reinen Lobby-Politik für die private Vorsorge erklärt …
http://www.nachdenkseiten.de/?p=17478

Ich gehe davon aus, dass eine solche Verdrängung auch daher rührt, dass Müller stets selbst in großzügigen Gehaltsverhältnissen damals noch stabiler SPD-Strukturen gelebt hat, die zunehmenden wirtschaftliche Aussichtslosigkeit der Altersvorsorge für Jüngere und im Speziellen die Pressionen für politisch denkende Menschen in intellektuellen Berufsfeldern gar nicht am eigenen Leib kennengelernt hat. Der Prozess ist schleichend, dient aber ebenfalls den oben genannten Interessen – die Müller sogar selbst in ihren Auswirkungen etwa bzgl. Lobby-Politik ja allgemein anspricht.
Wie Müller zu seinen Argumenten einer vollkommenen Deeskalation der Überalterung und des mangelnden Nachwuchses bei Akademikern kommt? Anhand solcher Übersichten will man es nicht so recht begreifen:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/geburtenschwund-wo-kommen-die-kinder-her-1782695.html
Schaut man mit solcher Aufmerksamkeit genauer hin, wird einem die Selbstsicherheit des Mannes unheimlich – und sie erscheint symptomatisch für die Manipulation einer politischen Öffentlichkeit, in der Müller damit teilweise nicht nur eine Aufklärungs-, sondern auch eine fatale Alibi-Funktion erhält. Was er nicht anspricht oder verleugnet, fällt dadurch in seinem Markt-Segment (als einem der wenigen ‘kritischen’ Bestseller-Autoren) nochmal weniger auf.
Hab’s selbst auch schonmal detaillierter besprochen:
http://filmdenken.de/2-x-realitaetsverweigerung-bei-spd-veteranen-helmut-schmidt-rede-albrecht-mueller-interview-analyse

Daniel Hermsdorf

Verleger, Autor, Journalist bei filmdenken.de - Medienkritik, Verschwörungstheorie und Physiognomik

2 Antworten

  1. Moser sagt:

    > Auf den NachDenkSeiten wird von ihm Demografie als Problem als quasi nicht-existent und zur reinen Lobby-Politik für die private Vorsorge erklärt …

    Ja, das kann man machen. Das nennt sich Meinungsfreiheit. Außerdem jemanden vorzuwerfen, er würde nicht alle Aspekte berücksichtigen, ist der Vorwurf mangelnder Allwissenheit.

    Ich habe den Artikel der Nachdenkseiten nicht gelesen, aber zur Demographie: das deutsche Volkseinkommen soll das deutsche Volk ernähren: 1970, 2016, 2050. Sollte sich das Volkseinkommen (von heute aus gesehen) bis 2050 halbieren, wäre es so groß wie 1970. Gleichzeitig wird prognostiziert, dass die Anzahl der Leute abnimmt. Wo also soll das Problem sein? Es ist ein Problem der Umverteilung. Noch ein Denkanstoß: die Einkommenschaffenden müssen Kinder und Rentner ernähren. Wenn man diese beiden Größen zusammenzählt ist die Entwicklung weit weniger dramatisch, als von FAZ und anderen behauptet. Das in der Größenordnung nachrechenbar größere Problem ist, dass ein deutlicher, aber zunehmender(!) Teil des Volkseinkommens überhaupt nicht für Rentenleistungen herangezogen wird. Es ist “nur” ein Problem der Umverteilung. Das ist selbstverständlich groß genug und sollte angesprochen werden.

    • Dass der Umgang mit Überalterung ökonomisch glimpflicher abgehen kann als erwartet, halte ich auch für möglich. Dazu würde ich allerdings einfordern, dass meine Generation mit entsprechenden Modellrechnungen versorgt wird und die Massenmedien das kontinuierlich einem Monitoring unterziehen.
      Daneben sehe ich durch Überalterung allerdings eine psychosoziale Katastrophe kommen – ich stimme hier eher einem Kommentar wie diesem zu.

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