24 - Season 3. Fragmente einer Übersetzung

20.04.2007


Sechs Staffeln à 24 einstündigen Folgen hat Jack Bauer (Kiefer Sutherland) in "24" (USA 2001ff.) bisher ermittelt. Es sind immer die ganz großen Fälle. In der dritten Staffel (2003) geht es um ein aggressives und tödliches Virus, 1000 Todesopfer und 200 Millionen Dollar.

Die "Season 3" wird in Deutschland Januar-Juni 2005 von Pro 7 ausgestrahlt. Z. Zt. zeigt der ORF1 in Österreich die zweite Staffel, und DVD-Angeboten und Internet-Informationen nach zu urteilen kursiert die Serie fleißig unter den gierigen Augen der "Serienjunkies". Diese wissen noch um einen weiteren Superlativ: "Gerüchten zufolge soll Sutherland allein 40 Millionen Dollar dafür erhalten, dass er auch in den kommenden drei Staffeln von 24 die Rolle des Jack Bauer weiterspielt, obwohl die Serie selbst bislang nur für eine weitere Staffel verlängert wurde. Sutherland wäre damit aber auf jeden Fall der bestbezahlte Schauspieler im TV-Bereich." (www.serienjunkies.de)

Bei der Recherche für ein anderes Textprojekt sind die folgenden Dialogtranskripte abgefallen, die hier erstmals in deutscher Übersetzung vorliegen. (Diese Übertragung stimmt mit der in Deutschland gesendeten Synchronisation jedoch nicht überein... Es versteht sich, dass es sich hierbei um die individuelle Interpretation von Medieninhalten handelt.) Die Timer-Angaben zu Beginn jedes Zitats beziehen sich auf die einzelnen Folgen und geben plus-minus ca. 5 Sekunden an, ab wann diese Zeilen zu hören sind.

 

Folge 1  (R: Jon Cassar, B: Joel Surnow / Michael Loceff)

8.35 Craig Philips: “Type 3… Isn’t this the virus your team’s doing simulations on?” – Sunny Macer (Christina Chang): “Yeah, I think this is why this was adressed to me.”

Zwei Virologen, Craig und Sunny, untersuchen eine infizierte Leiche, die erstmals die Gefahr des Ausbruchs einer Seuche beweist. Das Virus ist 1) eine Metapher für die massenhafte Ausbreitung serieller Filmbilder, zumal jener der TV-Serien, 2) eine Metapher für eine Ästhetik der 'Ansteckung' (im Folgenden mit Virus-Komplex hervorgehoben), in der z. B. Schauspieler in Ähnlichkeitsreihen integriert werden, die sich innerhalb eines Film, der Filmgeschichte oder im Zusammenhang mit anderen gesellschaftlichen Funktionsbereichen ergeben (s. u., Ein Netzwerk). Ein "team", das "simulations" an einem Virus erprobt, ist leicht verständlich als Hinweis auf die Produzenten, die solche beobachtbaren Strukturen hervorrufen. "Simulation" verweist zudem auf die für die Repräsentation von Wirklichkeit relevante Theorie von Jean Baudrillard, der auch das "Virale" als Entsprechung zu massenmedialen Phänomenen definiert hat (siehe auf dieser Website den Text Die Lügen des Kinos). Dass Sunny sich als Adressatin der Leiche einer an einem Virus gestorbenen Person sieht, rückt sie metaphorisch in die Nähe des Zuschauers: Die Serie ist das Virus ebenso wie die Leiche (weil filmische Bilder Leben vorgaukeln, selbst aber keine Lebewesen, sondern tote Gegenstände sind, siehe dazu auch frühere Beispiele der TV-Geschichte).

21.40 Kim Bauer (Elisha Cuthbert) zu einem Computerproblem ihres Büronachbarn Adam Kaufman (Zachary Quinto): "You know, it could be that you forgot to set the group permission. Somebody who knows the tree-structure changed the ownership. That wouldn't be me cause I'm incompetent and I only got this job because of my dad."

Jacks Tochter Kim (Elisha Cuthbert) hat in derselben Abteilung der "Counter Terrorist Unit" (CTU) begonnen zu arbeiten wie ihr Vater. Deshalb fürchtet sie, nicht ernstgenommen zu werden. Diese familäre Konstellation spielt innerhalb der Filmhandlung darauf an, dass Hauptdarsteller Kiefer Sutherland in der außerfilmischen Realität der Sohn eines anderen berühmten Schauspielers, Donald Sutherland, ist.

 

Folge 2  (R: Jon Cassar, B: Joel Surnow / Michael Loceff)

6.15 Jack zu Chase (James Badge Dale) über seine Heroinsucht: “I am not going on record with this addiction, do you understand me?”

Die Bezeichnung der Droge "Heroin" ist von griechisch "heros" abgeleitet. Dass die Fernsehgesellschaft ebenso 'heldensüchtig' ist wie ein Junkie nach dem Stoff, ist offensichtlich. Deshalb wird "Heroin" immer wieder mit einer solchen Konnotation versehen. Hier ist die Hauptfigur Jack abhängig geworden, weil er im Drogenmilieu ermittelt hat (dies ist Thema eines späteren Dialogs mit der Polizeipsychologin Jackie). Dass Jack sich dagegen verwahrt, dass seine Sucht aktenkundig wird, ist ein ironisches Paradox: Er ist ja selbst der Held des Films - und "on record" erst recht. Auch über Fans, die in Fan-Foren des Internets ihre 'Abhängigkeit' von Serien wie dieser bekunden, machen sich die Autoren lustig (im Folgenden: Hohn-Faktor) - während die Hauptfigur mit bitterernster Miene verkündet, mit ihrer Sucht nicht "on record" gehen zu wollen, geben Privatmenschen über ihre Seh-Süchte zunehmend bereitwillig und in steigendem Maße Auskunft.

9.40 Kim zu Jack: “After all we’ve been through, I find it difficult to keep things from you.”

Sieht man sich die Öffentlichkeitsarbeit und öffentliche Resonanzen zur Serie "24" an, findet sich darin fast nichts zu den beißenden Ironien und dem abgründigen Spott der Serie gegenüber der eigenen Form und dem eigenen Publikum. Elisha Cuthbert spielt hier als blonde Schöne eines jener scheinbaren Unschuldslämmer, die solche Sätze in Spielfilmen aufzusagen haben: Während ihr Geschäft wesentlich aus indirekten Anspielungen und der Vermeidung von Hintergrundwissen (d. h. nicht das, was in der PR so genannt wird) besteht, findet ihre Figur es im Dialog "difficult to keep things from you." Solchen Ironien ist die Figur von Kim in besonderem Maße ausgesetzt (im Folgenden: Lamm-Komplex). In ihrer rührigen Vertrauensseligkeit steht sie auch stellvertretend für Zuschauer, die als 'Fan' den Serienproduzenten unterstellen, ihre wohlmeinenden Unterhalter zu sein, während diese bisweilen mit galligem Spott gegenüber ihren willigen Abnehmern die stereotype Inszenierung mit Selbstreferenzen aufpeppen (Hohn-Faktor).

18.45 Chase: “Are you saying I should never have a relationship with anyone?” – Jack (über dessen Beziehung zu seiner Tochter Kim): “It’s exactly what I’m saying.”

Anspielung auf die einsame Position von Zuschauern vor dem Bildschirm, für die Casting-AgentInnen neues 'Frischfleisch' vor der Linse versammeln. Wohin die parasozialen bis sexualpathologischen Beziehungen von Zuschauern zu Filmfrauen führen können, deutet sich auf Websites wie www.papa-paul.de an, wo der Moderator seiner Gemeinde die neuesten Schönheiten in Endlosreihen von Screenshots präsentiert und, naja, onkelhaft bis klebrig mit minimalistischer Prosa bedenkt (ab jetzt: Onkel-Komplex).

 

Folge 3  (R: Ian Toynton, B: Howard Gordon)

1.02 Sunny zu Michelle Dessler-Almeida (Reiko Aylesworth) über Kokain, das Kyle Singer (Riley Smith) verkauft: “Yeah, that maybe the strategy: someone thinks they’re selling a bag of coke but in fact are handling a virus.“

Fast alle Zeichen einer solchen Serie sind mehrfach codiert. Deshalb ist eine Droge nie nur eine Droge, sondern - sehr oft - eine Metapher für die filmische Ware selbst. Hier wird diese Bedeutungsverschiebung verdoppelt und parodiert, indem eine andere Metapher durch die substanzielle Vermischung mit ihr gekreuzt wird: der Virus-Komplex. Dass es um das Verkaufen dieser Substanz geht, liegt aus Sicht der Macher der Serie noch näher als aus Sicht ihrer Konsumenten. Dass diese getäuscht werden, deutet sich ebenfalls hier an: "someone thinks... but in fact...". Dass die harte Droge als das kleinere Übel erscheint, macht sie wohl vertraulicher, als es Drogenbeauftragten lieb sein kann.

23.50 Helen Singer (Lucinda Jenney) zu Jack über das Virus, das ihr Sohn Kyle aus Mexiko eingeschleppt haben soll: “So we’ve been exposed?” – Jack: „I’m afraid so.“ – Samuel Singer (Ted Marcoux), Kyles Vater: „But what does that mean? Are we sick?“ – Jack: „We gotta have to keep you quarantined until we got the results back from your tests.“

"Exposed" werden Filmfiguren als ästhetische Produkte in jedem Fall - umso dümmer, dass sie danach fragen, auch wenn hier eine andere Wortbedeutung vorhanden ist, die dem Virus-Komplex angehört ("exponiert", "ausgesetzt"). Mexiko steht in Filmen immer wieder für das Kino als solches, als Generalmetapher für einen (Sehnsuchts–)Ort 'jenseits der Grenze' oder deshalb, weil viele europäische Emigranten, die das klassische Hollywood geprägt haben, während der 1930er und 40er Jahre über Mexiko in die USA eingewandert sind. Das Ehepaar Singers steht während dieser Worte hinter einer halbtransparenten Plastikfolie, die so die Bildfläche, auf die ihre Gestalten projiziert werden, innerhalb des Bildes symbolisiert. Ihr 'Exponiertsein' wird also mit der Gefahr, dass sie krank sind, parallelisiert. Die prophylaktisch vorgenommene räumliche Isolation der Figuren wird von Jack mit 'Quarantäne' benannt - eine grausame Ironie denjenigen gegenüber, die durch eigenes Bestreben ihre Abbilder in den Scheinraum des Films befördern. Dies ist eine Nebenbedeutung, die in Richtung des Gefängnisses weist.

 

Folge 6  (R: Jon Cassar, B: Duppy Demetrius)

4.40 Ryan Chapelle (Paul Schulze): “We’ll make every attempt to communicate with Jack, try to resolve this peacefully. But if we can’t, I need everyone absolutely clear on this: Salazars terrorist connections are a serious threat to this country. We cannot let him leave.”

Der Leiter der CTU, Chapelle, spricht zunächst ein Kommunikationsproblem an - das für die Frage nach doppelbödigen Bedeutungsstrukturen relevant ist. Daraufhin muss natürlich allen wieder alles "absolutely clear" sein, auch wenn die Inszenierung für das Gegenteil sorgt. Dann wird die Gefahr des Terrorismus-Komplexes beschworen: Hier ist es ein mexikanischer Drogenboss, Ramón Salazar (Joaquim de Almeida), der eine "ernste Bedrohung" für das Land ist. Wie die Opfer des Virus in Quarantäne gehalten werden müssen, darf er das Polizeigewahrsam nicht verlassen - die zuvor angesprochene Parallele von Viruserkrankung und Haft besteht auch hier.

 

Folge 8  (R: Ian Toynton, B: Robert Cochran / Howard Gordon)

36.20 Anne Packard (Wendy Crewson): “I’m allright, dear, I’m gonna be allright, but… something came out of this, and it was suddenly so clear to me…” – David Palmer (Dennis Haysbert): “What was clear?” – Anne: “I don’t know how to say this except I have to just say it. I think we need to end things. […] It’s true this day has been awful, but… I just confirmed something that I was feeling for a while. I can’t live in your world. The things that people do to each other… the things they have to do in order to survive…”

Hier ist es Anne, die am Lamm-Komplex leidet. Sie bläht die Rhetorik in dieser Szene bei der Aussprache über das, was zuvor nicht klar war, dann aber über längere Zeit immer deutlicher geworden und nun nicht mehr zu leugnen ist, auf mehrere Minuten und sich wiederholende Aussagen auf. Die Geliebte des Präsidentschaftskandidaten verlässt ihren Lebensgefährten David, weil sie seine Welt unmenschlich findet. Sie schließt daraus: "[W]e need to end things." Sie ist damit eine Figur, die sich von dem metapherndurchsetzten Kosmos abgrenzt, in dem David eine der Hauptfiguren ist. Die Eschatologie ihrer Aussage steht dabei im Einklang mit den verzweifelten Übertreibungen und Redundanzen, die ein Konstruktionsprinzip der gesamten Serie ist. Wenn "this day has been awful", heißt dies nicht umsonst: 24 Stunden (Zeit-Faktor; Hohn-Faktor). Auch ihre eigene Tätigkeit zum Lebensunterhalt ironisieren die Autoren in der übertragenen Bedeutung der schrecklichen Handlungsverläufe, auf die Anne angewidert anspricht - "the things they have to do in order to survive..."

 

Folge 9  (R: Brad Turner, B: Robert Cochran / Howard Gordon)

20.26 Nina Myers (Sarah Clarke) über Jack bei Geldübergabe: “Believe me, I know him. Whatever he told you, he’s lying.“

Nina betont ein Kommunikationsproblem, das hier von der Hauptfigur Jack ausgeht. Sie hat der Handlungslogik nach recht, dass er lügt. Und dies gilt vermutlich auf der Metaebene, die das Verhältnis der Macher zu ihrem eigenen Produkt und ihren Behauptungen gegenüber ihrem Publikum betrifft.

22.30 David: „You’ve always made time for me, Alan, even when there was no obvious reason to do so.”

David spricht mit seinem Förderer und Sponsor Alan Milliken (Albert Hall). Bei der enormen Dehnung erzählter Zeit, die das temporäre Konzept der Serie vornimmt (Zeit-Faktor), wird der hinfällige alte Herr Alan zur Verkörperung des Publikums, das sich eine Menge Zeit für die Serie nimmt - "even when there was no obvious reason to do so." (Hohn-Faktor)

31.10 Oriol (Josh Cruze): “These people… Ramón, Hector, Jack – you can’t trust them.”

Der ältere Herr warnt seine Tochter Claudia (Vanessa Ferlito) vor den Drogendealern und dem nach eigenen falschen Angaben korrupten Polizisten Jack - und ihrem kalkulierten Kommunikationsproblem, das symptomatisch für die Moquerie der überwiegenden Menge der Dialogzeilen und Handlungselemente ist. Dont trust them! Can you read me?

32.05 Michelle: “I’ll check the flight pass, just in case…” – Tony: “Just in case what? I just checked it.” – Michelle: “There’ve been other mistakes today, Tony.” – Tony: “Mistakes…”

Aus Unsicherheit, dass es schon wieder ein Kommunikationsproblem gegeben haben könnte, checkt man die Flugroute lieber nochmal. Was in Wirklichkeit fast nie - jedenfalls nicht öffentlich - passiert (das 'Checken' von abstrakten Zusammenhängen, die diese Inszenierung betreffen, hier metaphorisiert im flightplan), wird von den Figuren mit enervierender Eilfertigkeit und albernem Ernst wieder und wieder als Notwendigkeit vorgespielt. "Mistakes" gibt es dagegen mehr als täglich in der diskursiven Resonanz auf ein solches Serienprodukt... (Hohn-Faktor)

42.20 Jack zu Ramon: “This deal can still happen. We can get the virus.”

Überkreuzung von kommerziellem Handel (bzw. Verweis aufs Filmgeschäft) und Virus-Komplex - wirtschaftliche Realität und metaphorische Bezeichnung ein- und derselben Sache, d. h. letztendlich eine Tautologie mit makaber-ironischem Einschlag.

 

Folge 10  (R: Brad Turner, B: Joel Surnow / Michael Loceff)

5.20 Tony Almeida (Carlos Bernard) kommt zu Kim und erzählt, sie hätten ihren Vater Jack gefunden. Kim: „What about Chase?“ – Tony: „He’s been captured.” – Kim: “Captured – is he okay?” – Tony: “He’s alive. They’re holding him.” – Kim: “What do you mean by 'holding him'?” – Tony: “My guess is: They’re interrogating him… Once we get the virus, we’re going for Chase.” – Kim: “Thank you for not keeping this from me.”

Kim ist besorgt um ihren Lebensgefährten Chase. Dass er "gefangen" worden ist, heißt im Original "captured". Für die Filmschaffenden ist dieser Terminus stark mit der eingehenden Betrachtung filmischer Bilder verbunden: "screen capture" ist eine der Bezeichnungen für Standbilder, die - mittlerweile bequem per Mausklick in Programmen für den Massenmarkt - den flüchtigen Moment des bewegten Bildes dokumentieren. U. a. ist dies relevant für physiognomische Vergleiche von Filmfiguren. Dass hier in der Wortwahl und folgenden inhaltlichen Aussagen der Zusammenhang mit Gefangenschaft entsteht, ist wie erwähnt kein Einzelfall in dieser Serie. Kim ist von der Dialogregie zum Lamm-Komplex verurteilt. Sie ist sich erst nicht sicher, was "captured" wohl bedeutet ("okay" oder nicht "okay"?), dann weiß sie nicht, was Tony mit "holding him" meint. Damit existiert auch ein Kommunikationsproblem, das zu zähen Nachfragen führt. Wer nicht fragt, bleibt dumm - doch hier ist der Dialoginhalt dumm, während die Figuren vermuten, dass eine andere Figur anderswo befragt wird ("They're interrogating him"). Dies geschieht mit den Ausführenden der Serie in der Realität wohl nur selten - was ihre Kommunikationsproblem mit dem Publikum nur bestärkt. Dass Kim als Stellvertreter des Letzteren sich auch noch bedankt ("for not keeping this from me"), ist der Hohn-Faktor der Szene.

27.40 Ryan zu Chloe O'Brian (Mary Lynn Rajskub) im Büro: "Make sure everyone knows this is subordinate to obtaining the virus." - Chloe: "Yeah, it's in the brief." […] - Ryan: "A lot of people want answers, Ma'am."

Als wäre die Serie nicht gespickt mit indirekter Kommunikation, verläuft auf der ersten Bedeutungsebene die Verständigung hier angeblich reibungslos, sollen die Menschen "Antworten" erhalten (ironische Negierung des Kommunikationsproblems mit Hohn-Faktor). Derselben ironischen Tendenz folgt Chloes Versicherung, alles werde "in the brief" gehen - was man von den durch Pathos, Hektik und Gefahr kaschierten zeitschindenden Redundanzen der Serie nicht behaupten kann (ebf. Hohn-Faktor). . 

29.40 Ramón zu Jack: “I told you – I’m not letting you out of my sight.”

Hier wird der Drogenboss allegorisch zum Zuschauer, der die Hauptfigur nicht aus den Augen lässt (Hohn-Faktor).

36.16 Jack zu Nina: “I need to talk to you alone.” – Nina: “That’s not gonna happen.”

Im Onkel-Komplex wird hier darauf angespielt, dass die weibliche Figur der Nina zwar die erotische Fantasie des auf Frauen orientierten Publikums ankurbeln soll. Doch wirklich einmal allein mit ihr - und nicht allein vor dem Schirm mit ihrem Bild -, das wird nicht passieren (Hohn-Faktor).

 

Folge 11  (R: Jon Cassar, B: Joel Surnow / Michael Loceff)

8.10 Nina: „I wanted to think you’re changed, but… I can feel it. You’re lying. You haven’t forgotten anything, have you? You despise me.”

Bramarbasierende Betonung, dass hier niemand zu trauen ist - erst recht nicht den realen Personen hinter der filmischen Inszenierung (Kommunikationsproblem). Dass die versteckten Bedeutungen nur mit Blick auf filmhistorische Traditionen zu kategorisieren sind, erfordert eine strukturelle Arbeit am Erinnerungsvermögen. Da sorgt die Öffentlichkeit, in der eine Serie wie "24" vermarktet wird, gezielt für das Vergessen und den Willen, das nächste gleichgestrickte Produkt zu kaufen. Und in dem fragt dann eine Figur: "You haven't forgotten anything, have you?" (Hohn-Faktor)

29.20 Michael Amador (Greg Ellis) auf Spanisch: “I have the virus. The exchange will happen in an hour.”

Verknüpfung des Virus mit einem Tauschvorgang als Grundlage kapitalistischen Wirtschaftens, also auch der Filmwirtschaft. Darüber hinaus ist der Tausch eine Basis jeder Art von Symbolik (siehe dazu einen Text zu Billy Wilder auf dieser Website).

32.45 Sherry: “It’s something that Alan wants to keep buried, but, David, I’m gonna tell you everything but not just now. I’ve got a lot to get done in a very short period of time, if I’m gonna pull this off for you.”

Das Kommunikationsproblem taucht erneut als bewusste Verheimlichung auf ("something that Alan wants to keep buried"). Die Verkündung der 'Wahrheit' wird großspurig angekündigt ("I'm gonna tell you everything"), doch für die Gegenwart muss man sich weiterhin mit der Unwissenheit bescheiden ("not just now"), was allein für die Jahre des Redundanz-Deliriums "24" schon ein Euphemismus ist (Hohn-Faktor 1). Dann ist die Filmfigur sehr beschäftigt - im Gegensatz zu Zuschauern, die 'nichts Besseres zu tun haben', als dieser vorgespielten Geschäftigkeit zu folgen, und das insgesamt 24 Stunden lang und nicht nur für "a very short period of time" (Zeit-Faktor; Hohn-Faktor 2).

 

Folge 12  (R: John Cassar, B: Evan Katz / Stephen Kronish)

5.30 Sherry: “I told you – it’s better you don’t know the details right now.”

Kommunikationsproblem mit Hohn-Faktor - besser soll das Nicht-Wissen sein, und wenn es Einsicht geben sollte, dann erst später.

 

Folge 13  (R: Bryan Spicer, B: Evan Katz / Stephen Kronish)

19.14 Nina: “The man’s name is Marcus Frederick Alvers. He’s an amateur biologist and wanna-be terrorist.”

Der Biotechniker Marcus (Lothaire Bluteau), der für das Virus verantwortlich sein soll, ist ein "amateur" - ein Unprofessioneller, ebenso, wie die Serie ihre Rezipienten fortgesetzt als unwissende Opfer von Missverständnissen hinstellt. Der Terrorismus-Komplex wird dabei mit dem Virus-Komplex quasi synonym überkreuzt ("biologist"/"terrorist").

21.00 Michelle: “Adam, what’s going on – my system’s locked.”

Diesmal leidet Michelle am Lamm-Komplex - was ist nur los? Der Mann muss gefragt werden.

21.20 Nina hat Jack eine Nummer wählen lassen, die einen Computervirus auf das interne Computersystem geschleust hat. S: „Don’t need to dial it again, Jack. Once was enough.” – B: “What are you talking about?” – S: “It just triggered a worm that’s gonna bring down agency connectivity.” B: „[…] What have you done?“ – S: “Until I say otherwise your entire anti-terrorist computer network is jammed.” Schnitt. Im Büro, Tony: “Listen up. We’ve got some kind of self-propagating code leaking in the system. Shut down your sockets, save everything you can. We’re gonna find who this thing came from.”

Zunächst die Parodie auf die charakteristische Redundanz ("Once was enough", Hohn-Faktor 1). Dann ein technisches Kommunikationsproblem ("bring down agency connectivity"), das mit dem Virus-Komplex 1 kombiniert ist. Das virale Prinzip der Ausbreitung und Selbstreproduktion wird auf der technischen Ebene betont ("self-propagating code", Virus-Komplex 2). Dann wird einmal Klarheit versprochen, was auf der Handlungsebene sein könnte, aber in der Realität wohl bisher selten eingelöst wurde ("find who this thing came from", Hohn-Faktor 2).

26 Julia Milliken (Gina Torres) zu Sherry: “I don’t need a drive-through shrink.”

In "24" fehlen - wie in den meisten US-Serien - nicht die rasanten Autofahrten, bei denen überdimensionierte Karossen durch das Kader fahren. Julia behauptet jedoch, sie brauche niemand, der 'durchfahre' - womit auf die "drive-through"-Restaurants von Fast-Food-Ketten angespielt ist ("fast food" im Gegensatz zu 24 Stunden Krimi-Erzählung). Der 'Durchfahrende' wäre ein "shrink", ein Psychiater - der wäre allerdings in der sprachlichen Sackgasse von "24" des öfteren erwünscht, auch wenn Julia ja gerade behauptet, sie brauche ihn nicht (Hohn-Faktor).

 

Folge 14  (R: Bryan Spicer, B: Howard Gordon / Evan Katz)

20.10 Jack: “Kim, I’m just confused as you are.”

Lamm-Komplex, nun ausgesprochen vom Vater des Lamms.

21.40 Jackie (Marci Michelle): “We just wanna establish that this heroin addiction was a necessary part of your cover.”

Hier bestätigt sich die Parallele Heroin/Heros (s. o.): Die Abhängigkeit "was a necessary part of your cover". Die "Tarnung" oder "Deckgeschichte" bezeichnet die Täuschung gegenüber dem Milieu, in dem Jack sich bewegt (kalkuliertes Kommunikationsproblem). Das schon in der Umgangssprache 'süchtig machende' Prinzip von TV-Serien wird auf die aggressive Konkretion einer unfreiwillig süchtigen Hauptfigur gebracht (Hohn-Faktor).

23 Tony zu Nina beim Verhör: “You murdered Jack’s wife, you helped terrorists to smuggle a nuclear bomb into this country. You’re helping to unleash a deadly virus into the general population. How may I understand this? What do you want? What is it you get out of being a mass murderer?”

Nina vereinigt gleich mehrere Brachial-Metaphern und Thriller-Macguffins in einer Person (Mörderin, Terroristin, Atom-Schmugglerin, Verbreiterin eines Virus). Die rhetorische Frage Tonys ("How may...?") weist auf ein Kommunikationsproblem hin, das Tony damit vorgeblich aber nicht hat (Hohn-Faktor 1). Der Aspekt der Massenhaftigkeit erinnert an das große Publikum, an das sich die Serie selbst wendet. Ruhm, Geld, sozialer Status - "What is it you get out of being a mass murderer?" (Hohn-Faktor 2)

28.30 David: “Do we or do we not have a threat of this virus being released?”

Lamm-Komplex (Unsicherheit) nun beim Präsidentschaftsanwärter. Er verwendet das - im Folgenden mehrfach wiederkehrende - Verb "to release" für den Ausbruch der Epidemie. Es wird auch für die Veröffentlichung von Filmen und anderen Waren der Kommunikationsbranche verwendet und bringt einmal mehr Virus und Film in einen Zusammenhang.

 

Folge 17  (R: Ian Toynton, B: Robert Cochran / Stephen Kronish)

10.50 Bildsuche im Archiv nach ehemaligen Mitarbeitern von Jack, Aktenvermerk “presumed dead”; Jack zu Tony über den Erpresser, den er von einer Mission während des Kriegs im Kosovo kennt: “I was the only one to get out. Five others died including Saunders. At least, that’s what I thought. I was obviously wrong.”

Jacks Äußerung betont eine Ambivalenz von lebendig/tot. Der vermeintlich Tote ist lebendig - eine ironische rhetorische Umkehrung der Tatsache, dass die bewegten Bilder nicht lebendig sind.

21.40 Tony: “Anyone infected. It’s a 100% mortality rate.”

Überkreuzung von Virus-Komplex und Todesmetaphorik. Ironische Betonung der 100%igen Rate, die für das Totsein von Bildern nicht in Frage steht.

25.50 Diana White (Gabrielle Fitzpatrick): “When the work turned ugly, he left me hanging.” – Jack: “What kind of work?” – Diana: “It's a figure of speech." - Jack: "We know you acquired intelligence for Stephen Saunders through your girls." - Diana: "I provided a service for wealthy men. How long do you think this would have lasted if I'd betrayed their confidences?"

Onkel-Komplex nun in Gestalt einer weiblichen Kupplerin ("service for wealthy men"). Ironie gegenüber einem Publikum, das auf preiswerte Weise mit Erotika versorgt wird, während Diana von einem teuren Hostessen-Dienst spricht (Hohn-Faktor 1). Jack und Tony haben die Frau nur leicht bekleidet angetroffen und aufgrund ihrer Gegenwehr überwältigen müssen. Nun muss Jack sie beim Ankleiden beobachten - womit er den Zuschauerblick auf den weiblichen Körper personifiziert und dabei seine gewohnte stoische Mine beibehält. Während sie ihren Brustkorb unter einer Trainingsjacke hervorwölbt, spricht sie vom "figure speech"). Einmal mehr ist von Personen die Rede, denen man nicht lange etwas vormachen könne ("How long do you think...?"), was umgekehrt das Kommunikationsproblem von Film und Publikum mit Hohn-Faktor 2 versieht.

 

Folge 18  (R: Ian Toynton, B:  Howard Gordon / Evan Katz)

7 Tony am Telefon: “I should be there with you.” – Michelle: “You are.” – Tony: “No, it’s not the same.” – Michelle: “The best thing you can for me right now is make sure those capsules get here.”

Es geht um Suizidkapseln für Infizierte in einem Hotel, wo sich das Virus auf begrenztem Terrain schnell ausgebreitet hat. Die unrettbar Todeskranken sollen ihr Leiden mit den Kapseln verkürzen dürfen. Ironischer Onkel-Komplex: Wie Tony ist der Zuschauer nur technisch-medial (Telefon/TV) mit Michelle verbunden. Die zur Einfühlung animierende Klage des Liebenden ("it's not the same") betont metaphorisch nur das, was von vornherein klar, unvermeidlich und unaufhebbar ist - die Distanz von Zuschauer und Bild (Hohn-Faktor 1). Michelle lenkt dann - betont pragmatisch in der Krisensituation - auf die notwendige Lieferung von Chemikalien zur Selbsttötung für Virus-Infizierte. Dies ist nach dem Heroin bei Jack die zweite toxikologische Anspielung (Zuschauer als 'Virus-Infizierte' brauchen Gift zur Linderung) und die vermeintlich sachdienliche Ablenkung von dem Problem der nur medial vermittelten Beziehung, das im realen Verhältnis von Zuschauern und Bildern nicht gelöst werden kann, wie es in der fiktiven Welt für die Beziehung von Tony und Michelle gilt (Hohn-Faktor 2).

14.10 Michelle zu Infizierten: “What I’m about to tell you – it may be difficult to hear – that it’s important that you have all the information so you can each make your own decisions.”

Ein Konzentrat von Hohn-Faktor: Das Kommunikationsproblem Film/Zuschauer wird den Infizierten zugesprochen ("difficult to understand"); dadurch wird die metaphorische Verbindung von Zuschauern und Seuchenopfern verstärkt. Dann erfolgt die Behauptung, Opfer (Zuschauer) sollten "alle Informationen" haben, um selbstständig entscheiden zu können.

34.10 Ermittler brechen in eine Wohnung ein, in der sich der Erpresser wider Erwarten nicht befindet. Chase über ein Gerät, das telefonische Anrufe umleitet: “It’s a switching node.”

Metapher auf die metaphorische Konstruktion mehrfacher Bedeutungen, die per switching umgeschaltet werden können.

 

Folge 19  (R: John Cassar, B: Michael Loceff)

6 Jack zu Tony am Telefon: „Do we have any idea why Saunders wanted Chapelle dead yet?”

Lamm-Komplex bei der Hauptfigur Jack ("any idea"?). Euphemismus - Chappelle als Filmfigur ist immer tot, doch die Frage setzt erst bei der Tatsache an und stellt von dort aus die Aufgabe, das Motiv des Erpressers Stephen Saunders (Paul Blackthorne) erst herauszufinden. Saunders als kriminelles mastermind der Handlung steht auch stellvertretend für die zwielichtige ästhetische Organisation der Serie "24". Dass er als solcher Chapelle tot sehen wollte, steht damit von vornherein außer Frage - wenn er ihn überhaupt als Filmfigur sehen wollte (Hohn-Faktor).

9.40 Jack zu David über Saunders: “He still has the virus. If you don’t meet his demands, Sir, I believe that he will continue to release it.”

Erneute Verwendung von "to release" für die Ausbreitung der Seuche (s. o.). Ironisch daran ist, dass dem Verbreiter der Seuche Serie niemand Forderungen erfüllen muss, nachdem die Serie veröffentlicht und bei Empfängern angekommen ist - was hier als unerfüllte Forderung von Saunders dargestellt wird, ist in der Konsumentscheidung von Zuschauern längst geschehen. Dass die Serienproduzenten "fortfahren" werden, weitere Folgen und Staffeln zu veröffentlichen, ist hingegegen ihr erklärtes Ziel oder - beim Sehen älterer Folgen - historische Tatsache. Damit ist das laut Rhetorik scheinbar Vermeidbare längst unvermeidbar geworden (Hohn-Faktor).

11.30 Tony zu Kim über ihre Ähnlichkeit zur Tochter von Saunders: "Now, we don't have much time. We're still in the early stages of planning this mission…"

Unter Betonung von Zeitknappheit (Zeit-Faktor; Hohn-Faktor) wird Ähnlichkeit zweier Figuren betont, die 1) ein hanebüchener Zufall (Töchter der beiden Antagonisten) und 2) eine Konkretisierung einer Vielzahl nicht exemplifizierter Doppelgänger-Motive der Serie ist. Der noch nicht weit fortgeschrittene Status in der "Planung" lässt sich als Ironie gegenüber einer Zuschauerhaltung sehen, die die über den realistischen Gehalt der Serie nicht hinausgeht und in der Interpretation 'am Anfang' steht.

14.20 Craig Philips (Doug Savant): “Mrs. Call, you got to stay calm because I can’t let you leave.”

Mit einer Infizierten wird umgegangen wie mit TV-Zuschauern, die "ruhig" vor dem Bildschirm sitzen bleiben und den Raum nicht verlassen sollen.

17 Jack: “Kim, you don’t know what you’re talking about!”

(Lamm-Faktor)

22.30 Tony: „Kim was the only match that we had available…“

Ironischer Onkel-Komplex: Unter Verwendung des Wortes "match" (für "Treffer", was auch ideale Liebespartner meinen kann) wird der doppelgängerische Charakter von Kim beschrieben. Dadurch entsteht 1) eine Ambivalenz ihrer erotischen Präsenz (Hohn-Faktor 1 gegenüber Bewunderern der Filmfigur: "the only match [...] available") und 2) eine Ironie gegenüber der Tatsache, dass die Zahl von Bewerberinnen für derartige Rollen in Primetime-Serienerfolgen so groß ist, dass die Konstruktion von Doppelgängerbeziehungen ein Leichtes ist (Hohn-Faktor 2).

 

Folge 20  (R: John Cassar, B: Virgil Williams)

4.50 Jack: “Everyone here is a federal agent who’s job it is to protect the lives of american citizens. Jane, I know how hard it must be for you to believe everything everbody’s been telling you about your father.”

Hohn-Faktor gegenüber der Tatsache, dass eine wesentliche Konstruktionsbasis von Plot und Dialogen im Spott auf das Publikum besteht, während hier vom Schutz amerikanischer Bürger die Rede ist. Dann Hinweis auf ein Kommunikationsproblem, in dem etwas, das schwer zu glauben ist, als wahr bezeichnet wird - eine antithetische Verkehrung zu etwas, was plausibel und beschreibbar, aber unausgesprochen ist wie der allgegenwärtige Hohn-Faktor.

16.20 Mitarbeiter von Saunders: “Someone is monitoring the call!”

Ironische Umkehrung eines Kommunikationsproblem: Auf technischer Ebene wird ein Anruf überwacht und die Überwachung bemerkt, während derartige Aufmerksamkeiten für Inhalte der Serie im Kommunikationsprozess der Filmwahrnehmung fragwürdig erscheint (Hohn-Faktor).

23 David zu Journalisten: “Now, the best way for our citizens to ensure their own safety is to stay home. If you’re at work, go home. That’s the message I hope the media can convey. […] The president has to be in control. And so do you. If you wanna help the public and do your jobs best, sit quietly and listen to what I have to say. Biological agents do their worst damage where large groups of people congregate. The best defense that we have right now, is to encourage everyone to go home and stay home and await further instructions.”

Erneut Übertragung der immobilen Zuschauerposition auf Filmfiguren, hier die noch nicht betroffenen Bürger, die über Massenmedien zu diesem Verhalten aufgefordert werden sollen. "[F]urther instructions" wären dann wohl weitere Serienfolgen - und die sind nahezu garantiert.

26.50 Jane Saunders (Alexandra Lydon) zu Kim: “I still can’t believe this – that my father is a terrorist.”

Terrorismus-Komplex ín Tateinheit mit Lamm-Komplex: Die terroristische Funktion einer Serie wie "24", die mit ihren Gewaltfantasien und Untergangsszenarien Millionen vor Bildschirmen ausharren lässt, wird den 'bösen' Figuren innerhalb der Handlung zugewiesen, gegen die eine andere Figur kämpft. Die Tochter des wahnsinnigen Gangsters will dies nicht glauben - dass ihr Vater ein Terrorist ist, ebenso wie das Publikum, dass es nicht nur eine Geschichte vom Terror hört, sondern dadurch terrorisiert wird und indirekt von diesem Sachverhalt durch dieselbe Serie erfährt (Hohn-Faktor).

29 David: “Keep me posted.”

Eine der vielen Floskeln, die die Wichtigkeit von Information betont und damit das existierende Kommunikationsproblem rhetorisch in seine Gegenteil verkehrt (Hohn-Faktor).

 

Folge 21  (R: Frederick K. Keller, B: Joel Surnow / Michael Loceff)

25 Chloe am Telefon: “Whoever this is, I’ve got a really bad connection and a lot of stuff to do right now.”

Kommunikationsproblem auf technischer Ebene; ironischer Hinweis auf den Zeit-Faktor.

 

Folge 22  (R: Frederick K. Keller, B: Robert Cochran / Howard Gordon)

5.25 Saunders: “They wanted to use you to manipulate me.” – Jane: “Despite everything that has happened, I love you, and I’m asking you, please – don’t let this happen. This doesn’t make any sense.” – S: “Doesn’t make any sense to you because you haven’t seen what I’ve seen. You don’t understand.” – J: “I know you think what happened to you was a government’s fault, and maybe it is, but the people who are going to die are innocent.” – S: “I know this tragedy, but it has to happen for things to change, and they must change.”

Euphemismus des manipulativen Charakters der gesamten Serie (Angstökonomie durch inhaltlichen Schrecken und nervöse filmische Inszenierung; Täuschungsstrategie bei gleichzeitiger Ironie gegenüber dieser; Rechtfertigung von Selbstjustiz in einzelnen Szenen) als Vorwurf des 'bösen' Charakters gegen seine polizeilichen Verfolger, die prinzipiell für das 'Gute' stehen. Saunders beruft sich dann auf seine Kriegserlebnisse im Kosovo und schiebt Motive zur Weltverbesserung vor. Hier ergibt sich der Anlass, in seiner Selbstrechtfertigung eine Begründung des kriegerischen Charakters der Serie gegenüber ihren Konsumenten zu sehen: Die in der Filmgeschichte nicht seltene Arroganz gegenüber dem Publikum ("a government's fault") derart kulminieren zu lassen, dass sie zum Gegenstand öffentlicher Debatte wird ("tragedy, but it has to happen"). Hohn-Faktor 1 gegenüber 'liebenden' Fans, deren Haltung zu den Filmfiguren hier karikiert wird: "Despite everything that has happened, I love you [...]." Hohn-Faktor 2: Karikatur der offensichtlichen Unwissenheit von 'Fans' über weitergehende Implikationen der Inszenierung, etwa die zynischen und spöttischen Gehalte einer Serie wie dieser gegenüber ihren Konsumenten: "Doesn't make any sense to you because you haven't seen what I've seen. You don't understand."

 

Folge 24  (R: John Cassar, B: Joel Surnow / Michael Loceff)

26.10 Jack: “The virus is in our possession, but the dispersal device has been activated, I don’t see a timer and I got no idea how long we’ve got.”

Beim Showdown mit einem selbstauslösenden Virus-Paket erkennt Jack, dass dessen Inbesitznahme noch nicht das Problem löst. Eine Ironie dabei ist, dass es im Klartext der Metapher gerade um die massenhafte Verbreitung der Serienfolgen auf medientechnischem Wege geht ("the dispersal device"), während hier die Ausbreitung des Virus Lebensgefahr bedeutet. Prekär ist dabei der Zeit-Faktor, dessen Unwägbarkeit betont wird - was wiederum eine eminente Ironie gegenüber dem fixen Zeitrahmen der Serie bedeutet, der in Einblendungen immer wieder mit den Ziffern einer Digitaluhr illustriert wird ("I don't see a timer").

 

 

Ein Netzwerk

Aufschlussreich ist eine Einstellung, in der bei der Befreiung des Drogenbosses Ramón Salazar auf einem Bildschirm eine schematische Wiedergabe des Grundrisses des Gefängnisblocks zu sehen ist. Rechteckige Felder, die die Zellen markieren, leuchten mehrmals in zunehmender Zahl auf, während durch eine zentrale Steuerung die Türen geöffnet werden. Jack Bauer bewerkstelligt dies, um Verwirrung im Gefängnis zu stiften und Ramón in die Freiheit zu bringen, der ihm den Weg zum Virus weisen soll. Hier das Bild:

24
24 - Season 3 (Folge 4)
USA 2003. R: Ian Toynton

20th Centruy Fox
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Diese Abbildung eines Gefängnisses kann - wie zuvor schon erwähnt - u. a. als Sinnbild gesehen werden für einen seriellen Aspekt des Castings von Filmproduktionen, der in der Ähnlichkeit von Darstellern untereinander oder zu anderen prominenten Gesichtern besteht. Für die 3. Staffel von "24" lässt sich dieses Experiment mit Darstellern machen, die als Abbildung auf diversen Websites zu finden sind. (Die folgenden Abbildungen werden also von externen Sites aufgerufen, die die Rechte dieser Fotos innehaben oder weitergehende Informationen dazu enthalten. Die Adresse kann über das Bild [Ziel: Datei auf dem Heimatserver] und den beigefügten Link "Quelle" [URL der Heimatseite] angesteuert werden. Falls eine der Dateien von mir unbemerkt aus dem Netz genommen werden sollte und hier eine Fehlermeldung angezeigt wird, wäre ein Hinweisnett. Es geht hier um das Prinzip der Ähnlichkeit und nicht um ein bestimmtes Foto; dazu ist die Verwendung einer Abbildung im Sinne eines Bildzitats zu wissenschaftlichen Zwecken zur Veranschaulichung jedoch zwingend erforderlich - nur so kann sich jeder selbst ein Urteil über die Plausibilität der Vergleichung im Zusammenhang der vorliegenden Argumentation bilden. Das Internet in seiner Gesamtheit als eine Öffentlichkeit, in der diese Bilder frei verfügbar und z. B. über Suchmaschinen zu finden sind, wird dabei als zitierfähiges Werk angesehen. Falls Rechteinhaber die Regelungen des deutschen Urheberrechts zum bildlichen Großzitat nicht akzeptieren, wird um Rückmeldung an dh@filmdenken.de gebeten. DarstellerInnen der Serie "24" werden mit ihren realen Namen und dem Rollennamen in Klammern angegeben, andere nur mit ihrem bürgerlichen Namen.)



KS
Kiefer Sutherland
(Jack Bauer)

Quelle

DS
Donald Sutherland

Quelle

 

PB
Paul Blackthorne
(Stephen Saunders)

Quelle

BZ
Billy Zane

Quelle

VL
Vincent Laresca
(Hector Salazar)

Quelle

DH
Dennis Haysbert
(David Palmer)

Quelle

DW
Denzel Washington

Quelle

 

EC
Elisha Cuthbert
(Kimberly Bauer)

Quelle

SJ
Scarlett Johansson

Quelle

 

JBD
James Badge Dale
(Chase Edmunds)

Quelle

TR
Tim Roth

Quelle

 

RS
Riley Smith
(Kyle Singer)

Quelle

LDC
Leonardo di Caprio

Quelle

 

CB
Carlos Bernard
(Tony Almeida)

Quelle

AB
Antonio Banderas

Quelle

CG
Carlos Gómez
(Luis Annicon)

Quelle

SC
Sarah Clarke
(Nina Myers)

Quelle

MJ
Michael Jackson

Quelle

 

JdA
Joaquim de Almeida
(Ramon Salazar)

Quelle

FW
Fred Ward

Quelle

 

PS
Paul Schulze
(Ryan Chappelle)

Quelle

AvM
Prinz Albert von Monaco

Quelle

 

AB
Agnes Bruckner
(Linda)

Quelle

VF
Vanessa Ferlito
(Claudia Salazar)

Quelle

AJ
Angelina Jolie

Quelle

RA
Reiko Aylesworth
(Michelle Dessler-Almeida)

Quelle

CZJ
Catherine Zeta-Jones

Quelle

 

GT
Gina Torres
(Julia Milliken)

Quelle

DBW
D. B. Woodside
(Wayne Palmer)

Quelle

SC
Scatman Crothers

Quelle

PJJ
Penny Johnson Jerald
(Sherry Palmer)

Quelle

ZQ
Zachary Quinto
(Adam Kaufman)

Quelle

 

MLR
Mary Lynn Rajskub
(Chloe O'Brian)

Quelle

WC
Wendy Crewson
(Dr. Anne Packard)

Quelle

 
WS
Jimmy Smits

Quelle

JB
Jesse Borrego
(Gael Ortega)

Quelle

WS
Will Sampson

Quelle

DS
Doug Savant
(Craig Philips)

Quelle

SW
Sönke Wortmann

Quelle

 

JDA
Joe D'Angerio
(Osterlind)

Quelle

RS
Rod Serling

Quelle

 

 


Wie erwähnt wird die Doppelgänger-Ästhetik in der Serie im Fall von Kim Bauer zum Thema der Handlung: Sie schlüpft in die Rolle von Jane Saunders. Während einer gemeinsamen Autofahrt werden die beiden Schauspielerinnen besonders deutlich gegenübergestellt. Die Haarfarbe wird zum Distinktionsmerkmal, während die Schauspielerinnen Elisha Cuthbert und Alexandra Lydon zum Verwechseln ähnlich sind.

2424
24 - Season 3 (Folge 20)
USA 2003. R: John Cassar

20th Centruy Fox
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So wird das Prinzip des Doubles zum in-joke der TV-Unterhaltung. Der gesamte Cast spannt durch interne und externe Verweise ein Geflecht von Ähnlichkeiten auf, das keine rein formale Spielerei ist, sondern selbst wiederum Bedeutung generiert: David will wieder ins Weiße Haus in Washington, sein Darsteller Haysbert sieht Denzel Washington ähnlich; der angry young man Kyle wird Rollenfach-Ikone Leonardo di Caprio bis in die Frisur angeglichen; Paul Schulze ähnelt Albert von Monaco, und der Darsteller von Alan Milliken heißt Albert Hall; Gina Torres und D. B. Woodside sind sich ähnlich und in der Serie ein Paar; Osterling, der Gehilfe von Super-Gangster Saunders, gleicht Rod Serling, dem Erfinder der legendären Serie "The Twilight Zone" (USA 1959ff.), einem Prototypen für jeden TV-Serienerfolg. Gangster-Darsteller Jesse Borego ähnelt Jimmy Smits, einem notorischen Darsteller in US-Serien (107 Einsätze in "L.A. Law", USA 1986-90), sowie Will Sampson, einem Akteur in einem der berühmtesten Dramen in einer Nervenheilanstalt, "One Flew Over the Cuckoo's Nest" (USA 1975, R: Milos Forman). Es gäbe noch zahlreiche andere Beispiele und Interpretationen mit steigendem Abstrusitätsgrad.

So changiert - nicht nur - in dieser Serie die Rolle der SchauspielerInnen permanent mit ihrem Image und ihrem physiognomischen Verweisraum. Wenn es in Ryans Worten etwa heißt "Salazars terrorist connections are a serious threat to this country", kehrt sich im Kontext der zuletzt erwähnten Verweisstrukturen eine dramatische inhaltliche Bedeutung zu einer selbstreferenziell-ironischen um, die erst auf der zweiten Stufe wieder ernsthafte Relevanz erlangt: Zunächst sind die "connections" zwischen Konstruktionselementen der Serie - also auch der Figuren und ihres Aussehens - das konstituierende Moment überhaupt und keinesfalls "a serious threat" - es sei denn, ein ernsthafter thread im Sinne der Fäden, die hier gezogen werden. Dann aber stellt sich die Frage, wie eine solche filmische Erzählform und gestaltung historisch einmal gesehen werden wird. "[A] serious threat to this country" ist diese Ästhetik - in dieser Serie und anderswo, wo solche Produktionsstandards herrschen - darin, dass die realistische Bedeutung und Wirkung der Handlung davon unterminiert wird. Und die Frage ist, wie Konsumenten auf diese Logik der inneren Widersprüche und der spöttischen Angriffe auf ihren Anspruch des Genießens in den folgenden Jahrzehnten reagieren werden.

"24" als Erzählung zu sehen, die mit den Möglichkeiten solch monumentaler Bedrohungen spielt, erscheint bei der Artifizialität solcher Konstruktionen emotional nicht mehr so leicht möglich. Diese Ambivalenz der Bedeutungen und Emotionen, die eine solche Serie generiert, bedeutet eine tiefe Kluft zwischen Zeichen und Wirklichkeit, von realistischer Anmutung und metaphorischem Gehalt. Die psychologischen Fragen, die sich daraus ergeben, führen in psychopathologische Gebiete, die hier nicht ausführlich das Thema sein können. Dass Julia behauptet, keinen "drive-through shrink" zu brauchen, ist ein Gag, der erst auf dieser Ebene der Reflexion ansetzt: "24" spielt nicht nur mit den paranoiischen Ängsten der westlichen Industriegesellschaften, die amerikanische Massenmedien so sehr schüren wie kein anderer. Die Serie ist selbst ein erzählerisches Produkt, in dem Strukturmerkmale von Neurose, Psychose und Schizophrenie auf sprachlicher und filmgestalterischer Ebene zur Anwendung kommen.

Wenn Jack Kim beruhigt, auch er sei "confused", ist dies ein abgründiger Euphemismus dafür, dass eine TV-Kultur, für die Produktionen wie "24" typisch sind, Ordnungssysteme so fernab von durchschnittlichen Zuschauererwartungen und –gewohnheiten verwendet, dass sich die Zeichen in einer kontinuierlichen inneren Drift befinden, in der Bedeutung behauptet und gleichzeitig konterkariert wird. Confused ist das Produkt mit Absicht und erkennbarer Struktur, die nicht willkürlich ist, sondern Logiken gedanklicher Assoziation und wahnhafter Denkweisen impliziert; confused sind seine Zuschauer, wenn sie von der Frage, welche Bedeutungen es außer der enervierenden Namenswiederholung der Hauptfigur "Jack Bauer" und seinem autoritären, gepresst geraunten Gehabe ("I want you to land the plane right now") zu gewärtigen gibt, von zur Serie berichtenden Presseorganen fast durchweg systematisch ferngehalten werden, auch wenn sie sie konsultieren.

All diese Aspekte türmt "24" zu einer bedrohlich taumelnden Ansammlung von Synomen, Tautologien und Paradoxen auf, in denen alles auf einer anderen Ebene sein Gegenteil bedeuten kann und charakteristische Elemente immer wieder für dasselbe stehen können: Drogen, Atombomben, Viren; Polizisten, Terroristen, Filmemacher. Dass Polizist und Viren-Terrorist vormals Polizeikollegen waren und ihre Töchter sich zufällig äußerlich gleichen, ist hiervon nur eine vereinzelte und betont 'unverdächtige', weil überbetonte Wendung ins handlungsmäßig Konkrete. In ihrem Insistieren auf einer angeblich realitätsbezogenen Fabel - die vorhandene Ängste gegenüber terroristischen Bedrohungen diffus bestärkt, ohne ihre realen Ursachen zu thematisieren - wird diese Inszenierung so verlogen. Verächtlich wird sie dadurch, dass die Aufmerksamkeitsspannen von Zuschauern in Dramaturgie und Kameraführung so geschickt manipuliert, dass die Leeren und Redundanzen des Plots und der Dialoge systematisch verdrängt werden, dafür jedoch als metaphorische Ironie gegenüber Inhalt und zeitlicher Strukturierung alle paar Sekunden wiederkehren - "[...] I’m gonna tell you everything but not just now."



Onkel-Komplex, zum Letzten

Schließlich soll noch auf eine Folge von Einstellungen hingewiesen sein, in der das abusive Verhältnis der Inszenierung gegenüber den zur Schau gestellten weiblichen Körpern selbst zum Thema gemacht wird. Es ist jene Szene, in der Kim und Jane sich in ein Auto begeben. Einige Schaulustige werden von einem Polizisten auf Distanz gehalten - im Gegensatz zu den den Stars der Serie in der Auswahl ihrer Körper, der 'coolen' oder edlen Bekleidung wirken diese Menschen betont wie 'Normalos', die etwas scheel und unentschieden, aber neugierig lauern. Wie Prominente, die schnell in ein Fahrzeug flüchten und den Schaulustigen entkommen, wirken die Figuren Kim und Jane. Erstere wird dann von der Kamera gezeigt, wie sie durch das heruntergekurbelte Fenster der Autotür irritiert bis misstrauisch die Fremden ansieht und dann die Scheibe hochfahren lässt, sodass ihr Gesicht von dem spiegelnden Glas fast ganz verdeckt wird:

2424

2424
24 - Season 3 (Folge 20)
USA 2003. R: John Cassar

20th Centruy Fox
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Dies ist zunächst ein Beispiel dafür, wie in selbstreferenzieller Weise eine Figur als Personifikation des prominenten Filmdarstellers innerhalb der Handlung angedeutet inszeniert wird: Beobachtetsein, Abstand halten von der Menge, Abschottung in der teuren Karosserie eines Automobils und hinter dem Glas einer Scheibe, Flucht vor der realen Begegnung. Darin ist impliziert, dass ihre Figur in der öffentlichen und privaten Wahrnehmung des Filmprodukts zum erotischen Fantasma wird. Die zuvor zitierten Gags, die in "24" mit dem Wort "match" (Treffer/Liebespartner) im Bezug auf Kim vorkommen, finden sich historisch schon wesentlich früher, etwa in einem Film wie "White Zombie" (USA 1932, R: Victor Halperin), wo es um die Auseinandersetzung zweier Männer um eine Frau geht, die der eine heiratet und der andere für sich als ideal ansieht. Der komische sidekick des Personals, ein ortsansässiger Arzt, fragt immer wieder, so auch in der letzten Einstellung des Films, nach einem "match" für seine Tabakspfeife.

Der Umgang mit sog. 'attraktiven Frauen' in filmischer Inszenierung wird seit den kritischen Bewegungen der 1960er Jahre und der Etablierung feministischer Diskurse als männlich geprägte Ausbeutung von Weiblichkeit interpretiert. In einer Produktion wie "24" wird dies mit einem halb hohnlachenden, halb resignativen Schulterzucken akzeptiert und in ironische Wendungen transformiert. Die präsupponierte Einsamkeit (männlicher) Zuschauer vor Bildschirmen und das an den zahlreichen lasziven, in Zeitschriften und Internet verbreiteten Fotografien (fast) aller Darstellerinnen einer solchen Serie erkennbare erotische Interesse am Bild weiblicher Körper wird seitens der Drehbuchautoren in hämische Metaphern gekleidet. So wird Kim in der Entscheidung für sie als Lockvogel zum "only match that we had available." Manche Privatleute nähern sich bekanntlich den Menschenbildern soweit an, dass sie sich verlieben, entsprechende Briefe schreiben oder zum 'Stalker' werden. In "24" werden solche Begehrlichkeiten gleichzeitig befördert und vom Dialog abgeschmettert, wenn Jack mit der verdächtigen Nina unbedingt 'allein sprechen' will: "That’s not gonna happen."

Die gezeigte Szene etabliert einen ebensolchen Wahrheitsdiskurs: Die Konsumenten, das sind die von Ferne Starrenden, die eigentlich nichts von den internen Ereignissen, die die Handlung konstituieren, erfahren, sondern nur die verhuschte Figur einer sorgfältigst gefönten jungen Frau sehen, die sich vor ihren Betrachtern hinter eine Glasscheibe zurückzieht, die aus demselben Material wie der TV-Bildschirm ist, der später dieses Bild wiedergeben wird.

Wenn Kiefer Sutherland in der letzten Szene entkräftet zu weinen beginnt und mit seiner Hand gegen eine ebensolche Scheibe seiner Autotür hämmert - realistisch: um seiner Wut über die hinter ihm liegenden Anstrengungen und erzwungenen Gewalttaten Ausdruck zu geben -, dann wirkt dies wie der erste authentische Moment in dieser Serie - der nichtsdestotrotz einer ironischen Seitenlinie der Inszenierung folgt. Nicht umsonst erhält Jack sofort wieder einen Anruf, der ihn in seine polizeiliche Tätigkeit zurückbeordert. So steht dieser Moment symbolisch für ein Einhalten, zu dem es in der Programmgestaltung von TV-Sendern betont nicht kommt - in der hektischen Aufeinanderfolge einzelner Programmpunkte ebensowenig wie in dem permanenten Nachschub neuer Produktionen, z. B. neuer Folgen oder Staffeln von "24". Der Zuschauer wird hier nicht als Gourmet modelliert, der einer Köstlichkeit seine Zeit widmet, sondern als ein zahlender Angestellter des TV-Senders, der on duty bleiben soll.


Daniel Hermsdorf

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Episoden-Guides, Inhaltsangaben und Schmähreden zur Serie:

http://de.wikipedia.org/wiki/24_(fernsehserie)
www.sf-radio.net/24/episodenguide
www.fernsehserien.de/index.php?serie=4692
http://why24sucks.blogspot.com
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